DOI Heft:
Nr. 481
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D er Schnarcher.
oft gewechselt tvird und im Sommer eine, im Winter zwei
wollene Decken, und die Lagerstätte ist fertig. Außerdem
findet aber noch eine entsetzliche Unannehmlichkeit in dieser
Art zn schlafen statt; die Betten sind nämlich säinmtlich —
nnd mit wirklich mir sehr wenig Ausnahmen — zweischläfrig
und nicht nur im Stande zwei Personen anfznnehmen,
sondern gleich von Haus aus dazu bestimmt, so daß das
nächst leerstehende Bett bei Ankunft von Fremden nicht eher
eingeränmt wird, bis nicht das letzte seine zwei Schlafkame-
raden eingenommen hat. Wie unangenehm es sein muß,
mit vollkommen fremden Menschen, von denen man sogar
nicht immer einmal weiß, ob sie selbst reinlich sind, in der
Art ein Lager zn theilen und unter einer Decke mit ihnen
zn liegen, läßt sich etwa denken nnd es war auch das in
Amerika, an was ich mich, trotz allen übrigen gern ertragenen
Unbequemlichkeiten, nie habe recht gewöhnen können und möge».
Natürlich hat aber auch schon, selbst ohne dich, das Zu-
sammenschlafen mit so Bielen in einem Saal, besonders in
heißen flüchten, etwas sehr fatales, da noch dazu fast stets
einige darunter sind, Ivelche behaupten, die Nachtluft nicht
vertragen zn können nnd verschlossene Fenster haben wollen.
In Cincinnati wohnte oder „boardete“ ich, wie man dort
sagt, oben in Mainstreet in einer solchen deutschen Kneipe
für drei Dollar die Woche, Essen nnd Schlafen, nnd hatte
mich, als älterer Gast, nach nnd nach ans dem großen Saal
in ein kleines Dachkämmerlein hineinznarbeiten gewußt (was
inan recht gut als ein avancement betrachten konnte), wo der
Wirth gar nicht im Stande gewesen war, zweischläfrige Betten
anfzustellen nnd wir unserer drei, gar sehr zufrieden mit deni
errungenen Bortheil, in drei einzelnen schmalen Bettstellen,
jeder in einer andern Ecke „weggestant" lagen.
Ans die Namen meiner beiden damaligen Schlaskamera-
den kann ich mich nicht mehr besinnen; ich weiß nur, daß der
eine ein „Kaufmann" war — wie er sich nannte, nnd Nachts
furchtbar schnarchte, so furchtbar in der Thal, daß wir beiden
Anderen, nachdem wir uns heiser geschrieen ihn zn wecken,
oft halbe Stunden lang in unsern Betten in Verzweiflung
aufsaßen nnd die verschiedenartigsten Anschläge machten, uns
des lästigen Schlafkameraden zu erwehren, der in der That
alle Vortheile, die wir hier etwa errungen, mit seiner ent-
setzlichsten Kehle zn annulliren schien.
Dieß Schnarchen trieb uns zuletzt dahin, daß wir schon
wirklich die Idee faßten, wenn wir den Burschen nicht los
werden könnten, das Zimmer selbst zn räumen, ja im schlimm-
sten Falle das Haus zn verlassen und allen errungenen Vor-
theilen freiwillig zn entsagen, ehe >vir uns krank machten durch
Nachtwachen nnd Aerger, als mein Kamerad und Leidensge-
fährte, den ich in Ermangelung eines besseren Namens Müller
nennen will, eines Abends sehr geheimnißvoll that nnd mich
vor Schlafengehen bei Seite nahm, mir etwas Wichtiges mit-
zntheilen. Tie Sache betraf auch in der That nichts Ge-
ringeres als den Schnarcher selber nnd er behauptete nämlich
durch einen guten Freund ein probates Mittel erfahren zn
haben, dem Burschen das Schnarchen für kommende Zeiten
in einer einzigen Nacht zn legen nnd zn vertreiben: wie,
das wollte er nicht sagen, ich sollte es selber sehen.
Neugierig war ich wirklich geworden nnd auch bei derj
; Sache interessirt, so erwartete ich denn ordentlich mit Ungeduld
den Abend, an dem das Experiment vorgenomnien werden
sollte. Unser Quälgeist ging dabei immer zuerst zn Bett nnd
lag oft schon um neun Uhr unter der Decke, so daß wir nie
hoffen durften, einmal Abends einschlafen zu können, ehe er
seinen Monolog begonnen; das dumpfe Sägen hörten wir schon
oben auf der Treppe nnd betraten allabendlich die Kammer
gewöhnlich mit einer halblaut gemurmelten Verwünschung.
Auch an diesem Abend lag er schon eine Weile im Bett,
als wir hinanfkainen nnd zwar ans dem Rücken, wie immer
die Kniee heranfgezogen, den Mund halbgeöffnet „sawing
avvay at eleven knots an liour“, wie es die Amerikaner nannten.
Ich habe schon viele Menschen schnarchen hören, etwas
derartiges aber noch nie, so lang ich denken kann. Es gibt
auch viele Arten von Schnarchern, und die liebenswürdigsten von
ihnen sind jedenfalls die sogenannten „Snppenbläser", die
vollen Athem mit offenem Munde holen, dann diesen schließen,
bis beide Backen anschwellen und nun die Luft ohne großes
Geräusch nnd in einem feinen Strahl wieder ansblasen —
einen solchen znznhörcn hat sogar etwas Humoristisches und ich
bin Zeuge gewesen, daß sich ein ganzer Schlafsaal voll Men-
schen Stundenlang dabei amüsirt und die verschiedenen Nüancen
beobachtet hat. Eine andere Art ist die der Wechselschnar-
cher, die regelmäßig einen Athemzng aussetzen nnd dadurch natür-
lich nur die Hälfte Lärm machten; eine andere wieder sind die i
Pfeifer, die diese Eigenschaft wahrscheinlich einer besonderen
Formation ihrer Nase zu danken haben, denn sie finden sich
auch nur in sehr seltenen nnd noch seltener in vollkommenen
Exemplaren, dann kommen die Lichtbläser, die die Luft
kurz abstvßen; dann die sogenannten Süßholzraspler, die
gewöhnlich mit halbgeöffneten Lippen nnd etwas gerümpfter
Nase daliegen und ein nicht sehr lautes raspelndes Geräusch
beim Ein- nnd Ausziehen des Athems machen, durch diesen
ununterbrochenen Lärm aber weit weniger störend sind: und
zuletzt der ordentliche, ehrliche Schnarcher, der beim Luf-
einathmen seiner Schlafkameraden Trommelfell unnachsichtlich
durchsägt nnd nur den Athem geräuschlos anszustoßen scheint,
die Nachbarschaft mit der nächsten Einfuhr soviel mehr über-
raschen zu können. Nur ein einziges Mal habe ich Schnar-
cher nnd Suppenbläser in einer Person vereinigt gefunden,
der beim Athemholen schnarchte nnd das also eingesägte langsam
nnd vorsichtig wieder ausblies; es war ein ordentlicher Ge-
nuß, dem Mann znznhören.
Noch möchte ich freilich zn dieser Klasse auch die, aller-
dings seltenen „Zähneknirscher" zählen, die zwar nicht
schnarchen, aber die ganze stacht die Zähne zusanimenreiben
nnd damit knirschen; es ist das das Furchtbarste, was man
sich denken kann nnd wer überhaupt Nerven hat, wird es
nie lang bei einem solchen Schlafkameraden anshalten können.
Doch zurück zn unserem Quälgeist zn kommen, den wir
indessen in Mainstreet in Cincinnati haben auf dem Rücken
D er Schnarcher.
oft gewechselt tvird und im Sommer eine, im Winter zwei
wollene Decken, und die Lagerstätte ist fertig. Außerdem
findet aber noch eine entsetzliche Unannehmlichkeit in dieser
Art zn schlafen statt; die Betten sind nämlich säinmtlich —
nnd mit wirklich mir sehr wenig Ausnahmen — zweischläfrig
und nicht nur im Stande zwei Personen anfznnehmen,
sondern gleich von Haus aus dazu bestimmt, so daß das
nächst leerstehende Bett bei Ankunft von Fremden nicht eher
eingeränmt wird, bis nicht das letzte seine zwei Schlafkame-
raden eingenommen hat. Wie unangenehm es sein muß,
mit vollkommen fremden Menschen, von denen man sogar
nicht immer einmal weiß, ob sie selbst reinlich sind, in der
Art ein Lager zn theilen und unter einer Decke mit ihnen
zn liegen, läßt sich etwa denken nnd es war auch das in
Amerika, an was ich mich, trotz allen übrigen gern ertragenen
Unbequemlichkeiten, nie habe recht gewöhnen können und möge».
Natürlich hat aber auch schon, selbst ohne dich, das Zu-
sammenschlafen mit so Bielen in einem Saal, besonders in
heißen flüchten, etwas sehr fatales, da noch dazu fast stets
einige darunter sind, Ivelche behaupten, die Nachtluft nicht
vertragen zn können nnd verschlossene Fenster haben wollen.
In Cincinnati wohnte oder „boardete“ ich, wie man dort
sagt, oben in Mainstreet in einer solchen deutschen Kneipe
für drei Dollar die Woche, Essen nnd Schlafen, nnd hatte
mich, als älterer Gast, nach nnd nach ans dem großen Saal
in ein kleines Dachkämmerlein hineinznarbeiten gewußt (was
inan recht gut als ein avancement betrachten konnte), wo der
Wirth gar nicht im Stande gewesen war, zweischläfrige Betten
anfzustellen nnd wir unserer drei, gar sehr zufrieden mit deni
errungenen Bortheil, in drei einzelnen schmalen Bettstellen,
jeder in einer andern Ecke „weggestant" lagen.
Ans die Namen meiner beiden damaligen Schlaskamera-
den kann ich mich nicht mehr besinnen; ich weiß nur, daß der
eine ein „Kaufmann" war — wie er sich nannte, nnd Nachts
furchtbar schnarchte, so furchtbar in der Thal, daß wir beiden
Anderen, nachdem wir uns heiser geschrieen ihn zn wecken,
oft halbe Stunden lang in unsern Betten in Verzweiflung
aufsaßen nnd die verschiedenartigsten Anschläge machten, uns
des lästigen Schlafkameraden zu erwehren, der in der That
alle Vortheile, die wir hier etwa errungen, mit seiner ent-
setzlichsten Kehle zn annulliren schien.
Dieß Schnarchen trieb uns zuletzt dahin, daß wir schon
wirklich die Idee faßten, wenn wir den Burschen nicht los
werden könnten, das Zimmer selbst zn räumen, ja im schlimm-
sten Falle das Haus zn verlassen und allen errungenen Vor-
theilen freiwillig zn entsagen, ehe >vir uns krank machten durch
Nachtwachen nnd Aerger, als mein Kamerad und Leidensge-
fährte, den ich in Ermangelung eines besseren Namens Müller
nennen will, eines Abends sehr geheimnißvoll that nnd mich
vor Schlafengehen bei Seite nahm, mir etwas Wichtiges mit-
zntheilen. Tie Sache betraf auch in der That nichts Ge-
ringeres als den Schnarcher selber nnd er behauptete nämlich
durch einen guten Freund ein probates Mittel erfahren zn
haben, dem Burschen das Schnarchen für kommende Zeiten
in einer einzigen Nacht zn legen nnd zn vertreiben: wie,
das wollte er nicht sagen, ich sollte es selber sehen.
Neugierig war ich wirklich geworden nnd auch bei derj
; Sache interessirt, so erwartete ich denn ordentlich mit Ungeduld
den Abend, an dem das Experiment vorgenomnien werden
sollte. Unser Quälgeist ging dabei immer zuerst zn Bett nnd
lag oft schon um neun Uhr unter der Decke, so daß wir nie
hoffen durften, einmal Abends einschlafen zu können, ehe er
seinen Monolog begonnen; das dumpfe Sägen hörten wir schon
oben auf der Treppe nnd betraten allabendlich die Kammer
gewöhnlich mit einer halblaut gemurmelten Verwünschung.
Auch an diesem Abend lag er schon eine Weile im Bett,
als wir hinanfkainen nnd zwar ans dem Rücken, wie immer
die Kniee heranfgezogen, den Mund halbgeöffnet „sawing
avvay at eleven knots an liour“, wie es die Amerikaner nannten.
Ich habe schon viele Menschen schnarchen hören, etwas
derartiges aber noch nie, so lang ich denken kann. Es gibt
auch viele Arten von Schnarchern, und die liebenswürdigsten von
ihnen sind jedenfalls die sogenannten „Snppenbläser", die
vollen Athem mit offenem Munde holen, dann diesen schließen,
bis beide Backen anschwellen und nun die Luft ohne großes
Geräusch nnd in einem feinen Strahl wieder ansblasen —
einen solchen znznhörcn hat sogar etwas Humoristisches und ich
bin Zeuge gewesen, daß sich ein ganzer Schlafsaal voll Men-
schen Stundenlang dabei amüsirt und die verschiedenen Nüancen
beobachtet hat. Eine andere Art ist die der Wechselschnar-
cher, die regelmäßig einen Athemzng aussetzen nnd dadurch natür-
lich nur die Hälfte Lärm machten; eine andere wieder sind die i
Pfeifer, die diese Eigenschaft wahrscheinlich einer besonderen
Formation ihrer Nase zu danken haben, denn sie finden sich
auch nur in sehr seltenen nnd noch seltener in vollkommenen
Exemplaren, dann kommen die Lichtbläser, die die Luft
kurz abstvßen; dann die sogenannten Süßholzraspler, die
gewöhnlich mit halbgeöffneten Lippen nnd etwas gerümpfter
Nase daliegen und ein nicht sehr lautes raspelndes Geräusch
beim Ein- nnd Ausziehen des Athems machen, durch diesen
ununterbrochenen Lärm aber weit weniger störend sind: und
zuletzt der ordentliche, ehrliche Schnarcher, der beim Luf-
einathmen seiner Schlafkameraden Trommelfell unnachsichtlich
durchsägt nnd nur den Athem geräuschlos anszustoßen scheint,
die Nachbarschaft mit der nächsten Einfuhr soviel mehr über-
raschen zu können. Nur ein einziges Mal habe ich Schnar-
cher nnd Suppenbläser in einer Person vereinigt gefunden,
der beim Athemholen schnarchte nnd das also eingesägte langsam
nnd vorsichtig wieder ausblies; es war ein ordentlicher Ge-
nuß, dem Mann znznhören.
Noch möchte ich freilich zn dieser Klasse auch die, aller-
dings seltenen „Zähneknirscher" zählen, die zwar nicht
schnarchen, aber die ganze stacht die Zähne zusanimenreiben
nnd damit knirschen; es ist das das Furchtbarste, was man
sich denken kann nnd wer überhaupt Nerven hat, wird es
nie lang bei einem solchen Schlafkameraden anshalten können.
Doch zurück zn unserem Quälgeist zn kommen, den wir
indessen in Mainstreet in Cincinnati haben auf dem Rücken