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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Brinckmann, Albert E.: Das Grabmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0086

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Das Grabmal.

PROFESSOR KRANZ SEECK-BERLIN.

»TERRASSE MIT MONUMENT WALDEINSAMKEIT«

auf, sondern ist ihm eingeboren, wie die Farbe
dem Kristall. Und diese Farbe wechselt. In
den Pyramiden die unverrückbare Macht eines
gottähnlichen Königtums, in griechischen Grab-
malen das leise Weh vom Abschiednehmen und
Versinken in die Unterwelt, in den römischen
Bauten der Triumph der Stärke, in den goti-
schen Wandgräbern verschwebende Mystik. In
der Renaissance der Stolz, Mensch gewesen zu
sein, im Barock die Ekstase zum Göttlichen
hin auf dem Fundament gewaltiger, pomp-
hafter Irdischkeit.

Die Seele des heutigen Grabmals? Gebun-
den in Monumentalität und Feierlichkeit so
reich und beweglich (oft auch so trivial und
schematisch) wie die Seele des heutigen Men-
schen. Diese Beweglichkeit, die zu scheinbarer
Stillosigkeit führte, durchläuft alle früheren
Formen, hat aber schließlich dem Grabmal noch
eine besondere Seele geschenkt, die gegen Aus-
gang des 18. Jahrhunderts langsam zu keimen
begann. Das Grabmal war früher fast aus-
schließlich in Verbindung mit der Baukunst ge-
dacht, mochte es im Inneren oder an den Außen-
mauern einer Kirche stehen, mochte es wie das

Hadriansgrab in Rom ein ganzes Stadtquartier
auf sich einstellen. Selbst die Gräberstraßen
der Antike, an denen sich Grab an Grab reihte,
stellen in ihrer Gesamtwirkung eine Baugruppe
dar, die Mitwirkung der Natur war mehr eine
zufällige. Und sprach sie stärker mit, wie man
es sich bei der von van Gogh so oft gemalten
christlichen Gräberstraße bei Arles denken
könnte, so dürfte sie zum architektonisch-rhyth-
mischen Kunstwerk umgeformt gewesen sein.

Die Natur wird seit dem Ausgang des 18.
Jahrhunderts mit anderen Augen gesehen. Sie
ist die große Befreierin, Reinigerin von allen
Schemen der Form, die wie ein Panzer sich um
das Dasein des Menschen gelegt hatten. Und
ein befriedender Gedanke ist es, zu wissen,
daß in ihren reinen Schoß das abgeschlossene
Menschendasein zurückkehrt: an den Ufern
des Wannsees bei Berlin liegt unter Bäumen
das Grabmal Kleists. Von einer romantisch-
sentimentalischen Stimmung ist wohl auch dieser
Gedanke in das Spielerische übertragen. Die
historisch sehr lehrreiche Schilderung, die uns
Schiller vom Park in Hohenheim im Württem-
bergischen gibt, vermerkt dort das fingierte
 
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