170 Berichte aus
eines gestochenen Schweines ähnlich, über mir erscholl, welchem
ein fast orkanähnliches Brausen folgte.
Kaum war ich im Stande mich nur nach der Ursache
dieser Erscheinung umzusehen, als ein Raubvogel von unge-
heurer Größe niit Geräusch in den Sumpf einsiel.
Einige Blätter der Nixstaude, welche mir gegen die bren-
j ncndcn Sonnenstrahlen Schatten und ein hinlängliches Versteck
gewährten, boten mir zugleich die trefflichste Gelegenheit den
Geier, denn in diese Klasse gehörte das Thier, ungesehen zu
beobachten. Wer aber beschreibt mein Entzücken, als ich bei
genauerer Untersuchung entdeckte, daß ich einen bis jetzt noch
. gänzlich unbekannten Raubvogel vor mir hatte, der zwar dem
Gcschlechte der Condur ähnlich war, aber durch seine immense
! Größe, sowie durch die Gcfiederfarbe und Construktion der
Fänge von allen jetzt bekannten Geierarlcn wesentlich abwich.
; Nur die Brust- und Bauchfedcrn waren grau, Schwingen- und
: Schwanzfedern dagegen perlfarbig und das übrige Gefieder
i violettblau, die Halskrause aber blaugrün; ich schätzte die Größe
desselben auf 7 Fuß, beide Flügel ausgebreitet aus 25 bis
26 Fuß rheinisch.
Ich war ganz verloren in das Anschauen dieses prächti-
gen Thieres und hatte nicht daran gedacht, meine Pistolen
schußfertig zu machen, (die Büchse hatte ich leider in der
Hütte zurückgelaffcn) als sich der Vogel unter brausenden
Fittigschlägen mit seiner Beute, einem großen tobten Kö-
nigstiger, erhob, erst ungefähr auf Pistolcnschußweite in senk-
rechter Linie emporstieg, dann aber östlich abbiegenv, über das
waldige Gcbirg hin meinen Blicken entschwand.
Als der Condur zu steigen begann, hatte ich in einem
[ fieberhaft freudigen Zustand meine Pistolen schußfcrtig gemacht,
ich hatte die Absicht denselben zu schießen, besann mich aber
zum Glück schnell eines besseren, denn bei der beträchtlichen
Entfernung war der Schuß ein ziemlich precärer, und dann,
wenn er nicht traf, mußte ich befürchten, daß der Condur gänz-
lich aus der Gegend meines Aufenthaltes verscheucht werken
würde, mir aber lag neben den Besitz des Thieres alles daran,
über seine Lebensweise und Fortpflanzung, Brut und Nistung
die möglichst genaueste Kunde zu erhalten. Ich nahm mir
daher schnell zum Vorsatz, die Gegend nicht eher zu verlassen,
bis meine Wünsche in dieser Beziehung vollständig befriedigt I
sein würden und eilte in mein Dorf zurück, um mir von den
Bewohnern das, was sie etwa über den Vogel wußten, mit-
theilen zu laffen.
Hier hörte ich nun von einem alten Pampasindianer,
daß er den Condur unv sein Weibchen gar wohl kenne, über« '
Haupt aber bis jetzt blos dieses einzige Paar gesehen habe; |
er erzählte mir zu meinem Schrecken, daß dieses Paar nur
zeitweilig hier nistete, dann aber weit sortziehc; er machte .
hierbei eine Bewegung mit der Hand, welche mir verdeutlichte,
daß das Condur-Paar beim Fortzug ihren Flug nach Süd-
wcsten hin, in der Richtung der Cordilleras nähme. Noch
manches Bemcrkeuswerihe thcilte mir der alte Indianer mit,
namentlich daß der Condur sich meist vom Aase nähre und
nur zuweilen lebende Thicre raube, wobei er sein Absehen
dem Archiv rc.
aber meistens auf Büffelkälber richte, welche er mit größter
Leichtigkeit forttrage, daß er aber auch sehr oft die Nester
größerer Vögel plündere und hauptsächlich nach brütigen Eiern
lüstern zu sein scheine. Zu hoch, meinte der alte Mann, könne
der Vogel nicht nisten, da er seinen Rückzug vom Raube nie
in der Richtung nach den Berggipfeln, sondern stets über den
Wald hin nach der Morgenseite der Gebirge nehme.
Diese letztere Bemerkung schien mir sehr scharfsinnig und
war mir um so willkommncr zu hören, als meine Hoffnung
dadurch um vieles vermehrt wurde, den Horst des Condur-
Paares ohne außergewöhnliche Gefahren aufsuchen zu können.
Ich beschloß nun, den Zug des Vogels genau zu be-
obachten. Drei Tage lang lag ich ununterbrochen auf der
Lauer und obwohl derselbe alltäglich und fast stets zu gleicher
Stunde in denselben Sumpf siel, so konnte ich doch nie mit
Sicherheit die Bahn seines Rückzuges sehen, ohugeachtet des
verschiedenen Wechsels meiner Beobachtungsplätze. Ich war
außer mir über meine fehlgeschlagenen Hoffnungen, wozu sich
die Bekümmerniß gesellte, daß das Condur-Paar bald weiter
und vielleicht in jene Wüsten der Cordillercn ziehen könnte, in
welche vorzudringcn die Aufgabe späterer Generationen sein
wird. Ich war deshalb schon nahe daran, meinen Lieblings-
Wunsch zu quittiren und nur den Condur zu erlegen, um we-
nigstens das Exemplar zu retten, als mir ein kurioser, soll ich
sagen glücklicher Gedanke beikam, der mein ganzes Wesen in
einen Ausruhr von Thätigkeit zur Verwirklichung desjelbcn ver-
setzte.
Es gibt Dinge und Begebenheiten im Leben, die der
Werktagsverstand nie anders als Mährchen zu betrachten ge-
wöhnt ist, die aber in der That nur so lang diesen Charakter
behalten, bis sic plötzlich eine kecke Hand, meist nur von einem
abentheucrlichen Augenblick geleitet, aus dem Fabelreichc als -
Fakta plötzlich in die Wirklichkeit versetzt.
So hier — ich beabsichtigte, beseelt vom Drange des ;
Wissens, nichts mehr und nichts weniger als mich vom Condur
selbst in sein Nest tragen zu lassen. Der Erfolg schien mir
gesichert, ein Kraftmangel des Thieres war nicht vorhanden,
denn wenn der Geier ein Büffelkalb trug, warum sollte er
mich nicht tragen? jenes wiegt im Durchschnitt 200 Pfund,
ich wog vielleicht 140, höchstens 150 Pfund. Eine außerordent-
liche Gefahr stand am Ende hierbei auch nicht zu befürchten,
denn das Nest war ja sicher nicht sehr hoch und gab es auf
der Rückfahrt einige schroffe Abhänge zu paffiren, so konnte
ich ja Rettungsleinen anwenden, die ich nur mitnehmen durfte.
Der Einfall schien mir köstlich und ich brauchte erst
einige Stunden zur Erholung von meiner Freude und zu den
Elogen, die ich mir wegen des genialen Gedankens zu machen
für anständig fand, ehe ich zum Werke schritt.
Ich verschaffte mir hierauf ein Cuguarfell, groß genug,
zwei Mann meines Kalibers bequem zu beherbergen, legte das-
selbe eine zcitlang in Sumpfwasier mit Schwefelwafferstoff ver-
setzt, um es geschmeidig und anrüchig zu machen und nähte
mich endlich, als cs meinem Zweck entsprach, dergestalt in das-
selbe ein, daß nur die Schnauze des Felles zuin bequemen !
eines gestochenen Schweines ähnlich, über mir erscholl, welchem
ein fast orkanähnliches Brausen folgte.
Kaum war ich im Stande mich nur nach der Ursache
dieser Erscheinung umzusehen, als ein Raubvogel von unge-
heurer Größe niit Geräusch in den Sumpf einsiel.
Einige Blätter der Nixstaude, welche mir gegen die bren-
j ncndcn Sonnenstrahlen Schatten und ein hinlängliches Versteck
gewährten, boten mir zugleich die trefflichste Gelegenheit den
Geier, denn in diese Klasse gehörte das Thier, ungesehen zu
beobachten. Wer aber beschreibt mein Entzücken, als ich bei
genauerer Untersuchung entdeckte, daß ich einen bis jetzt noch
. gänzlich unbekannten Raubvogel vor mir hatte, der zwar dem
Gcschlechte der Condur ähnlich war, aber durch seine immense
! Größe, sowie durch die Gcfiederfarbe und Construktion der
Fänge von allen jetzt bekannten Geierarlcn wesentlich abwich.
; Nur die Brust- und Bauchfedcrn waren grau, Schwingen- und
: Schwanzfedern dagegen perlfarbig und das übrige Gefieder
i violettblau, die Halskrause aber blaugrün; ich schätzte die Größe
desselben auf 7 Fuß, beide Flügel ausgebreitet aus 25 bis
26 Fuß rheinisch.
Ich war ganz verloren in das Anschauen dieses prächti-
gen Thieres und hatte nicht daran gedacht, meine Pistolen
schußfertig zu machen, (die Büchse hatte ich leider in der
Hütte zurückgelaffcn) als sich der Vogel unter brausenden
Fittigschlägen mit seiner Beute, einem großen tobten Kö-
nigstiger, erhob, erst ungefähr auf Pistolcnschußweite in senk-
rechter Linie emporstieg, dann aber östlich abbiegenv, über das
waldige Gcbirg hin meinen Blicken entschwand.
Als der Condur zu steigen begann, hatte ich in einem
[ fieberhaft freudigen Zustand meine Pistolen schußfcrtig gemacht,
ich hatte die Absicht denselben zu schießen, besann mich aber
zum Glück schnell eines besseren, denn bei der beträchtlichen
Entfernung war der Schuß ein ziemlich precärer, und dann,
wenn er nicht traf, mußte ich befürchten, daß der Condur gänz-
lich aus der Gegend meines Aufenthaltes verscheucht werken
würde, mir aber lag neben den Besitz des Thieres alles daran,
über seine Lebensweise und Fortpflanzung, Brut und Nistung
die möglichst genaueste Kunde zu erhalten. Ich nahm mir
daher schnell zum Vorsatz, die Gegend nicht eher zu verlassen,
bis meine Wünsche in dieser Beziehung vollständig befriedigt I
sein würden und eilte in mein Dorf zurück, um mir von den
Bewohnern das, was sie etwa über den Vogel wußten, mit-
theilen zu laffen.
Hier hörte ich nun von einem alten Pampasindianer,
daß er den Condur unv sein Weibchen gar wohl kenne, über« '
Haupt aber bis jetzt blos dieses einzige Paar gesehen habe; |
er erzählte mir zu meinem Schrecken, daß dieses Paar nur
zeitweilig hier nistete, dann aber weit sortziehc; er machte .
hierbei eine Bewegung mit der Hand, welche mir verdeutlichte,
daß das Condur-Paar beim Fortzug ihren Flug nach Süd-
wcsten hin, in der Richtung der Cordilleras nähme. Noch
manches Bemcrkeuswerihe thcilte mir der alte Indianer mit,
namentlich daß der Condur sich meist vom Aase nähre und
nur zuweilen lebende Thicre raube, wobei er sein Absehen
dem Archiv rc.
aber meistens auf Büffelkälber richte, welche er mit größter
Leichtigkeit forttrage, daß er aber auch sehr oft die Nester
größerer Vögel plündere und hauptsächlich nach brütigen Eiern
lüstern zu sein scheine. Zu hoch, meinte der alte Mann, könne
der Vogel nicht nisten, da er seinen Rückzug vom Raube nie
in der Richtung nach den Berggipfeln, sondern stets über den
Wald hin nach der Morgenseite der Gebirge nehme.
Diese letztere Bemerkung schien mir sehr scharfsinnig und
war mir um so willkommncr zu hören, als meine Hoffnung
dadurch um vieles vermehrt wurde, den Horst des Condur-
Paares ohne außergewöhnliche Gefahren aufsuchen zu können.
Ich beschloß nun, den Zug des Vogels genau zu be-
obachten. Drei Tage lang lag ich ununterbrochen auf der
Lauer und obwohl derselbe alltäglich und fast stets zu gleicher
Stunde in denselben Sumpf siel, so konnte ich doch nie mit
Sicherheit die Bahn seines Rückzuges sehen, ohugeachtet des
verschiedenen Wechsels meiner Beobachtungsplätze. Ich war
außer mir über meine fehlgeschlagenen Hoffnungen, wozu sich
die Bekümmerniß gesellte, daß das Condur-Paar bald weiter
und vielleicht in jene Wüsten der Cordillercn ziehen könnte, in
welche vorzudringcn die Aufgabe späterer Generationen sein
wird. Ich war deshalb schon nahe daran, meinen Lieblings-
Wunsch zu quittiren und nur den Condur zu erlegen, um we-
nigstens das Exemplar zu retten, als mir ein kurioser, soll ich
sagen glücklicher Gedanke beikam, der mein ganzes Wesen in
einen Ausruhr von Thätigkeit zur Verwirklichung desjelbcn ver-
setzte.
Es gibt Dinge und Begebenheiten im Leben, die der
Werktagsverstand nie anders als Mährchen zu betrachten ge-
wöhnt ist, die aber in der That nur so lang diesen Charakter
behalten, bis sic plötzlich eine kecke Hand, meist nur von einem
abentheucrlichen Augenblick geleitet, aus dem Fabelreichc als -
Fakta plötzlich in die Wirklichkeit versetzt.
So hier — ich beabsichtigte, beseelt vom Drange des ;
Wissens, nichts mehr und nichts weniger als mich vom Condur
selbst in sein Nest tragen zu lassen. Der Erfolg schien mir
gesichert, ein Kraftmangel des Thieres war nicht vorhanden,
denn wenn der Geier ein Büffelkalb trug, warum sollte er
mich nicht tragen? jenes wiegt im Durchschnitt 200 Pfund,
ich wog vielleicht 140, höchstens 150 Pfund. Eine außerordent-
liche Gefahr stand am Ende hierbei auch nicht zu befürchten,
denn das Nest war ja sicher nicht sehr hoch und gab es auf
der Rückfahrt einige schroffe Abhänge zu paffiren, so konnte
ich ja Rettungsleinen anwenden, die ich nur mitnehmen durfte.
Der Einfall schien mir köstlich und ich brauchte erst
einige Stunden zur Erholung von meiner Freude und zu den
Elogen, die ich mir wegen des genialen Gedankens zu machen
für anständig fand, ehe ich zum Werke schritt.
Ich verschaffte mir hierauf ein Cuguarfell, groß genug,
zwei Mann meines Kalibers bequem zu beherbergen, legte das-
selbe eine zcitlang in Sumpfwasier mit Schwefelwafferstoff ver-
setzt, um es geschmeidig und anrüchig zu machen und nähte
mich endlich, als cs meinem Zweck entsprach, dergestalt in das-
selbe ein, daß nur die Schnauze des Felles zuin bequemen !