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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0062
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42

ν. Dobschütz, Christusbilder.

Entstehung in dieser Weise erzählte — wie lange schon, wer
will das sagen!

Wir erfahren aber aus unserem Bericht noch, dass von den
zwei so wunderbar entstandenen Christusbildern, dem in der
Quelle gefundenen, und dessen wunderbarem Abdruck in Hypatias
Gewände, das eine in Kamuliana blieb, das andere nach Kaisa-
reia kam. Hierbei ist ohne Zweifel an die benachbarte, durch
die grossen Theologen berühmte Hauptstadt Kappadokiens zu-
denken. ')

Dazu erwähnt der Bericht aber noch ein drittes Bild.
Dieses ist sogar der eigentliche Gegenstand seines Interesses:
von ihm muss er ausgegangen sein, zu ihm kehrt er am Schlüsse
wieder zurück, nachdem er in der obigen Episode die Erklärung
für dasselbe gegeben hat. Auch dieses Bild gilt ihm nämlich
als ■— offenbar wunderbar entstandene — Kopie des Originales
von Kamuliana. Eine Christin aus dem pontischen Orte Dio-
bulion (?) in der Diözese Amaseia erlangte es durch ihren
frommen Eifer und baute ihm zu Ehren eine Kirche. Im Jahre
554 wurde Diobulion von streifenden Barbaren überfallen2) und
samt jener Kirche eingeäschert. Das Christusbild überdauerte,
wie solche Wunderbilder immer,3) die allgemeine Verwüstung.
Zum Neubau seiner Kirche erbaten die Bewohner die Unter-
stützung des Kaisers, der auch eine Summe beisteuerte;4) im
übrigen aber kam ein findiger Hofbeamter auf den Einfall, zur
Entlastung der kaiserlichen Schatulle das heilige Bild für sich
selbst koilektieren zu lassen: in feierlicher Prozession durch-
wanderte es so in den Jahren 554—560 die ganze Gegend, was
dem frommen Berichterstatter als Vorzeichen der nahen Parusie
Christi erscheint.

1) So urteilte schon richtig Nöldeke bei Lipsius, Jahrb. für prot. Theol.
VII, 1881, S. 191; - Lipsius, Abgarsage S. 67 Α. 1 und Nestle, GGA. 1880,
II, 1527 denken mit Unrecht an Caesarea Philippi = Paneas.

2) Solche Razzias sind in damaliger Zeit sehr häufig. Speziell diesen
in unserer Quelle nicht näher charakterisierten Barbareneinfall aus anderen
Quellen zu belegen, ist mir nicht gelungen.

3) Man erinnere sich des oben Kap. I, S. 17fg. ausgeführten.

4 Dass die kaiserliche Kasse derartige Neubauten, auch in den Pro-
vinzen, bestritt, geschah häufig. Vgl. beispielsweise für Justinians Zeit Prokop,
de aedif. I, 8 ed. Bonn. III 197 isff.
 
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