WIENER WERKSTATTE
»AUSSTELLUNGS-RAUM «
KÜNSTLER IM KUNSTHANDWERK UND IN DER INDUSTRIE
DIE AUSSTELLUNG IM WIENER KUNSTGEWERBEMUSEUM
Die Idee zu dieser Ausstellung, die von Ja-
nuar bis Ende Februar 1927 im Österrei-
chischen Museum für Kunst und Industrie statt-
fand, stammte vom damaligen Leiter des Insti-
tuts, Hofrat Dr. Hermann v. Trenkwald, der
sich in einem für die Ausstellungsbesucher be-
stimmten gedruckten „Merkblatt" über den
Sinn und Zweck dieser in ihrer Art unge-
wöhnlichen Veranstaltung in nachfolgender
Weise äußerte: „Es ist nicht leicht, sich sofort
auf eine allgemeine kunstgewerbliche Schau
einzustellen, welche nicht fertige Gegenstände
zeigt, sondern Vorstufen der Entstehung sol-
cher Objekte: Entwürfe, Skizzen, Werkzeich-
nungen und Modelle von Künstlern, die im
heutigen österreichischen Kunstgewerbe schöp-
ferisch tätig sind. Man ist nicht gewohnt, solche
„erste Ideen" oder die Zwischenstufen einer
kunstgewerblichen Arbeit besonders zu beach-
ten. Ausstellungen, Werkstätten, Ateliers haben
uns seit Jahren nur fertige Dinge vorgeführt
und unser Urteil sowie unser Verständnis be-
treffen einzig das ausgeführte Objekt. Ganz
selten gibt es noch eine Bestellerkunst, ist ein
Objekt das Resultat persönlicher Auseinander-
setzung zwischen Künstler und Auftraggeber.
Was aber die gegenwärtige Ausstellung —
sie umfaßt Entwürfe für Interieurs, Einzelmöbel,
Textilien, Gobelins, Stickereien, Modeartikel,
Goldschmiede- und andere Metallarbeiten,
Gläser, Keramiken, Tapeten, Plakate, Theater-
dekorationen usw. — zunächst veranlaßt hat,
sind Gründe wirtschaftlicher Natur. Durch
die Ungunst der Zeitverhältnisse ist die Aus-
führung wertvoller kunstgewerblicher Erzeug-
nisse ungemein erschwert. Ein Arbeiten auf
Lager erscheint schon wegen der hohen Ge-
stehungskosten kaum mehr möglich. So ruhen
häufig die besten Entwürfe in den Mappen der
Künstler und Schränken der Firmen. Die Aus-
stellung bringt nun solche Entwürfe vor die
breite Öffentlichkeit. Sie soll dadurch zu Be-
stellungen Anreiz geben und ihrerseits dazu
beitragen, daß der Not der Künstler abgeholfen
werde. Sie soll aber auch das Verständnis für
die Einflußnahme schöpferischer Kräfte auf
XXX. Juli 1927. 1
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KÜNSTLER IM KUNSTHANDWERK UND IN DER INDUSTRIE
DIE AUSSTELLUNG IM WIENER KUNSTGEWERBEMUSEUM
Die Idee zu dieser Ausstellung, die von Ja-
nuar bis Ende Februar 1927 im Österrei-
chischen Museum für Kunst und Industrie statt-
fand, stammte vom damaligen Leiter des Insti-
tuts, Hofrat Dr. Hermann v. Trenkwald, der
sich in einem für die Ausstellungsbesucher be-
stimmten gedruckten „Merkblatt" über den
Sinn und Zweck dieser in ihrer Art unge-
wöhnlichen Veranstaltung in nachfolgender
Weise äußerte: „Es ist nicht leicht, sich sofort
auf eine allgemeine kunstgewerbliche Schau
einzustellen, welche nicht fertige Gegenstände
zeigt, sondern Vorstufen der Entstehung sol-
cher Objekte: Entwürfe, Skizzen, Werkzeich-
nungen und Modelle von Künstlern, die im
heutigen österreichischen Kunstgewerbe schöp-
ferisch tätig sind. Man ist nicht gewohnt, solche
„erste Ideen" oder die Zwischenstufen einer
kunstgewerblichen Arbeit besonders zu beach-
ten. Ausstellungen, Werkstätten, Ateliers haben
uns seit Jahren nur fertige Dinge vorgeführt
und unser Urteil sowie unser Verständnis be-
treffen einzig das ausgeführte Objekt. Ganz
selten gibt es noch eine Bestellerkunst, ist ein
Objekt das Resultat persönlicher Auseinander-
setzung zwischen Künstler und Auftraggeber.
Was aber die gegenwärtige Ausstellung —
sie umfaßt Entwürfe für Interieurs, Einzelmöbel,
Textilien, Gobelins, Stickereien, Modeartikel,
Goldschmiede- und andere Metallarbeiten,
Gläser, Keramiken, Tapeten, Plakate, Theater-
dekorationen usw. — zunächst veranlaßt hat,
sind Gründe wirtschaftlicher Natur. Durch
die Ungunst der Zeitverhältnisse ist die Aus-
führung wertvoller kunstgewerblicher Erzeug-
nisse ungemein erschwert. Ein Arbeiten auf
Lager erscheint schon wegen der hohen Ge-
stehungskosten kaum mehr möglich. So ruhen
häufig die besten Entwürfe in den Mappen der
Künstler und Schränken der Firmen. Die Aus-
stellung bringt nun solche Entwürfe vor die
breite Öffentlichkeit. Sie soll dadurch zu Be-
stellungen Anreiz geben und ihrerseits dazu
beitragen, daß der Not der Künstler abgeholfen
werde. Sie soll aber auch das Verständnis für
die Einflußnahme schöpferischer Kräfte auf
XXX. Juli 1927. 1