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o. schl1essler
schwetzingen
»mädchen-
bild n is«
DER BILDHAUER OTTO SCHLIESSLER
Schließler ist ein Mann auf der Höhe der
Jahre: er ist im siebenundvierzigsten Jahre.
Der Umfang seines Werkes und die Reife seiner
neueren Arbeiten stehn mit dieser Tatsache in
Übereinstimmung; aber es bleibt verwunder-
lich, daß der Ruf dieses guten Namens den
engeren südwestdeutschen Arbeitsbereich nicht
breiter überschritten hat. Freilich mag dies
auch daran liegen, daß Schließler, um nichts
bemüht als um die Gediegenheit seiner Kunst,
sich selbst bewußt in die provinziale Abge-
schiedenheit seines Schwetzingen gestellt hat —
wo es am Ende auch geschehen mag, daß die
Arbeit von lockernden, lösenden und fördern-
den Einwirkungen der weiteren Welt etwas zu
sehr abgeschnitten wird. Denn wenn die Welt
schaden kann: sie kann auch immer noch hel-
fen. So würde man dem Bildhauer wünschen,
er möge dem Strom des Guten, das es in der
weiten Welt noch immer gibt, auch wieder ein-
mal ausgesetzt werden: ein Gewissen von dem
Verantwortungsgefühl des seinigen würde die
Grenzen legitimer Einflüsse sicherlich zu
ziehen verstehen.
Schließler wurde in der Zeit von 1905 bis
1912 an der Karlsruher Akademie durch Her-
mann Volz gebildet, und man wird die Lehre
angesichts des sicheren Handwerks des Lehr-
meisters, des einzigen, den Schließler gehabt
hat, nicht außer Ansatz lassen müssen. Seinen
weiteren Weg betreute der junge Künstler
allein; seit dem Ende des Krieges saß Schließ-
ler in Schwetzingen — zu Recht in seiner Ein-
samkeit mitunter ausgezeichnet durch Aner-
kenntnisse wie den Ernst-Ludwigspreis der
,,Rheinlande" (1922) oder die goldne Medaille
der deutschen Kunstausstellung in Düsseldorf
(1929). Arbeiten des Künstlers gelangten in
die öffentlichen Sammlungen zu Karlsruhe,
Mannheim, Nürnberg, Wiesbaden, Worms,
Das Kennzeichen der Plastik Schließlers, die
sich dem Bildnis und der Figur zuwendet, ist
die Vereinigung des Verlangens nach einfacher
Form mit der bewußten Verpflichtung auf un-
bedingte gegenständliche Treue. So liegt die
Achse der Kunst wohl zwischen den rechten
Polen. Nur daß die bildnerische Lust an der
schöpferischen Einfachheit der unmittelbaren
Lebendigkeit und Vielfalt der Erscheinung
nicht Eintrag tun darf — was man diesem
Künstler aber kaum wird sagen müssen, da er
es selbst empfindet. . . . Wilhelm hausenstein.
o. schl1essler
schwetzingen
»mädchen-
bild n is«
DER BILDHAUER OTTO SCHLIESSLER
Schließler ist ein Mann auf der Höhe der
Jahre: er ist im siebenundvierzigsten Jahre.
Der Umfang seines Werkes und die Reife seiner
neueren Arbeiten stehn mit dieser Tatsache in
Übereinstimmung; aber es bleibt verwunder-
lich, daß der Ruf dieses guten Namens den
engeren südwestdeutschen Arbeitsbereich nicht
breiter überschritten hat. Freilich mag dies
auch daran liegen, daß Schließler, um nichts
bemüht als um die Gediegenheit seiner Kunst,
sich selbst bewußt in die provinziale Abge-
schiedenheit seines Schwetzingen gestellt hat —
wo es am Ende auch geschehen mag, daß die
Arbeit von lockernden, lösenden und fördern-
den Einwirkungen der weiteren Welt etwas zu
sehr abgeschnitten wird. Denn wenn die Welt
schaden kann: sie kann auch immer noch hel-
fen. So würde man dem Bildhauer wünschen,
er möge dem Strom des Guten, das es in der
weiten Welt noch immer gibt, auch wieder ein-
mal ausgesetzt werden: ein Gewissen von dem
Verantwortungsgefühl des seinigen würde die
Grenzen legitimer Einflüsse sicherlich zu
ziehen verstehen.
Schließler wurde in der Zeit von 1905 bis
1912 an der Karlsruher Akademie durch Her-
mann Volz gebildet, und man wird die Lehre
angesichts des sicheren Handwerks des Lehr-
meisters, des einzigen, den Schließler gehabt
hat, nicht außer Ansatz lassen müssen. Seinen
weiteren Weg betreute der junge Künstler
allein; seit dem Ende des Krieges saß Schließ-
ler in Schwetzingen — zu Recht in seiner Ein-
samkeit mitunter ausgezeichnet durch Aner-
kenntnisse wie den Ernst-Ludwigspreis der
,,Rheinlande" (1922) oder die goldne Medaille
der deutschen Kunstausstellung in Düsseldorf
(1929). Arbeiten des Künstlers gelangten in
die öffentlichen Sammlungen zu Karlsruhe,
Mannheim, Nürnberg, Wiesbaden, Worms,
Das Kennzeichen der Plastik Schließlers, die
sich dem Bildnis und der Figur zuwendet, ist
die Vereinigung des Verlangens nach einfacher
Form mit der bewußten Verpflichtung auf un-
bedingte gegenständliche Treue. So liegt die
Achse der Kunst wohl zwischen den rechten
Polen. Nur daß die bildnerische Lust an der
schöpferischen Einfachheit der unmittelbaren
Lebendigkeit und Vielfalt der Erscheinung
nicht Eintrag tun darf — was man diesem
Künstler aber kaum wird sagen müssen, da er
es selbst empfindet. . . . Wilhelm hausenstein.