KARL FRIEDRICH SCHINKEL.
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Im Jahre iSiß wurde der Gedanke des Baues einer Votivkirche in Berlin als
Denkmal für die grofse Zeit der Freiheitskriege rege. Wer zuerft dem Könige
davon gefprochen, dürfte heute fchwerlich noch feftzuflellen fein; diefer aber,
von Haus aus eine religiöfe Natur, machte hch den Plan mit Intereffe zu eigen,
und Schinkel erhielt den Auftrag zum Entwurf eines grofsen gothifchen Domes
auf einem noch zu ermittelnden Bauplatze. Mit Hingabe und glühender Be-
geiferung ergriff der Künfler die Aufgabe; in zwei ziemlich ausführlichen Denk-
fchriften legt er die Principien dar, nach denen in diefer Angelegenheit zu ver-
fahren wäre. Eine Reihe zum Theil fehl* ausführlicher Zeichnungen für den
Bau ift noch heute im Schinkel-Mufeum erhalten. Als Abfchlufs der Leipziger
Strafse an ihrem oberen oder unteren Ende denkt er lieh die in grofsem Mafs-
Itabe concipirte Kirche. Wie ernft und hoch er die ihm gewordene Aufgabe er-
fafst, geht ergreifend aus einer Stelle der erften Denkfchrift hervor: Der Künfl-
ler, welchem das hohe Glück der Bearbeitung diefes Gedankens zu Theil ward,
kann dafür nur dadurch feinem Könige und dem Vaterlande den inniglten Dank
erfatten, dafs er hch mit dem reinfen Gefühl, mit aller Frifche feiner Kraft und
mit dem tieffen Ernlte in diefen Gedanken eintaucht, damit ihm aus deffen
inneren Leben alles dargeboten werde, was zu feiner äufseren Verherrlichung
dienen kann. »Sehr glücklich fchätze ich mich, nicht ganz unvorbereitet für die
grofse Aufgabe zu fein; he iE ihrer Natur nach ganz diefelbe, die ich feit lange
fchon in meinem Innern bearbeite, und wo ich das, was darin etwa zur Reife
gediehen wäre, gewagt hatte, Sr. MajeEät allerunterthänigE zu Füfsen zu legen.
Ganz befonders fleht der Charakter, in welchem Se. MajeEät das grofse Werk
gehalten wünfehen, meiner Natur nahe, denn von jeher gewann ich den deutfehen
Alterthümern einen hohen Reiz ab, und he forderten mich immerwährend auf,
in ihr Inneres tiefer einzudringen«. Dreifache Bedeutung foll der Bau haben,
er foll ein religiöfes aber zugleich ein hiftorifches Monument fein, ein Pantheon
der grofsen Namen der Nation, an welchem hch plaftifch die Gefchichte der
hohenzollerifch-preufsifchen Vergangenheit verkörpert und endlich foll er den
Ausgangspunkt für eine neue Entwickelung aller künRlerifchen und kunEgewerb-
lichen Thätigkeit in Berlin herausbilden. "Durch wenigftens anderthalb Jahr-
zehnte hindurch mtifste die Errichtung diefes Monuments der Centralpunkt aller
höheren KunEbetriebfamkeit im Lande werden; alle vorzüglichenKünhler müfsten
daran arbeiten, und die höchfte Vollkommenheit in der Ausführung würde durch
den Lauf diefes Zeitraums eine fo wohlthätige und praktifche Schule werden,
dafs der echte Sinn der Künftler und der Gewerke darin wiedergeboren würde«.
Seinem regen Geifte treten denn auch in diefen Vorhudien bereits die Detail-
fragen nahe; er weifst nach, wie das grofse Unternehmen ohne fonderliche Neu-
belaEung der Staatskaffen allein durch gefchickte Verwendung der jährlich jetzt
fchon für Bauzwecke verausgabten Summen möglich fei, und entwirft lieh bereits
ein Bild der Arbeitstheilung in der eigentlichen Bauleitung.
Ein Drittel etwa kleiner als der Mailänder Dom, um in einem gewiffen
Verhältnis zu den übrigen Kirchen Berlins zu bleiben, follte hch das Werk
auf breitem Unterbau erheben. Die Krypta follte die FürEengruft enthalten,
reichfler plaEifcher und malerifcher Schmuck die Kirche füllen. So glänzend
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Im Jahre iSiß wurde der Gedanke des Baues einer Votivkirche in Berlin als
Denkmal für die grofse Zeit der Freiheitskriege rege. Wer zuerft dem Könige
davon gefprochen, dürfte heute fchwerlich noch feftzuflellen fein; diefer aber,
von Haus aus eine religiöfe Natur, machte hch den Plan mit Intereffe zu eigen,
und Schinkel erhielt den Auftrag zum Entwurf eines grofsen gothifchen Domes
auf einem noch zu ermittelnden Bauplatze. Mit Hingabe und glühender Be-
geiferung ergriff der Künfler die Aufgabe; in zwei ziemlich ausführlichen Denk-
fchriften legt er die Principien dar, nach denen in diefer Angelegenheit zu ver-
fahren wäre. Eine Reihe zum Theil fehl* ausführlicher Zeichnungen für den
Bau ift noch heute im Schinkel-Mufeum erhalten. Als Abfchlufs der Leipziger
Strafse an ihrem oberen oder unteren Ende denkt er lieh die in grofsem Mafs-
Itabe concipirte Kirche. Wie ernft und hoch er die ihm gewordene Aufgabe er-
fafst, geht ergreifend aus einer Stelle der erften Denkfchrift hervor: Der Künfl-
ler, welchem das hohe Glück der Bearbeitung diefes Gedankens zu Theil ward,
kann dafür nur dadurch feinem Könige und dem Vaterlande den inniglten Dank
erfatten, dafs er hch mit dem reinfen Gefühl, mit aller Frifche feiner Kraft und
mit dem tieffen Ernlte in diefen Gedanken eintaucht, damit ihm aus deffen
inneren Leben alles dargeboten werde, was zu feiner äufseren Verherrlichung
dienen kann. »Sehr glücklich fchätze ich mich, nicht ganz unvorbereitet für die
grofse Aufgabe zu fein; he iE ihrer Natur nach ganz diefelbe, die ich feit lange
fchon in meinem Innern bearbeite, und wo ich das, was darin etwa zur Reife
gediehen wäre, gewagt hatte, Sr. MajeEät allerunterthänigE zu Füfsen zu legen.
Ganz befonders fleht der Charakter, in welchem Se. MajeEät das grofse Werk
gehalten wünfehen, meiner Natur nahe, denn von jeher gewann ich den deutfehen
Alterthümern einen hohen Reiz ab, und he forderten mich immerwährend auf,
in ihr Inneres tiefer einzudringen«. Dreifache Bedeutung foll der Bau haben,
er foll ein religiöfes aber zugleich ein hiftorifches Monument fein, ein Pantheon
der grofsen Namen der Nation, an welchem hch plaftifch die Gefchichte der
hohenzollerifch-preufsifchen Vergangenheit verkörpert und endlich foll er den
Ausgangspunkt für eine neue Entwickelung aller künRlerifchen und kunEgewerb-
lichen Thätigkeit in Berlin herausbilden. "Durch wenigftens anderthalb Jahr-
zehnte hindurch mtifste die Errichtung diefes Monuments der Centralpunkt aller
höheren KunEbetriebfamkeit im Lande werden; alle vorzüglichenKünhler müfsten
daran arbeiten, und die höchfte Vollkommenheit in der Ausführung würde durch
den Lauf diefes Zeitraums eine fo wohlthätige und praktifche Schule werden,
dafs der echte Sinn der Künftler und der Gewerke darin wiedergeboren würde«.
Seinem regen Geifte treten denn auch in diefen Vorhudien bereits die Detail-
fragen nahe; er weifst nach, wie das grofse Unternehmen ohne fonderliche Neu-
belaEung der Staatskaffen allein durch gefchickte Verwendung der jährlich jetzt
fchon für Bauzwecke verausgabten Summen möglich fei, und entwirft lieh bereits
ein Bild der Arbeitstheilung in der eigentlichen Bauleitung.
Ein Drittel etwa kleiner als der Mailänder Dom, um in einem gewiffen
Verhältnis zu den übrigen Kirchen Berlins zu bleiben, follte hch das Werk
auf breitem Unterbau erheben. Die Krypta follte die FürEengruft enthalten,
reichfler plaEifcher und malerifcher Schmuck die Kirche füllen. So glänzend