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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 70.1932

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Cremers, Paul Joseph: Der Maler Theo Hölscher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7201#0087

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theo hölscher-hamm »ziegelei im winter« 1932

DER MALER THEO HÖLSCHER

Theo Hölscher ist 1895 in Münster i. W. ge-
boren und wohnt heute in Hamm. Er hat
Paris erlebt, Frankreich, Holland durchreist, in
Kassel „Akademie" studiert und ist dann in
die Provinz zurückgekehrt. Was mehr ist: er
hat den Krieg bis Ende durchstritten, und noch
ein anderes: er hat ein Genie im Geist durch-
litten: Vincent van Gogh. Und ist heimgekehrt
in die Provinz, wohin er wesenhaft gehört.

Zum zweitenmal steht dies Wort hier: Pro-
vinz. Kunst und Stil Theo Hölschers zwingen,
davon zu sprechen. Hier ist einer von den
vielen Fällen, in denen das Wesen der Provinz
Gestalt gewinnt. Was bedeutete denn auch
malerische Kultur einer Zeit, wenn ihr Da-
sein nicht die Atome der Peripherie ebenso
glühend durchformte wie die des Kerns. Hier
beginnt die Sendung der Provinz, die immer
erst bestätigt, was jede urbane Behauptung
unter Beweis stellen will. Und was alles be-
hauptet wurde! Hölscher hat, wie man von
ihm schrieb, mit Impressionismus begonnen, hat
sehr bald den ausdrucksvollen Stil eines roman-
tisch bewegten Expressionismus gemalt und
über raumbegrenzende Flächenzeichnung hin-

aus dann die Welt der Sachlichkeit in einer
schuppig schimmernden Farbe auf Holztafeln
konterfeit. Richtig. Man kann es auch anders
sehen. Von Anbeginn bis heute war diese
Malerei ein verhaltenes Bekenntnis zum Ethos
der Begrenzung, zum epischen Idyll, zum
selbstdurchlebten Raum. Je „sachlicher" diese
Malerei angeblich wurde, um so persönlicher,
lyrischer und gemüthafter wurde sie. Je male-
rischer und farbiger sie auftrat, um so mehr
ging das subjektive Sehen eine Vereinigung
mit dem Wesen des Objektes ein.

Diese seltsam paradoxe Wechselwirkung ist
typisch für jenen Kunstgeist, der das Kleine
um des Großen willen sucht. Vincent war das
letzte Genie dieses Typus: ein Garten von zehn
Quadratmetern hätte als Objekt genügt, ihn
unsterblich zu machen. Adalbert Stifter war
der Epiker dieser Art „Provinz". Es gibt ein
Ölbild von ihm, dem malenden Dichter, das
einen Blick aus seiner Wiener Wohnung auf
die Landstraße zeigt. Es könnte von Hölscher
sein. Was kann man besseres sagen über einen
Maler, der die Heimat, die Provinz malt und
dabei die Welt im Sinne hat. . . Dr. p. j. cremers.
 
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