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Handlungen, sowie von allen Postämtern und preis für den Band von 24 Numm 3 fl. 30 kr. '
Zeitnngsexpeditionen angenommen.
oder 2 Rthlr Einzelne Nummern kosten l2 kr. oder 4 Sgr.
Oberon von Wieland.
(Fortsetzung.)
So war auch die Neugier das Unglück meiner Schwester,
denn hätte sie den Oberon zufällig gesehen, ehe sie von ihm
gehört hatte, oder er wäre mit dem Gerichtshalter gleich an-
gekommen, so würde er ihr vielleicht ganz gleichgültig erschienen
sein oder sie hätte höchstens gesagt, er wäre ein hübscher junger
Mensch. So aber war sie lediglich durch das, waS sie gehört
Halle, im höchsten Grade neugierig auf den Herrn geworden,
machte Spekulation auf ihn und die acht Tage, welche sie
noch warten sollte, bis sie ihn zu sehen bekam, würden ihr zu
einer Ewigkeit geworden sein, hätte sie nicht bald dageseffen
und sich im Geiste den Oberon vorgestellt, ausgestattet mit
allen Reizen eines jungen vornehmen Cavaliers und bald stun-
denlang darüber simulirt, wie sie sich während seiner Anwesen-
heit kleiden und frisiren wolle; denn sie hatte sich vorgenom-
men nicht bloß einen Eindruck auf ihn zu machen, nein, sie
war eitel und durch Verselesen verdreht genug, daß sie sich
einbildete, ihn an sich feffeln zu können und zur höchsten Ueber-
raschung des Hofes und der vornehmen Welt in Weimar eines
schönen Tages ihren Einzug als Frau Oberonin von Wieland
halten zu können. Bald stellte sie sich ihren Oberon vor, in
goldverbrämten Jagdkleidc, an der Seite den Hirschfänger, die
Füsse mit blankgcwichsten Stulpenstiefeln bekleidet, bald sah sie
ihn im elegantesten Reithabit auf einem wilden Pferde über
Gräben und Hecken setzen und bald stellte sie sich ihren Oberon
als einen Schäfer vor, wie sie auf alten Kupferstichen häufig
zu sehen sind, im Grase lagernd und umgeben von schönen
vornehmen Schäfcrinen, unter denen die Herzogin, mit ihren
gesammten Hofdamen, wie er bald eine schmelzende Melodie
auf seiner Schalmei bließ, bald entzückende Süßigkeiten und
Schwärmereien sagte, und dann wurde sie eifersüchtig, eifer-
süchtig wie ein Teufel, auf lauter Leute, die sie noch nie in
ihrem Leben gesehen hatte. So zwischen Erwartung, Phantasie-
Bildern und ernsten Garderobebetrachtungen verstrichen ihr die
acht Tage schnell genug, welche sie von ihrem Oberon, der
nun einmal partout ihr Liebster werden sollte, noch trennten,
bis eines Mittags des Gerichtshalters altmodischer Wagen in
den Hof herein rollte.
Der Baron ging dem Wagen entgegen und öffnete den
Schlag; sie aber schaute neugierig vom Fenster herab. Zwei
Männer stiegen aus, der bucklige Gerichtshalter und ein bild-
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Handlungen, sowie von allen Postämtern und preis für den Band von 24 Numm 3 fl. 30 kr. '
Zeitnngsexpeditionen angenommen.
oder 2 Rthlr Einzelne Nummern kosten l2 kr. oder 4 Sgr.
Oberon von Wieland.
(Fortsetzung.)
So war auch die Neugier das Unglück meiner Schwester,
denn hätte sie den Oberon zufällig gesehen, ehe sie von ihm
gehört hatte, oder er wäre mit dem Gerichtshalter gleich an-
gekommen, so würde er ihr vielleicht ganz gleichgültig erschienen
sein oder sie hätte höchstens gesagt, er wäre ein hübscher junger
Mensch. So aber war sie lediglich durch das, waS sie gehört
Halle, im höchsten Grade neugierig auf den Herrn geworden,
machte Spekulation auf ihn und die acht Tage, welche sie
noch warten sollte, bis sie ihn zu sehen bekam, würden ihr zu
einer Ewigkeit geworden sein, hätte sie nicht bald dageseffen
und sich im Geiste den Oberon vorgestellt, ausgestattet mit
allen Reizen eines jungen vornehmen Cavaliers und bald stun-
denlang darüber simulirt, wie sie sich während seiner Anwesen-
heit kleiden und frisiren wolle; denn sie hatte sich vorgenom-
men nicht bloß einen Eindruck auf ihn zu machen, nein, sie
war eitel und durch Verselesen verdreht genug, daß sie sich
einbildete, ihn an sich feffeln zu können und zur höchsten Ueber-
raschung des Hofes und der vornehmen Welt in Weimar eines
schönen Tages ihren Einzug als Frau Oberonin von Wieland
halten zu können. Bald stellte sie sich ihren Oberon vor, in
goldverbrämten Jagdkleidc, an der Seite den Hirschfänger, die
Füsse mit blankgcwichsten Stulpenstiefeln bekleidet, bald sah sie
ihn im elegantesten Reithabit auf einem wilden Pferde über
Gräben und Hecken setzen und bald stellte sie sich ihren Oberon
als einen Schäfer vor, wie sie auf alten Kupferstichen häufig
zu sehen sind, im Grase lagernd und umgeben von schönen
vornehmen Schäfcrinen, unter denen die Herzogin, mit ihren
gesammten Hofdamen, wie er bald eine schmelzende Melodie
auf seiner Schalmei bließ, bald entzückende Süßigkeiten und
Schwärmereien sagte, und dann wurde sie eifersüchtig, eifer-
süchtig wie ein Teufel, auf lauter Leute, die sie noch nie in
ihrem Leben gesehen hatte. So zwischen Erwartung, Phantasie-
Bildern und ernsten Garderobebetrachtungen verstrichen ihr die
acht Tage schnell genug, welche sie von ihrem Oberon, der
nun einmal partout ihr Liebster werden sollte, noch trennten,
bis eines Mittags des Gerichtshalters altmodischer Wagen in
den Hof herein rollte.
Der Baron ging dem Wagen entgegen und öffnete den
Schlag; sie aber schaute neugierig vom Fenster herab. Zwei
Männer stiegen aus, der bucklige Gerichtshalter und ein bild-
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Oberon von Wieland"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Liebkosung <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 21.1855, Nr. 500, S. 153
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg