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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Utitz, Emil: Kunstgewerbliche Graphik, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0394

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Kunstgewerbliche Graphik.

Max Slevogt, oder die Porträts von Emil Orlik,
sowie seine Radierungen nach malerischen
Meisterwerken. Aber das sind einzelne Schwal-
ben, die noch keineswegs den Sommer aus-
machen. Sie können als Vorbilder dienen für
die kunstgewerbliche Graphik, die ich meine.
Jeder hat seine Lieblinge in der Malerei; und
es wäre doch sehr wünschenswert, statt mecha-
nischer Reproduktionen gute Originalgraphik zu
haben, die gleichsam schon Deutung ist durch
die Art der Umsetzung, durch die Form der
Akzentuierung. Gerade das, was wir an den
Meisterwerken lieben, käme hier verstärkt zur
Geltung. Es wären keine Vorlagen für Kunst-
historiker, sondern Blätter für Kunstliebhaber,
die schon die gleiche Liebe gezeugt hat. Auch
in der Erfüllung dieser Aufgabe kann keine Ent-
würdigung der graphischen Kunst liegen. Und
der schlichte Künstler, der trefflich diese Pro-
bleme lösen würde, könnte für Kunstfreude und
Kunsterziehung mehr bedeuten als so mancher
seiner stolzeren Genossen. Das gleiche gilt von
den Illustrationen, die viel zu sehr auf den engen
Kreis der bibliophilen Drucke sich beschränken.
Die Illustration ist eine wahrhaft volkstümliche
Kunst. Und die guten alten Beispiele, der
Schulzusammenhang Menzel-Slevogt sollten

kräftige Anregung bieten zu echten Volks-
büchern mit reichen Illustrationen. Was wäre
es für eine lohnende Aufgabe, unsere ganzen
Klassiker — im weitesten Sinn des Wortes —
neu und trefflich illustriert herauszugeben. Die
Illustrationen würden erst vielen zeigen, wie
sie jene Werke zu lesen haben, ihnen die Augen
öffnen. Und mancher Staub würde damit hin-
weggefegt, der heute noch auf den Klassikern
ruht, sie zwar ehrwürdig macht, aber doch zu-
gleich distanziert. Auch da regen sich anfan-
gende Kräfte! Aber wo es sich um „Kunstge-
werbe" handelt, kann systematisch organisiert
werden. Sind die Aufträge da, werden sich auch
die Jungen finden und in dieserRichtung schulen.
Es muß nur die Scheu gebrochen werden und
das Vorurteil, Volkstümlichkeit sei an sich tri-
vial oder kitschig. Will man sich zum Bewußt-
sein führen, bis zu welcher Höhe die so beschei-
dene kunstgewerbliche Graphik sich erheben
kann, dann denke man nur an die vierhundert
Menzel-Illustrationen zur Geschichte Friedrichs
des Großen. Da mündet das Handwerk in
zeitlose Kunst. Und so eng wir unsere Kreise
auch ziehen, es winken und grüßen unendliche
Ziele! Mit diesem Ausblick wollen wir diesen
kurzen Essay beschließen. ...... emil utitz.

entwurf c1priani. graviert von bartolozzi. >benefizkarte«
 
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