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Plan von Munden (Ausschnitt) von 1728 - A = Die Stadt - B = die vor Stadt - C = das Schloß - D = die Haupt-Kirche - E = die St. Tylien-Kirche -
F = Ref. Kirche - G = das Commandanten Haus - H = das Amt-Haus - J = das Raht Haus - K = das Pulv. Magaz. - L = das Hospit. Hauptstaatsarchiv
Hannover 250 K, 568 pg


Parkanlage, die sich wie ein breiter baumbe-
standener Anlagengürtel zwischen Altstadt-
kern und Bahnhofsviertel schiebt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ein neuerli-
cher Wandel in der Wirtschaftsstruktur der
Stadt ein, bei der bis auf Gummiwarenindustrie
und Bleiverarbeitung die industrielle Produk-
tion zurückging, während es zu einem Auf-
schwung der mittelständischen Unternehmen
und des Kleingewerbes kam. 1946 wurde die
Landespolizeischule aus Hannover nach Mün-
den verlegt, zehn Jahre später zogen wieder
Pioniere in die „Kurhessenkaserne” ein.
Trotz all dieser zum Teil erheblichen Eingriffe
hat Münden sein geschlossenes Altstadtbild im
wesentlichen bewahren können.
Stadtgrundriß
Auf einer von Nordwesten nach Südosten leicht
ansteigenden nischenartigen Talmulde im äu-
ßersten Winkel des Mündungsdreiecks er-
streckt sich auf einem Areal von 450 x 350 m
der Siedlungskern Mündens.
Unter Einbeziehung der besonderen topogra-
phischen Situation und der hieraus resultieren-
den funktionalen Bedingtheiten entstand die-
ser einprägsame charakteristische Stadt-
grundriß, dessen schildförmige nach Süden
sich verjüngende Umgrenzungslinie weitge-
hend dem Verlauf von Werra und Fulda im Nor-
den und Westen angepaßt ist. In seiner Ge-
samtheit stellt er offenbar das Ergebnis einer
planmäßigen Anlegung dar. Die Gründung der

1183 erstmals erwähnten Stadt ist wohl auf die
thüringisch-hessischen Ludowinger oder auf
Heinrich den Löwen zurückzuführen und dürfte
zeitlich in dieselbe Gründungsphase wie Göt-
tingen fallen. Zu ihren konstitutiven Elementen
gehören das orthogonale Straßensystem mit
rechtwinklig sich kreuzenden Straßen, die sich
zu Blöcken zusammenschließenden Hofstät-
ten, die allseitig von Straßen umschlossen wer-
den, die Aufteilung der Quadrat- und Recht-
eckblöcke mit kleinteiliger, im wesentlichen un-
veränderter mittelalterlicher Parzellenstruktur,
ferner der zentral gelegene Markt- und Kirch-
platz und schließlich eine die Stadt umgrei-
fende und sichernde Mauer. Das klar ausgebil-
dete rasterartige Straßensystem und ein bis ins
ausgehende 14. Jh. zurückreichender rezenter
Bürgerhausbestand, der zu einem erheblichen
Teil noch aus der Mitte des 16. Jh. stammt,
treten neben den repräsentativen Monumen-
talbauten: St. Blasii, St. Ägidien, Rathaus,
Schloßanlage und den Resten der einst turm-
reichen Stadtbefestigung beherrschend aus
dem Gesamtbild Mündens hervor. In seiner Ge-
samtheit will der historische Stadtkern nicht
nur als reine Addition von mehr oder minder
wertvollen Einzelgebäuden verstanden wer-
den, sondern als ein gewachsenes Ganzes, an
dem sich über den bloß malerischen Anblick
hinaus, bau- und stadtgeschichtliche sowie so-
zialtopographische Phänomene und Entwick-
lungen ablesen lassen.
Auffällig ist die Vielfalt der repräsentativen Bür-
gerhäuser aus der Zeit der Reformation Mün-

dens ab 1540 sowie eine deutlich sich abzeich-
nende Bautätigkeit der Mittelschicht (Schiffer,
Kaufleute, Handwerker), die sich nach Verle-
gung der fürstlichen Residenz in den achtziger
Jahren des 16. Jh. überwiegend an den flußna-
hen Straßen im Westen und Nordwesten des
Stadtareals ansiedelten. Während die Rolle des
Adels und sein Einfluß auf die Stadtentwicklung
verhältnismäßig gering war, ging die stärkste
wirtschaftliche und soziale Kraft lange Zeit von
den Kaufleuten und Schiffern aus, die durch
das Fehlen einer starken zentralen Macht er-
heblich an Bedeutung und Einflußnahme ge-
wannen.
Ein wesentlicher Teil des überkommenen Bür-
gerhausbestandes stammt etwa aus der Mitte
des 16. Jh. - einer Zeit, die auch andernorts
durch eine rege Bautätigkeit gekennzeichnet
ist. Reiche, differenzierte Zierformen von klas-
sischer Strenge ließen prächtige repräsentative
Schaufassaden entstehen, die den Wohlstand
der Bürgerschaft widerspiegeln. Diese stattli-
chen Bürgerhäuser entstanden bis auf wenige
Ausnahmen in zentralen, exponierten Berei-
chen der Stadt, an der Lange-, Markt-, Mühlen-
und Kirchstraße, in unmittelbarer Nähe des
Schlosses, des Rathauses und der St. Blasiikir-
che, wo zu jener Zeit die angesehendsten Fa-
milien wohnten, die zugleich die Mehrzahl der
städtischen Ratsmitglieder stellten.
Im Gegensatz dazu stehen die kleinteiligen,
schlichten Bauten am Südwestrand der Stadt
im Bereich der Ziegelpforte. Nach Angaben der
Kopfsteuerliste von 1689 eine „sozialschwache

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