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Der Käse als Brautwerber.

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"Der Herr Hausmann hatte das Glück, drei gleich liebens-
würdige Schwestern kennen zu lernen, just da er mit dem
Gedanken umging, sich für seine Lcbcnsreise eine Gefährtin
zu suchen und man sagt — was ich indessen keineswegs be-
haupten kann — daß sic auch alle drei in der Ahnung dieses
löblichen Vorhabens bemüht waren, seine Aufmerksamkeit, re-
spektive sein Herz, zu erregen und zu fesseln.

Aurelia, die älteste, war außerordentlich gebildet und gar
lebendigen Geistes, las den Jean Paul, schrieb sogar passable
Verse, spielte das Klavier wie ein Liszt und sang entzückend
schön wie eine Jenny Lind; Angela aber, wenn sie auch in
dieser Beziehung ihrer Schwester nicht gleich kam, übcrtraf sie
dagegen wieder an Schönheit und Liebreiz in weit höherem
Grade und erfand und stickte die herrlichsten Muster, nicht zu
reden von dem feinen Geschmacke, mit dem sie sich zu k.leiden
wußte, während die jüngere Gertraud von den Vorzügen ihrer
Schwestern nur je einen bescheidenen Theil in sich zu vereini-
gen schien, und sich eigentlich durch nichts Besonderes auszeichnctc.

Er befand sich in der That in einer weit schwierigeren
Lage, als weiland Herkules am Scheidewege, denn bald meinte
er jener, bald der andern, bald wieder der jüngeren den Vor-
zug geben zu müssen. Die Wahl fiel ihm erschrecklich schwer,
und nebenbei fürchtete er schon einen Mißgriff und bangte
um sein Lebensglück; denn er suchte bei seinem nicht eben
glänzenden Einkommen vor Allem eine gute Hausfrau und
die findet man in unfern luxuriösen Zeiten leider eben so sel-
ten, als einen Gymnasiasten, der keine Verse macht. Zudem
hatte er bisher auch keine der drei Schwestern in diesem Punkte
zu beobachten Gelegenheit gehabt. Aber sein Genius brachte
ihn aus eine recht glückliche Idee, die ich allen Heiraths-Can-
didaten in ähnlichen Fällen angelegentlichst empfehlen möchte.

Herr Hausmann lud nemlich bei günstiger Gelegenheit
die drei Grazien bencbst ihrer Mutter zu einem Spaziergang
nach dem besuchtesten, reizendsten Orte der Umgegend Klcin-

stadts ein und verfehlte nicht, daselbst seinen Gästen unter
Anderm auch —• Schweizcrkäsc vorzusetzc». „Schweizerkäse!"
wird da wieder manches Salondämchcn oder Instituts-Fräulein
naserümpsend ausruscn — „Schweizcrkäsc!" Warum nicht?
Ja und noch dazu ganz appetitlichen, prächtigen, ächten Em-
menthalcr Schwcizerkäse. Und er hatte sich in seinen Erwart-
ungen auch nicht getäuscht, der feine, kluge Herr Hausmann.
Die hochgebildete, geistreiche Aurelia schien sogar vollkommen
damit einverstanden zu sein, denn sic verspeiste ihr gut Theil
ohne Bedenken, gleich so, wi( cs auf den Tisch kam.

„O weh!" rief Herr Hausmann im Stillen, „ihr fehlt
die Reinlichkeit!" Und Reinlichkeit liebte er über Alles, wie
! eine Biene.

Diesen Vorwurf konnte man der himmlischen Angela hin-
gegen freilich nicht machen, denn sie schnitt nicht nur die
Käserinde, sondern damit auch ein gut Theil von dem Käse
selbst hinweg. Und wieder rief er im Stillen: „'O weh! sie
ist eine Verschwenderin!"

Die jüngste, Gertraud, aber — und cs ist ja eine alte
Erfahrung, daß die Jüngsten zumeist auch die Bevorzugtesten
sind — sic schabte die Käserinde sein säuberlich ab, nicht mehr
und nicht weniger, als nothwcndig, und entbehrte dabei einer
erfreulichen Zierlichkeit keineswegs. Herr Hausmann sah es
mit Vergnügen.

„Sic ist reinlich und haushälterisch, die Holde!" jubelte
es in ihm — und daß ich's kurz mache, bald führte er sie
heim und segnet den Augenblick heute noch, der ihm diese List
cingcgcbcn, nicht minder die junge, glückliche Hausfrau.

Seit diesem Ercigniß ist in Kleinstadt an allen öffent-
lichen Vcrgnügungsortcu bei den Damen der Käse Mode ge-
worden und keine versäumt, denselben mit unnachahmlicher
Häuslichkeit und Grazie mit dem Messer zu schaben, insonder-
heit die geistreiche Aurelia und die reizende Angela — aber
es hat außer ihnen bisher weiter Niemand angebiffcn.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Käse als Brautwerber"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Brautwerbung <Motiv>
Speise <Motiv>
Schwester <Motiv>
Prüfung
Gartengaststätte
Junger Mann <Motiv>
Käse <Motiv>
Karikatur
Partnerwahl
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

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Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 741, S. 87
 
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