jj . Bestellungen werden in allen Buch- und Sun)l-~ o /i oi Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscriptions- v v» zgtz
_^ j Handlungen», sowie von allen Postämtern und preis für den Baud von 24 Nummern 3 st. 36 kr. ^
Zeitungsexpeditionen angenommen. oder 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. oder 4 Sgr.
prüfte, welche von ihnen am würdigsten sei, am St. Martins-
Abend zur Tafel gezogen zu werden, dann lief ihm das Wasser
im Munde zusammen, die ganze behäbige Gestalt schien an
Umfang und Gravität zuzunehmen und sein feistes Gesicht ge-
wann das Ansehen einer gesegneten Mahlzeit.
Während aber des Pastors Gänse sichtbarlich Zunahmen
an Fett und Fleisch von Tag zu Tag, war Einer im Dorfe
der sichtlich zusammenschrumpfte vor
den Augen der Leute und mit mathe-
matischer Genauigkeit hätte man den
Zeitpunkt berechnen können, wo er in
Nichts zerfließen, wo er untergehen
würde wie ein Stern am nächtlichen
Firmamente und an dem menschlichen
Horizonte verschwände. Dieser Eine
war der Schulmeister des Dorfes, ein
langes hageres Scelett von Haut und
Sehnen mühsam zusammengehalten, der
bei täglichem Acrger und großer An-
strengung von einem unendlich dürfti-
gen Gehalte eine Frau und sechs Kin-
der zu ernähren hatte, welche freilich
an körperlichem Gedeihen des Pastors
sechs Zöglingen weit, weit nachstehen
mußten. „Unser Schulmeister ist eine
wahreSeele von einem Manne", pfleg-
ten die Bauern im Dorfe zu sagen und
sie hatten Grund dazu, denn Körper
war fast gar nicht- mehr vorhanden.
Mit großer Ergebung und ohne Murren ertrug der Schul-
meister die schwere Last eines gar zu leichten Gehaltes und
nur zuweilen wagte er es, bei dem Pastor ganz entfernt auf
Die Martinsgans.
Sächsische Dorfgeschichte von Fr. Ptr.
Sechs herrliche fette Gänse prangten in des Pastors Stalle
und nur mit dem innigsten Wohlgefallen ruhten die Blicke
des würdigen Seelsorgers auf den sechs wohlgenährten Zög-
lingen. Hatte doch der Mann Gottes höchst eigenhändig seinen
gefiederten Mitgeschöpfen die Nahrung gereicht und sie groß
gezogen, ohne für seine vielen Erziehersorgen eine größere Ent-
schädigung von denselben zu beanspruchen, als die Erhöhung
seiner Tafelfreuden für den St. Martinsabend und die darauf
folgenden winterlichen Feste. Wenn der würdige Mann der
Martinsgans gedachte, wenn er den Gänsestall besuchte und
mit dem gewiegten Blicke des Kenners die sechs Schwestern
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_^ j Handlungen», sowie von allen Postämtern und preis für den Baud von 24 Nummern 3 st. 36 kr. ^
Zeitungsexpeditionen angenommen. oder 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. oder 4 Sgr.
prüfte, welche von ihnen am würdigsten sei, am St. Martins-
Abend zur Tafel gezogen zu werden, dann lief ihm das Wasser
im Munde zusammen, die ganze behäbige Gestalt schien an
Umfang und Gravität zuzunehmen und sein feistes Gesicht ge-
wann das Ansehen einer gesegneten Mahlzeit.
Während aber des Pastors Gänse sichtbarlich Zunahmen
an Fett und Fleisch von Tag zu Tag, war Einer im Dorfe
der sichtlich zusammenschrumpfte vor
den Augen der Leute und mit mathe-
matischer Genauigkeit hätte man den
Zeitpunkt berechnen können, wo er in
Nichts zerfließen, wo er untergehen
würde wie ein Stern am nächtlichen
Firmamente und an dem menschlichen
Horizonte verschwände. Dieser Eine
war der Schulmeister des Dorfes, ein
langes hageres Scelett von Haut und
Sehnen mühsam zusammengehalten, der
bei täglichem Acrger und großer An-
strengung von einem unendlich dürfti-
gen Gehalte eine Frau und sechs Kin-
der zu ernähren hatte, welche freilich
an körperlichem Gedeihen des Pastors
sechs Zöglingen weit, weit nachstehen
mußten. „Unser Schulmeister ist eine
wahreSeele von einem Manne", pfleg-
ten die Bauern im Dorfe zu sagen und
sie hatten Grund dazu, denn Körper
war fast gar nicht- mehr vorhanden.
Mit großer Ergebung und ohne Murren ertrug der Schul-
meister die schwere Last eines gar zu leichten Gehaltes und
nur zuweilen wagte er es, bei dem Pastor ganz entfernt auf
Die Martinsgans.
Sächsische Dorfgeschichte von Fr. Ptr.
Sechs herrliche fette Gänse prangten in des Pastors Stalle
und nur mit dem innigsten Wohlgefallen ruhten die Blicke
des würdigen Seelsorgers auf den sechs wohlgenährten Zög-
lingen. Hatte doch der Mann Gottes höchst eigenhändig seinen
gefiederten Mitgeschöpfen die Nahrung gereicht und sie groß
gezogen, ohne für seine vielen Erziehersorgen eine größere Ent-
schädigung von denselben zu beanspruchen, als die Erhöhung
seiner Tafelfreuden für den St. Martinsabend und die darauf
folgenden winterlichen Feste. Wenn der würdige Mann der
Martinsgans gedachte, wenn er den Gänsestall besuchte und
mit dem gewiegten Blicke des Kenners die sechs Schwestern
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Martinsgans"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 21.1855, Nr. 491, S. 81
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg