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Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0219
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Ehern. "Oberdorf" im südöstlichen Stadtviertel mit akzentsetzender spätgotischer Hallenkirche St. Sixti. Luftbild H.-U. Armbrust


von 1934 und der von Carl Boenisch (Architekt)
gezeichnete Lageplan aus den vierziger Jahren,
die den ehemaligen Stiftshof zeigen. Kartiert
sind im Lageplan neben den älteren Stifts-
gebäuden u.a. Schreiberei, Scheunen, Schaf-
stall, Schäferwohnung sowie Kuh- und Pferde-
stall, die den unregelmäßig geschnittenen
Stiftshof einfassen.
Im Vergleich zum stadtgrundrissdominierenden
Klosterhof nimmt das „Oberdorf“ als nachfol-
gender zweiter Siedlungskern im südöstlichen
Stadtviertel weitaus weniger Raum ein. Seine
Keimzelle ist die erhöht gelegene Kirche St.
Sixti, eine spätgotische dreischiffige Hallenkir-
che mit Polygonchor und unverwechselbarem
Westturm, dessen gedrehter schieferverkleide-
ter Spitzhelm auf Fernsicht angelegt einen
stadträumlich wichtigen Akzent setzt. Zum
ältesten aufgehenden Mauerwerk der Pfarr-
kirche gehört das Untergeschoss des gedrun-
gen wirkenden Westturms aus der 1. Hälfte des
13.Jh., das in den spätgotischen Nachfolgebau
einbezogen wurde, dessen Grundsteinlegung
1470 mit Errichtung des Chores erfolgte.
Inmitten eines annähernd keilförmigen, bis zum
südöstlichen Befestigungsring reichenden

„Kerkhofes“ errichtet, setzt der eindrucksvolle
Sakralbau in der Stadtsilhouette noch heute ein
eindrucksvolles Merkzeichen.
Verbunden sind beide Siedlungskerne durch
die großzügig bemessene, west-ost-gerichtete
Breite Straße/Am Münster, einst Teile einer
bedeutenden frühmittelalterlichen Handelsstra-
ße, die gleichsam das Rückgrat des Northeimer
Straßenrasters bildet. Ihre Endpunkte markie-
ren im Westen das Untere - oder Höckelheimer
Tor und im Osten das Obere Tor, auch Harztor
genannt, dessen überkommener wuchtiger
Flankenturm noch heute Zeugnis ablegt von der
Wehrhaftigkeit der Stadt. Ursprünglich den
Namen „brede strafe“ tragend, findet die leicht
gekrümmte Hauptdurchgangsstraße jenseits
der Tore in Göttinger Straße und Harztor ihre
Fortsetzung. Der west-ost-gerichteten Haupt-
straße ordnet sich die Mühlenstraße unter, die
dem Verlauf einer alten Fernhandelsstraße folgt
und quer zur Hauptdurchgangsstraße leicht
außermittig nach Norden abzweigt und bis zum
Unteren Tor, dem Mühlentor, reicht. Am
Kreuzungspunkt der beiden Altstraßen ent-
stand das prächtige Rathaus. Es schob sich

nahezu keilförmig in den Platzraum und bewirk-
te zugleich eine Einschnürung der Mühlen-
straße. Das zwischen 1509 und 1518 erwei-
terte Rathaus war ca. 39 m lang und 21 m breit
und erhielt auf seiner Südseite im frühen 16.Jh.
einen hölzernen Vorbau. Die eigentliche Fas-
sade mit dem Hauptportal war nach Norden,
zum Marktplatz, ausgerichtet. Bis zu seinem
Abriss im frühen 19.Jh. korrespondierte das
Rathaus mit der am Nordende des nygen
marktes entstandenen Marktkapelle, die ihre
Entstehung einem Gelübde verdankt, das Abt
und Konvent des Blasii-Klosters sowie Rat und
Bürgerschaft zu Zeiten der verheerenden Pest,
die ganz Europa heimsuchte, abgelegt hatten.
Zu Ehren der Jungfrau Maria, der Hl. Drei
Könige sowie der Märtyrer Fabian und Sebas-
tian im Jahre 1354 begonnen, war die Markt-
kapelle spätestens 1391 fertig gestellt. Ihr
wurde 1734 die Alte Wache vorgelegt, ein zeit-
typischer doppelgeschossiger Fachwerkbau,
der fortan als point de vue am oberen Ende des
Marktplatzes ein markantes architektonisches
Merkzeichen setzt.
Mit dem Privileg von 1252 erlangten die Bürger
das Recht des Stadtmauerbaues. Die mauer-

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