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Herzog Christoph'

glaub gar, da ist Einer närrisch worden." Dann legte er
sich wieder zu Bett. Gertraud aber meinte, sie möchte vor
Angst vergehen, schon sah sie Philipp in Ketten und im Fal-
kenthurm. Tie ganze Nacht schloß sie kein Auge, und seufzte
gar oft halblaut: „O du lieber Gott, was hast du denn gar
so 'n bösen Bub'n draus g'macht!"

7.

Am nächsten Tage stand der Kaufherr frühzeitig vor
Herzog Christoph. Sein Zorn hatte nachgelassen und er er-
zählte mit lachendem Munde, was ihm begegnet sei, auch
wie er getobt habe, daß er den Mond vom Himmel gestochen
hätte, wär' er zu sehen gewesen. Herzog Christoph dachte
an Niemand Anderen, als an Herrn Florian und seinen
Philipp. Er lächelte und sagte: „Also wolltet Ihr keine
Rache nehmen?"

„Nein, gnädigster Herr Herzog," antwortete Jener, „aber
kennen möcht' ich den verwegenen Gesellen, und weil er den
verwünschten dicken Nebenbuhler auch in's Wasser geworfen,
möcht' ich ihn heute lieber belohnen, denn strafen."

„Ich glaub', er ist nicht so gar ferne von Euch," sagte
Christoph. Herr Zunrith sah ihn groß an und es fiel ihm
recht heftig ein, daß der Herzog gestern gesagt, er kenne die
Jungfrau und gehe zum Vater, mehr Anderes auch dazu.
„Gnädigster Herr Herzog," sprach er lachend, „sagt mir zu
Gunst — aber nein, es wär' ja zu toll!" —

„Was meint Ihr, Herr Kunrath?" Der Kaufherr lachte
immer heftiger.

„Was soll das?" fragte Christoph betroffen.

„Man erzählt sich so viel Ungeheueres von Euerer
Kraft —"

„Beim heiligen Christoph," rief Jener, „Ihr glaubt
am Ende gar, ich hätte Euch in den Bach geworfen? Da
seid Ihr wegab gekommen, Herr Zunrith!"

Der Kaufherr war bestürzt, hatte aber keine Zeit zu
Entschuldigungen, denn im Vorgemache wurde ein großer
Lärmen hörbar, an dem der wohlweise Herr Florian schuld
war, welcher Philipp in großem Zorn angefallen, und ihm
drohte, die Stunde der Rache sei da. Ohne weiters kam er
auch mit brennrothem Gesichte keuchend herein und kniete
mft Hülfe seines Stoßdegens vor den Herzog nieder.

„Rache, Rache," flehte er, „Rache, allergnädigster Herr
Herzog! Ich bin entsetzlich beleidigt, die Amtsmajestät, die
Würde des Magistrats, die Würde der Stadt, Alles ist ver-
loren, wenn Ihr nicht helft. Denkt, welche unerhörte That!
Kaum vermag ich es zu sagen! Denkt, ein Elender hat es
gestern Nachts gewagt, mir zu drohen, mich in den Bach
unter der Hochbrücke zu werfen, und ein Anderer hat mich
— o Gräuel, o Schandthat, o unerhörter Frevel — ein
Anderer hat mich wirklich hineingeworfen! Beil, Galgen,
Schwert. Rad, Biertheilen, alles recht, nichts zu viel für
den Frevler. Rache, Rache, gnädigster Herr Herzog!"

Jetzt sah also Herr Kunrath seinen ersten Feind beim
Tageslicht, Herr Florian aber fuhr in einem Strome fort zu
erzählen, und so erfuhr Herzog Christoph zu dem, was er schon
wußte, das, was er sich dazu gedacht, daß es sich um seinen

Wurf und Sprung.

Philipp handle. „Wohlweiser Herr," sagteer, „ich begreife
Eueren Zorn. Philipp;" ries er. Herr Florian stand müh-
selig auf.

„Was befehlt Ihr, gnädiger Herr Herzog?" sprach Phi-
lipp eintretend.

„Hast du gestern zwei Herren in's Wasser geworfen?"

„Das Hab' ich, Herr Herzog."

„Wer waren die Herren?"

„Ja, wie sollt' ich sie kennen, gnädigster Herr Herzog?
Es war stockfinstere Nacht. Sie haben zwar viel und mehr
durcheinander gestritten und geschrieen, aber in der Wuth
verändert sich die Stimm', da kann man auch nit Jeden er-
kennen; so Hab' ich nur vernommen, daß sie es Beide auf
des Bildschnitzers Gertraud abgesehen, und da der Eine ver-
lauten ließ, Den möchte er sehen, der ihm die Gertraud
streitig mache, so fuhr ich geradeswegs auf ihn zu, rief: I ch
mache sie dir streitig, Hab' dick 'und dünn je Beide in's
Waffer geworfen und wären Ihrer noch sechse gewesen, 's
wäre ihnen meiner Seel nicht besser gegangen." Jetzt sah
Herr Kunrath seinen Hauptfeind beim Tageslicht.

„Also Ihr behauptet, mich nicht gekannt zu haben?"
rief Herr Florian wüthend.

„Was tausend, wohlweiser Herr, Ihr wärt es gewesen?
das thut mir leid," sagte Philipp.

„Und mich auch nicht?" rief Kunrath lachend.

„Was Blitz tausend, Ihr wärt es gewesen? ei, ei, das
thut mir leid!" wiederholte Philipp.

Herr Florian aber trat majestätisch auf den Kaufherrn
zu und sprach: „Also Ihr seid es gewesen, Herr, der mir
drohte?"

„Ich war es," entgegnete Kunrath, „dafür steh' ich
Euch sogleich zu Zweikampf und Sühne."

Herr Florian schlug sehr heftig auf das Gefäß seines
Stoßdegens, maß den Kaufherrn von oben bis unten, und
ging dann, als sei ihm sein Gegner nicht genug bedeutend,
wieder an seinen alten Platz.

„Liebe Herren," sagte Christoph, „das ist eine böse
Sache. Der Philipp ist eben einmal in die Gertraud verliebt,
so wie Ihr auch. Was Euch gerecht, ist Anderen billig. Ihr,
Herr Kunrath, wolltet den alten Herrn in's Wasser werfen,
der alte Herr hätte Euch gerne todtgestochen und den Phi-
lipp wohl auch gerne in's Wasser geworfen —"

„Einen Mühlstein am Hals, soll man ihn in den
Starnbergersee versenken, wo er am tiefsten ist," schnaubte
der wohlweise Rathsherr.

„AlsoJhr," entgegnete Christoph, „hättet allerwegen nöch
Schlimmeres im Sinn! Zudem hat er Euch Beide nicht gekannt.
So vergebt Euch vorläufig einander; seht, in der Lieb' gibt's
viel Ungemach und Abentheuer, das darf Keiner scheuen, der
fürder will auf dem Pfad. Das habt Ihr schon erfahren.
Ja und damit ist's noch nicht abgethan! Als hält' es die Jung-
ftau vorausgesehen, wie die Herren gar wilde Helden seien,
hat sie einen Entschluß gefaßt, der Euch vielleicht absonderlich
däucht. Tie Jungftauen haben nun einmal zu mancher Zeit
solche Grillen und eigensinnige Vorsätze, das Beste aber dabei
ist, es führt Euch zum Ziel! Kurz, wer das vollführt, was
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