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Auf He

möglich, eine so ungebildete Frau mit in meine Heimath zu
nehmen, weil sie unter keinen Umständen in meine Familie
ausgenommen würde, und nur Verachtung unser Loos wäre.
Man würde uns allenthalben verstoßen, und das könnte ich
nun und nimmermehr ertragen.

Ich wollte mich verbindlich machen, den Winter auf dem
Continente zuzubringen, und das nächste Jahr wieder auf
einige Monate zu Frieda zurückzukommen — damit war man
nicht zufrieden, man verlangte „Heirath" und das sehen Sie
wohl selbst ein, mein Herr, daß ich das nicht zugeben konnte,
wenn auch mit blutendem Herzen. Ich brach deßhalb alle
Unterhandlungen ab und rüstete mich zur Abreise.

Die Stunde der Abfahrt des Dampfschiffes war ge-
kommen , ich ließ mein Gepäck nach dem Strande bringen
und verfügte mich selbst dahin — der Kahnführer nahm aber
meine Effeeten nicht auf, und weigerte sich, mich nach dem
Dampfschiffe überzuführen; — ich fragte ihn voller Staunen,
was ihn zu einem so sonderbaren Benehmen veranlasse und
berechtige, er lachte mir aber in das Gesicht und fuhr wirk-
lich, ohne auf meine ernste und lebhafte Protestation zu hören,
mit den übrigen Reisenden ab.

Ich lief zu dem Vorsteher der Insel und verklagte den
Kahnführer, erhielt aber den Bescheid, er könne Niemanden
zwingen, mich zu dem Schiffe zu fahren, das beruhe immer
auf einer freien gegenseitigen Uebereinkunft. Es seien übrigens
noch mehr Schiffer hier, ich solle mich an einen andern wen-
den, und werde wohl auch einen finden, der recht gerne ein
gutes Trinkgeld zu verdienen sich bewegen lasse.

Nach Ankunft des nächsten Dampfschiffes fragte ich den
Kahnführer, ob. er mich diesesmal zu dem Schiffe führen
wolle — er antwortete mit einem einfachen kurzen „Nein,"
weigerte sich aber hartnäckig, mir eine Ursache seiner so auf-
fallenden Weigerung anzugeben. Ich ging nun zu einem
andern Schiffer, — der schlug es mir ebenfalls ab, ich machte
bei sämmtlichen Schiffern auf der Insel die Runde — ver-

lgoland.

gebene Mühe, ich erhielt überall dieselbe Antwort. Da konnte
ich nicht mehr an einer allgemeinen Verabredung, mich nicht
fort zu lassen, zweifeln, indem man wohl glaubte, mich auf
diese Weise zu zwingen, jenes Mädchen zu heirathen. Ich
sagte dieses den guten Leuten und versicherte, es sei dieses
ganz zwecklos, da ich in keinem Falle mich nöthigen lasse,
gegen meine Grundsätze zu handeln.

Ich traf nun im Stillen eine Verabredung mit einem
armen Teufel, der einen Kahn hatte, und mir ein ganz ehr-
licher Bursche wenn auch ziemlich beschränkten Geistes zu sein
schien; ich versprach ihm zwanzig Pfund, wenn er mich auf
das Dampfschiff bringen werde, — und er versprach zur be-
stimmten Stunde bereit zu sein. Das war auch der Fall,
er verlangte aber, daß er erst abfahren müsse, wenn der Kahn-
führer mit seinem Kahne zurück sei, weil sonst dieser mit seinen
Gehilfen ihn an seinem Vorhaben hindern würde. So geschah
es auch, — kaum war Jener zurück, als ich in den Kahn
des gedungenen Schiffers sprang, und wir schnell vom Ufer
abstießen. Der Bursche war aber entweder sehr ungeschickt,
oder die Aufgabe war zu schwer für ihn, — es gelang uns
nicht, das Danipfschiff zu erreichen, bis dasselbe zur Abfahrt
fertig war. Ich sah bald die Maschine des Dampfers in
voller Thätigkeit, der Raum zwischen ihm und meinem Kahne
wurde immer größer, und ich mar endlich froh, als ich wieder
auf dem Lande war und den spöttischen Blicken der an dem
Ufer harrenden Menge enteilen konnte.

Noch gab ich es nicht auf, meine Flucht zu bewerkstelligen;
ich versprach dem Kerl den dopplten Lohn, ließ mein sämmt-
liches Gepäck zurück, sorgte dafür, daß er ein zweites Ruder
mitnahm, und ersuchte den Kapitain des nächst anlegenden
Dampfschiffes, indem ich ihm die ganze Situation auseinander-
setzte, auf meinen Kahn Acht zu haben und mich aufzunehmen.

Es ging diesesmal Alles vortrefflichkaum waren wir
in dem Kahn, so ergriff ich das zweite Ruder und unterstützte
mit allen Kräften die Bemühungen des Schiffers — aber
dennoch kamen Ivir sonderbarer Weise dein Schiffe nicht näher,
und endlich glaubte ich zu bemerken, daß mein Kahnführer
absichtlich falsch steuere. Wüthend über diese Treulosigkeit
zog ich ein Pistol aus der Tasche, spannte den Hahn, und
drohte den Kerl zu erschießen, ivenn wir das Dampfschiff
.nicht erreichen würden — in demselben Momente sprang aber
derselbe mit einem lauten Schrei über Bord — die dadurch
bewirkte Schwankung des kleinen und leichten Kahnes bewirkte
leider, daß er umschlug. Ich stürzte in das Wasser, und da
ich ein schlechter Schwimmer bin, so mußte ich froh sein,
mit Hilfe des Schurken das Ufer zu erreichen. Da ich durch
das Rudern mich sehr erhitzt hatte, so zog ich mir durch
das unfreiwillige Bad eine Krankheit zu, welche mich mehrere
Wochen an das Bett fesselte.

Was war nun zu machen? Die regelmäßige Verbindung
Helgolands mit dem Fcstlande war für den Rest des Jahres
und für das folgende Jahr bis zur Wiedereröffnung der Saison
unterbrochen, ich mußte mich in das Unabänderliche fügen.

Die Qualen dieser nicht enden wollenden sechs Monate

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Auf Helgoland"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gepäck
Verweigerung
Dampfschiff <Motiv>
Empörung
Karikatur
Transport
Kurgast <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Engländer <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 586, S. 75
 
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