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Um seine gesellschaftliche Verbundenheit mit
dem Ganzen — um jene Staatsbürgerlichkeit,
die bei den Griechen und Römern eine klas-
sische Gestalt besaß. Um die Dichternatur des
Menschen. Es geht um sein Verhältnis zu einer
im geistigen, moralischen, gottesgläubigen Sinne
verstandenen Kultur. Und in diesem Sinne geht
es allerdings auch um die Kunst. Sie wird genau
so gefährdet sein, wie der Mensch in seiner
echten, das heißt: geistigen Natur und in der
Erfüllung seiner metaphysischen Bestimmung
heute gefährdet ist.
Darum wird es die Kunst oder zum mindesten
die leidenschaftlichen Bemühungen der auf
heroische Verteidigerposten gestellten Künstler
und Kunstliebenden um die Kunst freilich auch
so lange geben, als es den Menschen noch
geben wird. Wie alles ganz und gar Mensch-
liche wird gerade die Kunst, in der Seele emp-
fangen, dem Schöpfer dienend, im Geist ge-
klärt, mit den Augen geschaut, mit den Händen
gemeistert, den schlicht bewaffneten Händen,
in denen wie von altersher nur Pinsel, Griffel,
Hammer, Schlegel liegen, vom Menschen nie-
mals zu trennen sein; sie stirbt, wo der Mensch
stirbt — aber nicht, wo etwa ein der Kunst
feindliches technologisches Stichwort auf billige
Weise eingeschoben wird, um die Kunst für die
Zukunft grundsätzlich zu dementieren.
Die Nöte der Kunst und einer ihr entfrem-
deten Menschheit sind hier einbekannt worden.
Um so entschlossener muß man aussprechen:
die Kunst ist so wenig tot, wie der — zwar ge-
fährdete — Mensch tot ist; sie wird eines Tages
in dem Maß erneuert sein, in dem der Mensch
auf sein eigenstes Wesen zurückkommt, wie
also die Hörigkeit gegenüber einem technischen
und materiellen Lebensbegriff aufhört; sie wird
sich in einer kommenden Zeit mit dem allge-
meinen Leben wieder so zusammenschließen,
wie sie es vermögen wird, mit der Allgemein-
heit über das Recht des Gegenstandes im Bilde
und über die im Gegenstand auf natürliche, ver-
hältnismäßige Weise gebundene Form im Ein-
verständnis zu stehen — was sie ja in fast allen
Zeiten bis etwa an den Beginn des Weltkriegs,
bis etwa an das Jahr 1900 herab, getan hat.
Oder um es noch deutlicher zu sagen: die Kunst
wird so lange dauern, so lange wird um sie ge-
kämpft werden, so lange wird ihr Name und
die unablässig-inbrünstige Mühe um sie nicht
zu Ende sein, als noch der Name Gottes in der
Welt ist — Gottes, dem die schöpferischen
Künstler, gleichsam als seine ernsthaft spielen-
den Lieblingskinder, nacheifern.
Es sind noch viele wahre Künstler in der
Welt! Rotten wir in uns und den anderen nicht
frivol den Glauben an sie aus! Auf ihnen be-
ruht — auch wenn sie ihrem Ziel mit schwachen
Kräften entgegengehen — ein großer Teil des
im höchsten und demütigsten Sinne Mensch-
lichen: jenes Menschentums, das nobel genug
ist, ein sogenanntes „Überflüssiges" zu tun
(nämlich die im groben Zwecksinn nicht nötige
Kunst), und eben damit dem über die Maßen
verschwenderischen Himmel am Herzen liegt.
HEINRICH ENGEL-HANN OVER »LEDERKASSETTE MIT HANDVERGOLDUNG«
Um seine gesellschaftliche Verbundenheit mit
dem Ganzen — um jene Staatsbürgerlichkeit,
die bei den Griechen und Römern eine klas-
sische Gestalt besaß. Um die Dichternatur des
Menschen. Es geht um sein Verhältnis zu einer
im geistigen, moralischen, gottesgläubigen Sinne
verstandenen Kultur. Und in diesem Sinne geht
es allerdings auch um die Kunst. Sie wird genau
so gefährdet sein, wie der Mensch in seiner
echten, das heißt: geistigen Natur und in der
Erfüllung seiner metaphysischen Bestimmung
heute gefährdet ist.
Darum wird es die Kunst oder zum mindesten
die leidenschaftlichen Bemühungen der auf
heroische Verteidigerposten gestellten Künstler
und Kunstliebenden um die Kunst freilich auch
so lange geben, als es den Menschen noch
geben wird. Wie alles ganz und gar Mensch-
liche wird gerade die Kunst, in der Seele emp-
fangen, dem Schöpfer dienend, im Geist ge-
klärt, mit den Augen geschaut, mit den Händen
gemeistert, den schlicht bewaffneten Händen,
in denen wie von altersher nur Pinsel, Griffel,
Hammer, Schlegel liegen, vom Menschen nie-
mals zu trennen sein; sie stirbt, wo der Mensch
stirbt — aber nicht, wo etwa ein der Kunst
feindliches technologisches Stichwort auf billige
Weise eingeschoben wird, um die Kunst für die
Zukunft grundsätzlich zu dementieren.
Die Nöte der Kunst und einer ihr entfrem-
deten Menschheit sind hier einbekannt worden.
Um so entschlossener muß man aussprechen:
die Kunst ist so wenig tot, wie der — zwar ge-
fährdete — Mensch tot ist; sie wird eines Tages
in dem Maß erneuert sein, in dem der Mensch
auf sein eigenstes Wesen zurückkommt, wie
also die Hörigkeit gegenüber einem technischen
und materiellen Lebensbegriff aufhört; sie wird
sich in einer kommenden Zeit mit dem allge-
meinen Leben wieder so zusammenschließen,
wie sie es vermögen wird, mit der Allgemein-
heit über das Recht des Gegenstandes im Bilde
und über die im Gegenstand auf natürliche, ver-
hältnismäßige Weise gebundene Form im Ein-
verständnis zu stehen — was sie ja in fast allen
Zeiten bis etwa an den Beginn des Weltkriegs,
bis etwa an das Jahr 1900 herab, getan hat.
Oder um es noch deutlicher zu sagen: die Kunst
wird so lange dauern, so lange wird um sie ge-
kämpft werden, so lange wird ihr Name und
die unablässig-inbrünstige Mühe um sie nicht
zu Ende sein, als noch der Name Gottes in der
Welt ist — Gottes, dem die schöpferischen
Künstler, gleichsam als seine ernsthaft spielen-
den Lieblingskinder, nacheifern.
Es sind noch viele wahre Künstler in der
Welt! Rotten wir in uns und den anderen nicht
frivol den Glauben an sie aus! Auf ihnen be-
ruht — auch wenn sie ihrem Ziel mit schwachen
Kräften entgegengehen — ein großer Teil des
im höchsten und demütigsten Sinne Mensch-
lichen: jenes Menschentums, das nobel genug
ist, ein sogenanntes „Überflüssiges" zu tun
(nämlich die im groben Zwecksinn nicht nötige
Kunst), und eben damit dem über die Maßen
verschwenderischen Himmel am Herzen liegt.
HEINRICH ENGEL-HANN OVER »LEDERKASSETTE MIT HANDVERGOLDUNG«