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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Michel, Wilhelm: Das plastische Werk von Edgar Degas
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0108

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EDGAR DEGAS besitz: täte gallerje, London »BADENDE«

erschöpflichen Phantasie des Ausdrucks, oder
vielmehr Beobachtung und Phantasie durch-
dringen sich in vollendeter Innigkeit.

Wenn hier die Figuren von Degas als male-
rische Plastik bezeichnet worden sind, so hängt
dies keineswegs ausschließlich mit dem oft genre-
haften, oft erzählerischen oder lyrischen Cha-
rakter seiner Motive zusammen. Als malerische
Plastik erweist sich das skulpturale Schaffen
Degas' vornehmlich dadurch, daß es auf einer
glänzenden Kenntnis und Führung des Lichtes
beruht. Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem
objektiven, bildhauerischen Bauen, sondern auf
der Augensuggestion, auf der Sichtbarmachung
durch Lichtabstufungen. Er geht nicht deshalb
in die Raumtiefe, in die dritte Dimension, um

einen auf das Tastgefühl bezogenen, plastischen
Sachverhalt hinzustellen, sondern um Schatten
und Lichter für den Ausdruck einer malerischen
Vision zu gewinnen; einer malerischen Vision,
die sich nicht mit einer einzigen Schauseite be-
gnügen, sondern das ganze runde Objekt er-
fassen will, viele Schauseiten auf einmal, das
Totale der einen, herrlichen Bewegung.
Nochmals: Es ist nicht der Körper, nicht das
Gefüge aneinanderstoßender und aufeinander
gebauter Massen, was ihn interessiert; nicht
die Architektur und nicht die Musik in dieser
Architektur; sondern es ist die malerisch-zeich-
nerisch gesehene Bewegung. Degas' Gemälde
haben keinerlei Zug zur Plastik; sie sind die
reinblütigste, ungemischteste und instinkt-
 
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