Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bö rsenmeyer's häusliche Zustände.

j 98

Geheimniß, muß er gar nich thun wie dergleichen. Wär er
gekimmeu ßur Börsch mit en langes betribtes Gesichte, hätte
er gekriegen von de Kredits mit 149 so viel, als er hätt
haben gewellt.

Aber itzt gib mer ßu essen, Frah, ich Hab en gewaltigen
Hanger. Was hast De? Rindfleisch mit Gemis? Soll mer
Gott helfen! Kann ich doch nich essen Rindfleisch mit Gemis,
wenn die Kredits stehen 155! Schick rasch in's Hotel nach
gebratnen Hammelbraten init seine Kimpots un ahne Flasche
Rheinwein! Halt, wenn de Kredits stehen 155, werd ich doch
j trinken ahne Flasche Schampagnerwein mit Mussöh! Oder-
Halt, laß nur bringen 'ne halbe Fasch Schampagner, denn
iner kann nich wissen — vielleicht stehn Morgen de Kredits
j 154 un da muß mer doch sein vorsichtig in de Haushaltung.

Heint Nachmittag sollst De nehmen mit de Kinder en
! Fiaker nn da sollt er drin sitzen spaßieren gefahren ßn werden.
Muß doch de Familche nach genießen das Baterglick von de
Börsche! Un das neie Seidenkleid sollst De aach kriegen, was
De Dir hast gewunschen, mit de Wollangs, wie's hat de
Gräfin Meerblitz. Wollen wer uns doch nu aach vermischen
mit de Hohtewollöh un abenniren en Sperrsitz in's Thiater.
Un de Kinder solln kriegen Klavierstund ahf'n Fligel mit Ge-
sang. Beitelche hat wollen werden gewollt Ofseßierer — er
soll's werden, ich wend's dran.

Na, Frah, bin ich nich heint liebenswerdig bis ßum Ex-
preß — wie de Dichter sagen? Komm gib mer en Kuß.
Schmeckt doch prächtig so en Kuß, wenn de Kredits 155 stehn!

b. Börsenmeyer's häuslicher Zustand, wenn die Creditmobiliers

wieder 5°/o gestiegen sind.

Börsenineyer (kommt verklärt nach Hause.) Gib mer
! en Stuhl, Frah, ich kann nich mehr! Mahn Körper geht ahner
allgemeinen Geschäftsauflösung entgegen. Ich halt's nich aus!
Da lies, such mal de Kredits ahf den Korschßettel! Na, hast
De se? Hundertsechßig! Was sagst De daßu? Wieder ausge-
ßeichnete Benachrichtigkeiten von de Pariser Börsch ! Allgemeine
Hoffe! Ich Hab noch nich verkahft, denn De sollst sehn, Se
gehn noch höher. Hab ich doch gehaben de vergangene Nacht
Wadenkrampf in's linke Bein un das is en prechtiges Szeichen.
S'hat aach ßugetroffen. Se haben gekahft in de Kredits wie
tolle un getrieben, immer höher getrieben haben se se.

Goldschmidt is gestanden da un hat sich mit de geballte
Faust geschlagen in's Gesichte, weil er nich hat gekahft Gestern
fer 156, wo er se noch hätt kriegen ßu haben gekonnt.

Wer werden speisen hejnt nich ßu Hause, sondern aber
wer werden gehn in's große Hotel, wo de Grasen essen un
de Ferschten. Mit unfern Hauswert Hab ich aach gesprecht
ahf der Trepp un Hab gesogen: „Sc wollen entscholdigen,
aber wer werden ßiehen ans nächsten Monat un wer werden
uns kahfen selbst ahne haisliche Besitßamkeit. S'is mer doch
jetzt ßu klein in Ihr Haus, wenn ich will geben Gesellschaften
un Assamblehungen, wo wer missen haben grauße Salons."

Na, was sagst De, Frah? Werden wer doch nu aach bald
dastehn wie de graußen Börschenbaruhne, wo mit ihre vier-

spennigen Stolz fahren an uns vorbei un nicken immer nur
mit de Köpp, wenn se uns begegnen. Nich wahr, recht Hab
ich's gemachen; das wnßt ich doch ßum Voraus. Komm gib
mer en Kuß! Aß er doch schmeckt heint noch um finf Proßent
besser als gestern der Kuß. Soll mer nich sagen, daß de
Lieb kann aach steigen init de Akßien?!

e. Börsenmeyer's häuslicher Zustand, wenn die Creditmobiliers

noch 10"/° gestiegen sind.

B örsenmeyer (den seine Karosse von der Börse abge-
holt hat.) „Johann, wenn Nachmittag sollte Jemand nach
mer fragen, sagst De, ich wär ßum Dineh beim Herrn Minister
eingeladen gewesen geworden. Un dann kannst De gehen un
holen verschiedene Muster von Liwröhrockknüppe mit Wappens
drauf; De sollst tragen in de Szukinftigkeit 's Kostihni wie
en ferschtlicher Serwitör. Un daß De nich mehr sprichst
driben mit den Bedienten vom Banquier Rosenblatt. Is der
Rosenblatt doch ahne gar ßu kleine Ferma, un mer muß
immer halten aach ahfs aißere Exteriör. Hast De mer ver-
standen? S'is gut. Sag den Koch, er soll ahftragen 's Dineh!"

„Frah! Bist De da? Du siehst mer hier als Krösus,
wie die Dichter sagen, wenn Einer is recht reich. Sieh mer
nur recht an, Hab ich mer nich ganz verändert? Hab ich nich
so 'ne gewiße Ablombse? Un das machen Alles de Creditcheus!
Hast De nich gesehn? Wie sein se heint wieder gestiegen in '
de Höh! S' werd mer ordentlich schwindlich, wenn ich dran :
denke. Ich hätt können verdienen ßwanßig tansend Golden, j
wenn ich hätt losgeschlagen. Aber der Meyer is nich ahf'n j
Kopp gefallen. Ich Hab se behalten un Hab gefixt per Ultemo j
mit dreiunachßig! Ich steh jetzt da als der König von de Börsch.
Se machen mer Kimplementer un Bicklingse bis an de Erde j
un itzt nick ich aach mit so 'ne Herabgelassenheit, wie mir j
haben angenickt friher immer de vierspennigen BanqnierZ, j
wenn ich bei se bin vorbeigegangen.

Aber der Goldschmidt! Thut mer doch leid, der Mann! !
Hat er sriher doch immer geschrien un geschmutzt ahf der Börsch, !
als wenn er mär dort ganz alleine. Itzt is er meischenstill !
un sagt gar nix, aber vor Aerger hat er sich schon weggebissen i
de halbe Szunge. Hat er doch aach heint gefixt, aber ahf de !
Bässe Per Ultemo; soll er sich noch abbeißen de andere Helft
von de Szunge, wenn der letzte Ultimo is da un er werd
sollen beßahlen de Differenßen. Wenn er mer itzt ansieht,
werd er donkelbrann un vigelettfarbig in's Gesichte.

Aber sieh nur an! Wie lacht heint de Natur so freindlich.
De Bögelcher ßwittschern so frehlich, als ob se aach hätten j
in de Creditmobiliers gemachen. De ganße Gegend scheintj
mit de Lackirung der Frehlichkeit angemalen ßu sein. S' geht !
mer doch nix iber de Natur nu aß ich weiß, daß De aach j
bist ein weiblicher Verehrer von's Landleben, Hab ich de Ab-
sicht ßu kahfen enne Willa. Haben wer doch itzt Wagen nn ;
Pferde, missen wer doch aach haben enne herrschaftliche Land- i
Partie. Na, so fall mer nur nich gleich so heftig nm'n Hals, j
Frah! Ich hab's doch getvußt, daß ich Dir werd machen enne ;
grauße Freid dermit.
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen