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Kemp, Ellen; Landesamt für Denkmalpflege Hessen [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Hessen: Landkreis-Hersfeld-Rotenburg: 1, (Alheim bis Kirchheim) — Braunschweig: Vieweg, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.49723#0015
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Einführung

Hersfelder Stadtansicht von Matthäus Merian um 1650


Territorialgeschichte
Das frühe Mittelalter nannte das Land zwischen Fulda und Werra Buchonia,
also Buchenland. In diesem Gebiet bildete das 736 durch Sturmius und er-
neut 769 durch Lullus gegründete Kloster in Hersfeld nicht nur das kirchliche
und kulturelle Zentrum, sondern auch den Mittelpunkt in Rechtsprechung
und Verwaltung. Die Abtei, die Karl dem Großen direkt unterstellt war (seit
775 Reichsabtei), erhielt in der Folgezeit nicht nur königlichen Schutz in
Kriegs- und Notzeiten, sondern auch ein reichliches Maß an Legaten, Ver-
mächtnissen und Schenkungen. Unter den Zuwendungen, welche dann das
Verhalten der Reichsabtei über Jahrhunderte hinweg beeinflußten, zählen
vor allem die beiden bedeutenden territorialen Zugewinne im 11. Jh.: 1003
schenkte König Heinrich II. dem Kloster den „Eherinevirst“, ein großes
Waldgebiet westlich der Fulda, das Teile des Knüll, des Fuldatales und des
Seulingswaldes umfaßte, und 1016 erhielt die Abtei einen weiteren Wild-
bannbezirk, der sich östlich der Werra bis kurz vor Schmalkalden erstreckte.
In der Folgezeit waren die Hersfelder Äbte bestrebt, die beiden Territorien zu
vereinen und wenn möglich zu vergrößern. Sie stießen dabei zunächst auf
den Widerstand der benachbarten Reichsabtei Fulda (gegründet 744), die
ihre eigenen Absichten verfolgte (z.B. im Gebiet Wildeck), sodann zuneh-
mend auf denjenigen der von Hersfeld selbst eingesetzten Vögte: die Grafen
Giso bzw. deren Erben, die Landgrafen von Thüringen und nach deren Aus-
sterben die Landgrafen von Hessen. Im 13. Jh. ging für die Hersfelder Reichs-
abtei der Teil, der das spätere Amt Rotenburg umfaßte, an die Landgrafen
verloren. Von nun an liest sich die Geschichte als ein für die hessischen Land-
grafen ständiges und erfolgreiches Bestreben, den noch verbliebenen geist-
lichen Grundbesitz der Hersfelder Abtei an sich zu bringen. Diese Absicht
wurde durch den Westfälischen Frieden von 1648 besiegelt: Die Reichsabtei
und ihr Umland, das in etwa dem Altkreis Hersfeld entsprach, wurden in
ein Fürstentum umgewandelt, das mit der Landgrafschaft Hessen vereinigt
wurde. Es bestand aus 12 Verwaltungsbezirken.
Eine weitere wichtige kirchliche Macht, die bis ins Territorium des heutigen
Kreises hineinreichte, war die schon erwähnte Reichsabtei Fulda. Auch sie
konnte dem Landhunger des weltlichen Nachbarn nicht entgehen: Amt
Wildeck wurde um 1400 von den hessischen Landgrafen erworben, die Be-
sitztümer im Haunegrund kamen 1720/22 durch Verkauf an Hessen, rund
hundert Jahre, bevor der Wiener Kongreß die Fürstabtei Fulda dann gänzlich
Hessen zusprach.

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