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Kemp, Ellen; Landesamt für Denkmalpflege Hessen [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Hessen: Landkreis-Hersfeld-Rotenburg: 1, (Alheim bis Kirchheim) — Braunschweig: Vieweg, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.49723#0441
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Kirchheim


Erläuterungen zu Karte 10 (M 1:50 000)
Gemeinde Kirchheim
Im südwestlichen Teil des Kreisgebietes
finden wir die Gemeinde Kirchheim,
deren westliche Gemarkungsgrenze zu-
gleich Kreisgrenze des Schwalm-Eder-
Kreises ist.
Aus 12 Ortsteilen besteht die Großge-
meinde, die ihren Namen nach dem
Hauptort und Sitz der Gemeindever-
waltung in Kirchheim wählte. Von die-
sen 12 Ortsteilen liegen vier südwestlich
von Kirchheim an der ausmündenden
Ibra: Kemmerode, Reimboldshausen
und Gershausen, an einem Ibra-Zu-
fluß: Allendorf. Ein zungenförmiger
Ausläufer der Ibra-Kuppe (486 m)
trennt das Ibratal vom Tal der Aula, in
dem ebenfalls vier Ortsteile angesiedelt
sind: Gersdorf, Frielingen, Hedders-
dorf und Kirchheim. An kleineren
linksseitigen Zuflüssen zur Aula liegen
zu Füßen des Eisenberges (635 m) in
Nebentälern des Knüllgebirges einge-
bettet wiederum vier Ortsteile: Wil-
lingshain, Rotterterode, Goßmannsro-
de und Reckerode.
Sie alle stehen an Größe und Bedeu-
tung vor Kirchheim zurück. Kirchheim
liegt zwar nicht geographisch im Zen-
trum der Gemeinde, doch kommt dem
Ort zentrale Bedeutung zu. Das „Kirch-
heimer Dreieck“ ist allen Autofahrern
bekannt. Hier zweigt von der Autobahn
A7, die aus Frankfurt weiter nach Kassel
führt, die A 4 in Richtung Eisenach ab.
An der Raststätte Kirchheim steht
hochaufgerichtet das größte Motel an
der Autobahn im europäischen Raum.
Die ab 1936 durch Kirchheims Gemar-
kung gebauten beiden Autobahnen
und die z. Zt. noch im Bau befindliche
Schnellbahntrasse der Deutschen Bun-
desbahn Hannover-Würzburg tangie-
ren Kirchheims westliche Ausdehnung;
die nach Hersfeld-Treysa führende, seit
1977 stillgelegte Eisenbahnlinie seine
östliche Ortsgrenze. Durch den Ort

Kirchheim

führt die von Niederaula kommende
Bundesstraße B 454. Die Massierung
von Verkehrswegen beruht z.T. auf be-
wußter Gemeindepolitik.
Der historische Ortskern von Kirch-
heim (vor 786 als Kyricheim erwähnt),
der sich nördlich des in die Aula ein-
mündenden Wälse-Baches (= das Tau-
be Wässerchen) befindet, umgreift die
Dorfmühle, die höhergelegene Kirche,
die Kirchkranzbebauung und das
Schloß derervon Baumbach. Aus einem
geschlossenen ovalen Dorfdrubbel mit
einem tangentialen Wegekreuz entwik-
kelte sich um 1800 entlang der südli-
chen und östlichen Zufahrten ein Stra-
ßendorf, das in letzter Zeit durch Orts-
ausdehnung und auch durch Neube-
siedlung den Charakter einer Arbeiter-
wohnsiedlung erhielt, in der nur noch
wenige hauptberufliche Landwirte
wohnen. Die Wirtschaft des Ortes, einst
auf Landwirtschaft, dann im 19.Jh. auf
einer Wollkämmerei mit über 80 Be-
schäftigten gründend, beruht heute auf
dem im Zusammenhang mit der Auto-
bahn und dem Fernverkehr stehenden
Dienstleistungen, sowie auf dem Frem-
denverkehr: In der Nähe von Kirch-
heim, auf dem westlichen Ausläufer der
Hohen Wurzel entstand im Biedebach-
tal ein großes Familien-Feriendorf, im
Ibratal an einem aufgestauten See das
Feriendorf Seepark Kirchheim.
Diese rezente Entwicklung kann im
Nachklang der Bestrebungen des Ortes
um Unabhängigkeit von dem über Jahr-
hunderte hinweg die Geschicke Kirch-
heims bestimmenden großen Gut derer
von Baumbach (1348 urkundlich belegt,
seit 1588 bis heute in von Baumbach-
schem Besitz) gesehen werden. Abhän-
gig von Gut und Gutsherren blieben al-
le Hintersassen bis 1832, bis zur gesetz-
lichen Regelung durch Zahlung einer
Ablösungssumme.

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