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178 D i e Rache des

der Abgott von ganz L., wenigstens von der männlichen Ein-
wohnerschaft. Das bloße Namcnsvcrzcichniß ihrer Anbeter würde
dicke Bände zn füllen im Stande sein, daher nennen wir nur
diejenigen zwei, die am meisten in Licbcsgluth für sie auf-
loderten im

Zweiten Kapitel.

Unweit von Annas Behausung war das herzogliche Post-
amt und neben diesem wieder das Haus des Kaufmann F.
gelegen.

In F.'s von der ganzen Einwohnerschaft frequcntirtcn
Laden herrschte als Dirigent des Geschäftes ein junger Mann,
den wir Robert nennen wollen. Er war „Ladenschwengel"
in des Wortes umfassendster Bedeutung. Auf seinen Lippen
schwebte ein ewiges Lächeln und das von ihm den cintrctenden
Kunden zugcrufenc: „Was steht zu Dero Diensten?" —
war auf dem ganzen Contincnt ohne Gleichen an bezaubern-
der Höflichkeit. Der Bau seiner Locken war eben so untadcl-
haft, als die Schleife seiner Cravatte, die der ganzen Stadt
als Muster diente. Die Vatermörder waren eben so hoch als
weiß und sein Schnurrbart beschrieb die verführerischesten Bo-
gen. Nicht er war cs, der der Mode huldigte, sondern die
Mode ließ sich von ihm die Klcidcrformcn vorschrcibcn.

Er, der Abgott so vieler Schönen von L., war ein glühen-
der bisher noch stummer Verehrer Annas und diese war
nicht gefühllos gegen Roberts Aufmerksamkeiten, obgleich ihre El-
tern die größte Abneigung gegen Robert an den Tag legten.

Das Postgcbäude barg in der Person des Sckrctair
Ludwig den andern der eifrigsten Anbeter Annas. Allein die
schmucke Uniform des Staatsdicncrs konnte dennoch dessen
rothc Haare nicht vergessen machen, ebensowenig als man
über den schielenden Blick Ludwigs dessen entschieden nach
auswärts gebogene Beine übersah.

Wie Robert der Abgott der weiblichen Bevölkerung von
L. war, so war Ludwig allgemein gefürchtet, obgleich er den
Schönen jedwede Verehrung bezeigte. Mehr noch als seine
schiefen Beine fürchtete man den Blick seiner Augen, da man
nie sicher mar, welches von beiden etwas betrachtete und wo
während der Zeit das andere hcrumschwcifte.

P o st s c k r c t a i r s.

Ludwig war häßlich, aber er war Staatsdicner und dies gab
ihm großen Werth in den Augen von Annas Elter», die auch
seine bewerbenden Aufmerksamkeiten gern sahen, während Anna
den Postsckretär floh, wie den Tod.

Drittes Kapitel.

Den Geburtstag des Landesfürstcn feierte man in L.
stets durch einen solennen Ball, an dem die sämmtliche Imutö
volee Th eil nahm. Daher kam auch der große Patriotismus
der Damen, die nicht nur dem Fürsten ein ewiges Leben, son-
dern ihm fast noch aufrichtiger von Herzen sechs Gcburtsfeste
statt eines einzigen im Jahre wünschten.

Robert hatte schon längst mit hoffender Ungeduld diesem
Ball entgegen gesehen, denn dort glaubte er Anna seine Liebe
erklären zu können, was ihm bisher nicht möglich gewesen
war. Wohl waren die Blicke, die er stets der an der Handlung
vorbcigchcndcn Anna zuwarf, beredte Boten eines glühenden
Herzens und wurden eben so verständlich, wenn auch etwas
bescheidener von Anna liebäuglich beantwortet; aber zum ersten
Male sollte den gleichgesinnten Seelen dort im Ballsaale
Gelegenheit geboten werden, mit einander zu sprechen, was
bisher die Eltern Annaö immer zu verhindern gewußt hatten.

Ludwig erwartete den Balltag ebenfalls mit klopfendem
Herzen, denn auch er sollte dort zum ersten Male der Gelieb-
ten gegenüber treten, da er bis jetzt nur die Meinung der Eltern
über seine Person erforscht hatte und diese für ihn höchst günstig
war. Den Rest der Eroberung hoffte Ludwig durch seine
Liebenswürdigkeit und durch die Uniform des Staatsdiencrs
zu vollenden.

Der Ballabend erschien und — wer könnte wohl daran
zweifeln! — Anna war die Königin unter den vielen blühen-
den Mädchcngcsichtern. Alle Männer suchten ihren Blick wenig-
stens auf kurze Zeit zu gewinnen, doch Anna hatte nur einen
Gegenstand, den sie suchte, indem ihre Augen durch den Saal
schweiften.

„Sic sucht 'mich!" jubelte der Postsckretair innerlich. .

„Mich sucht sic," hoffte zitternd der schöne Robert und
er hatte Recht. Die Staatsuniform Ludwigs mochte sich um-
sonst in den Gesichtskreis der Gepriesenen drängen, Annas
Augen wußten dennoch bald ihren Robert hcrauszufindcn.
Amor stand unbemerkt im Hintergründe des Saales und drehte
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Rache des Postsekretairs"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Kaufmann <Motiv>
O-Bein
Enthusiasmus <Motiv>
Blick <Motiv>
Junger Mann <Motiv>
Beamter
Karikatur
Uniform <Motiv>
Liebhaber
Laden <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 753, S. 178
 
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