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i 66 Schreibebrief des Jtzig Wert heim an

Gulden fer 8 Echo, Gott soll wer helfen, Hab ich gedenkt, sage
ßweitausend finfhnndert Gulden fer enne Sache, was eigent-
lich nich ä mal enne Sache is. Worum hat er nich lassen
' lahfen s'Echo nn gekahft lieber fer das Geld Ludwigshafcn-
! Bexbacher, Hab ich gedenkt bei mer, aber gesagt Hab ich's nich.

So sein mer gekimmen ßu gehn af de große Tirasse,

| was is gewesen Merklich enne Pracht, ü Bauwerk, enne Ar-
^ chädiktur, daß mer gemeint hat, mer sollte weren schwindlich.

! Da sin gewesen Seilen un Treppen un Stufchen un Steine
j un Marmel nn ausgeschnittne Statuten von alte Heiden ans
j Stein; mer kann so was gar nich beschreiben, wie's is gewesen.

Is der Herr Amschel Meyer un Companie vorgetreten
i nn hat gesagen: „Sehn Se dort driben die Bäumer un den
! Wald, da Hab ich lassen bauen mer ä Echo; ä Rarität von
j ä Echo. Haben Se de Eiligkeit un probiren Se s'Echo."
Aber s'hat Niemand wollen probiren s'Echo ßuerst aus Be-
scheidsamkeit nn Höflichkeit. Sagt Amschel Meyer un Com-
panie: „Na, wenn Niemand will rufen ßuerst, will ich rufen
ßuerst." Un dann ist er getreten hin un hat gerufen: Finf
Perßent! Un s'Echo hat geantwort't ganz deitlich: „finf
Perßent!" Ae Wunder von ä Echo. Dann hat er ge-
rufen: „Drei Perßentchens," un s'Echo hat aach wieder
j gerufen: „Drei Perßentchens." Wie die andre Gesell-
i schüft hat ge sehn, wie das Echo nich that beisen, haben se
j aach gerufen. Ich Hab aach emal gerufen, aber aß ich nich

> wußte, was ich sollte rufen, sagt Meyer ßn mir: „Wertheim-
j leben, was wollen Se sich so lange besinnen, schreien Se

> nur irgend ä Familchennamen, was Se recht lieb haben."
j Hab ich mer aach nich mehr lange besonnen un Hab geschrieen
J aus Leibeskräftigkeit: „Köln-Mindner Prioritäten!"

j Un hast De gcsehn— s'Echo schreit aach: „Köln-Mindner
' Prioritäten!" Ich bin user erschrocken bei das Naturspiel.

Nu is aach gewesen bei de Gesellschaft ä junger Mann,

! ä netter Mann, ä reicher Mann, ä schöner Mann, der Sühn
! von ä reichen Wiener Bankierhaus, wo hat gehaben Absicht-
j lichkeiten af Rachelche Meyer un Companie un is ihr nich ge-
! gangen von de Seite un aach sie, Rachelche hat ihn angesehn
; mit Blickches, Gott! was ser Blickches! S'is aber aach kein
I Wunder, wenn dem Sühn sein Vater is ä reiches, graußes
! Bankierhaus un der Tochter ihr Vater is aach ä reiches,

! graußes Bankierhaus, muß sich da nich finden de Liebe un
! de Glickseligkeit von ganz alleine?

Is nn vorgetreten der junge Wiener mit Rachelche an
j seinen Arm un hat gesagen: „Wenn Se gitigst erlaben un
! entscholdigen, so will ich. aach ä mal rufen s'Echo." „Haben
| Se de Gite, scheniren Se sich gar nischt," so haben alle Gäste
i gesagt un haben gemacht Platz. Itzt stellt sich der junge
l Wiener hin, guckt Rachelche an mit Liebenswirdigkeit, daß er
! ordentlich hat de Oogen verdreht nn dann ruft er laut: „A.

! Mohr!" Frag ich meinen Nachbar, was neben mir is ge-
standen: „Sagen Se mal," sag ich, „is Ihnen bekannt de
Ferma A. Mohr? Ich kenne doch blos C. F. W. Mohr in
Erlangen?" — Da lächelt mei Nachbar mich ibcr seine Schul-
tern an nn sagt: „Wissen Se denn noch nich, Herr Wertheim,

seinen Freind Moses Löwenstein re. rc.

! daß es heißt Amohr un nich A. Mohr un daß Amohr is i
| gewesen bei unsre alterthimlichen Vorfahren der Gott von de
Liebe!" „Wie soll ich wissen, daß er is gewesen der Gott
j von de Liebe, wenn er mer nich emal hat geschickt das Szir-
j kulär von seiner Geschäftsauflösung," sag ich un Hab ich da
nich Recht, Mosesleben?

Aber um wieder ßurick ßu kommen af's Echo, so is es j
j gewesen diesmal ganz stille, wie der Wiener Bankier hat ge- |
I rufen. De sämmtliche Gesellschaft stutzte, als ob wenn ge-
. kimmen were enne faule telegrafische Dipesche. Der Wiener
Stutzer ruft aber noch ä Mal Amohr nn itzt antwortete
aach s'Echo. Aber, Mosesleben, weißt De, was es hat ge-1
antwort't — „Aron" hat's geantwort't, ganz deitlich nn
j de Gesellschaft hat sich wollen' fast an de Erde welßen vor
! Lächerlichkeit. Aber ich Hab gesagt: „Meine Herrschaftens,"
Hab ich gesagt, „was lachen Se? S'Echo hat Recht. Amohr
; is eine unbekannte Ferma, aber Aron, das is ä Namen,
was hat Gewicht in de Handelswelt.

S' wollte mer aber Niemand glaben un ßumal Amschel
! Meyer un Companie is gewesen ganz wilde un is gelahfen
eniber in'n Wald un hat gebringt eraus bei de Ohren ä

jungen Menschen von seine Dienerschaft, was hat missen machen
s'Echo un was nn is fortgejagt worden, weil er's hat ge-
machen falsch. Amschel Meyer un Companie is gewesen vor
Szorn ganz roth in's Bunem l), aber de Gäste haben sich sehre
geamisirt un immer geschrieen: „Brawo! Dicawo!"

Wie sich der Herr Amschel Meyer un Companie hat i
wieder erholt von seinen Schrecken, sein mer lvieder gegangen
mit de Gesellschaft in de Salons, wo haben gestanden Spiel-

y Bunem, Gesicht.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Schreibebrief des Itzig Wertheim an seinen Freind Moses Löwenstein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Diener <Motiv>
Echo
Streich <Scherz>
Gesellschaftsleben <Motiv>
Täuschung
Entlarvung
Karikatur
Baum <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Juden

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 585, S. 66
 
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