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PROFESSOR OSWALD HAERDTL-WIEN. »SILBERNES TEESERVICE« AUSFÜHR: ). & C. KLINKOSCH - \VI II
KÜNSTLERTRÄUME
Traum und Erken-
nen sind Wesensträger
des künstlerischen
Schaffens. Es ist wichtig,
das dialektische Ver-
hältnis dieser beiden
Faktoren zu beachten.
Wir bezeichnen das
künstlerische Gestalten
gern als „Schöpfen".
Gewöhnlich wird dies
„Schöpferische" als ein
höchst positives Han-
deln begriffen, ja als das
Produktive schlechthin.
Dabei wird das aktive
Moment leicht überbe-
tont. Ein passives ist
mitenthalten, ein „Hin-
nehmen". Der andere
Wortsinn von „schöp-
fen" deutet dies an:
man schöpft aus einer
Quelle, man nimmt —
das Handeln tritt zu-
rück. Hinnehmen und
handeln, träumen und
erkennen — das sind
die Weisen des künst-
lerischen Schaffens. Sie
lösen einander ab, sie
PROF. OSWALD HAERDTL-WIEN »SHAKER«
ergänzen einander, ihr
Wechsel treibt die Blüte
zur Frucht. In diesem
Wechsel aber mag für
den ernsten Künstler das
tiefste Problem seines
Schaffens liegen: wann
hat er unbewußt zu emp-
fangen, wann bewußt zu
gestalten. Mit dem Mär-
chen, als ob Kunst nur
unbewußtes Schaffen
dulde, braucht doch
wohl nicht erst aufge-
räumt zu werden. Kunst
wird erst im Durch-
gang durch die Bewußt-
heit. In diesem Durch-
gang darf sie sich aber
nicht ans Nur-Bewußte
verlieren, sie muß immer
wieder niedertauchen in
den Quell der Unbe-
wußtheit, des Traums,
der Intuition. Die Form
verleibt sich dem dun-
kelnDrang erst in diesem
rhythmischen Wechsel-
spiele ein, in ihm ruht
das Geheimnis des
Schaffens,sein Fluch und
seine Beglückung. o.S.
PROFESSOR OSWALD HAERDTL-WIEN. »SILBERNES TEESERVICE« AUSFÜHR: ). & C. KLINKOSCH - \VI II
KÜNSTLERTRÄUME
Traum und Erken-
nen sind Wesensträger
des künstlerischen
Schaffens. Es ist wichtig,
das dialektische Ver-
hältnis dieser beiden
Faktoren zu beachten.
Wir bezeichnen das
künstlerische Gestalten
gern als „Schöpfen".
Gewöhnlich wird dies
„Schöpferische" als ein
höchst positives Han-
deln begriffen, ja als das
Produktive schlechthin.
Dabei wird das aktive
Moment leicht überbe-
tont. Ein passives ist
mitenthalten, ein „Hin-
nehmen". Der andere
Wortsinn von „schöp-
fen" deutet dies an:
man schöpft aus einer
Quelle, man nimmt —
das Handeln tritt zu-
rück. Hinnehmen und
handeln, träumen und
erkennen — das sind
die Weisen des künst-
lerischen Schaffens. Sie
lösen einander ab, sie
PROF. OSWALD HAERDTL-WIEN »SHAKER«
ergänzen einander, ihr
Wechsel treibt die Blüte
zur Frucht. In diesem
Wechsel aber mag für
den ernsten Künstler das
tiefste Problem seines
Schaffens liegen: wann
hat er unbewußt zu emp-
fangen, wann bewußt zu
gestalten. Mit dem Mär-
chen, als ob Kunst nur
unbewußtes Schaffen
dulde, braucht doch
wohl nicht erst aufge-
räumt zu werden. Kunst
wird erst im Durch-
gang durch die Bewußt-
heit. In diesem Durch-
gang darf sie sich aber
nicht ans Nur-Bewußte
verlieren, sie muß immer
wieder niedertauchen in
den Quell der Unbe-
wußtheit, des Traums,
der Intuition. Die Form
verleibt sich dem dun-
kelnDrang erst in diesem
rhythmischen Wechsel-
spiele ein, in ihm ruht
das Geheimnis des
Schaffens,sein Fluch und
seine Beglückung. o.S.