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Plaudereien aus der Schummerstunde.

daß es dabei bliebe. „Der Alte soll's mir büßen!" dachte sie,
während Caroline sich vor Angst und Verlegenheit gar nicht
zu helfen wußte. Kaum hatten sie Platz genommen, als auch
der alte Herr im schönsten Sonntagsputz angerückt kam und
nach einer steifen Verbeugung Platz nahm. Caroline sah tief
crröthcnd auf ihren Teller, da sie sich nun so dicht neben dem
Vater ihres Geliebten befand, Lutschen aber wandte sich trotzig
von ihm ab und that, als ob sie ihn gar nicht bemerke. „Aha!
die ist's!" dachte der Alte, „sie ist bös." Nun sah er sie ver-
legen, wie er ein Gespräch anknüpfcn solle, von der Seite an,
und da mußte er sich denn gestehen, daß sein Sohn keinen
so üblen Geschmack bewiesen habe, indem er sich diese frische
Schönheit mit den blitzenden Augen zum Liebchen erkoren.
Endlich nahm er sich denn zusammen und wandte sich mit
einer Frage an seine Nachbarin. Aber da ging-es ihm schlecht.
So höflich er sprechen mochte, immer wurde er gar schnippisch
abgctrumpft und nicht einmal einen freundlichen Blick konnte
er erhaschen. Das war nun grade etwas für unfern Alten.
Er amüsirte sich königlich über das „Blitzmädel" wie er seine
Nachbarin im Stillen öfters benannte, ward immer freund-
licher, je böser Luischcn ward, da sie ihren Zweck, den hart-
herzigen Papa zu ärgern, gar nicht erreichen konnte und als
endlich die Tafel aufgehoben ward, empfahl er sich höflich,
indem er noch seine Freude ausdrücktc, eine so angenehme Be-
kanntschaft gemacht zu haben. „Nun, wie -ist's Ihnen ergangen,
Vater?" rief ihm Lotte neugierig entgegen, als er nach Hause
kam. Sie erhielt aber keine Antwort, sondern der Alte schritt,
sich die Hände reibend, im Zimmer auf und ab und lächelte
nur immer still in sich hinein. Endlich blieb er vor der un-
geduldigen Tochter stehen, legte ihr beide Hände auf die
Schultern und sagte: „Wenn er sic nicht mehr mag, nchm'
ich sie selber, verstanden?" Daß Lotte kein böses Gesicht zu
dieser Nachricht machte, könnt Ihr euch denken, die weiteren
Verhandlungen mit der Madame Silber zu Stande zu bringen,
wurde ihr nicht gerade schwer und daß endlich Freund Schmidt
sich beeilte, nach B. zu kommen, natürlich nur aus Angst,
oer Papa möchte ihm seine Braut vor der Nase wegschnappcn,
war ihm auch nicht zu verdenken. Das Wiedersehen wurde im
Hause des alten Schmidt gefeiert und man kann sich das Ent-
zücken des glücklichen Bräutigams denken, als er nach allen
Widerwärtigkeiten seine Caroline in die Arme schließen durfte.
Bei dieser zärtlichen Scene aber stand der alte Herr da, als •
hätte ihn der Schlag gerührt. Den Mund geöffnet sah er
immer von der Gruppe auf Madame Silber, von dieser aus
Lotte und von Lotte auf Luise, als wenn er von dieser Lösung
dcö Räthscls erwarte. Letztere aber, welche den wahren Zusam-
menhang ahnte, konnte, als sic das gar zu verwunderte Ge-
sicht ihres Tischnachbars sah, sich nicht mehr halten und brach
in ein herzliches Gelächter aus, worin die Mutter, Lotte und
endlich auch der Alte selbst von Herzen mit cinstimmten. Mein
Freund wußte gar nicht, was das zu bedeuten habe, wurde
aber alsbald von seinem Vater aufgeklärt, welcher ausricf:
„Junge, was hast Du aber für einen schlechten Geschmack!"
ohne die Grobheit zu bedenken, die er damit der Braut seines

Wo hat der Tag nur 23 Stunden? 175

! Sohnes sagte. Nun, es war aber einmal nichts mehr zu machen,
er mußte jetzt wohl ein guter Vater sein und die Hcirath mit
Caroline gestatten, hat cs auch später niemals bereut, denn
die frühere Schauspielerin wurde die beste Schwiegertochter
- und Hausfrau und als sic ihn nun gar erst mit Enkeln" —
„Gut, daß die Geschichte, endlich aus ist," unterbrach den • Er-
zähler hier die Hausfrau, „es ist schon sehr spät und wir
müssen Licht anstecken." Der junge Arzt aber sagte halb laut
zu seiner Frau, indem er nach deren Mutter hinschicltc: „Es
ist doch recht gut, daß der vr. Schmidt seine Caroline bekom-
men hat, wer weiß, ob ich sonst meine Elise gesunden hätte!"
und der Onkel, der cs gehört hatte, setzte hinzu: „hm, ja,
wer weiß, ob da unsere Frieda nicht dasselbe denkt, der
Adolph —" „Aber jetzt schweigen Sie still! Herr Doktor!"
fuhr die Mutter etwas ärgerlich auf, indem sic rasch die große
Lampe anzündcte.

Das jüngste Töchtcrchen aber, das lange Zeit nachdenk- ;
lich dagcsesscn hatte, meinte am Ende: „die andere Geschichte '
mit dem Pudel war doch viel hübscher."

Wo hat der Tag mir 23 Stunden?
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"Wo hat der Tag nur 23 Stunden?"
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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G 5442-2 Folio RES

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München

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Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 752, S. 175
 
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