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Der gefällige Pastor.

grüßt den ehrlichen Meister David und sagt ihm, daß ich
bei Gelegenheit schon einmal wieder gefällig sein wolle. Uit
damit schop hei mit taur Dör haru't."

„Na, dat gescheit ns schon recht," schloß David diese
Unterredung, indem er sich hinter den Ohren kratzte, „warum
sin wi sau dumm ewest." Aber vergeben und vergessen könnt'
er's dem Herrn Pastor doch nicht

Einige Tage nach Pfingsten dcssclbigcn Jahres war Mei-
ster David Frühauf wieder zur Stadt gegangen, um außer
anderen Bedürfnissen und Einkäufen auch für den Herrn
Amtmann ein Sümmchen Geldes von dem Banquier mit heim-
zubringen. Als er seine Einkäufe und Bestellungen gemacht,
ging er mit seinem vollen Korbe zu dem Banquier und gab
den Brief des Herrn Amtmanns ab. „Ihr bekommt fünf-
hundert Thaler mit, Meister Frühauf," sagte der Banquier.
„Hier ist ein Kassenbcutel mit fünfhundert Thalern."

„Härrjeses!" rief Meister David erschrocken, „häwwet
Sei denn kein Papiergeld? Wo soll ik denn dän unflätigen
Büdel hendau'n?" — „Ja, da sch' Er zu, wie Er damit
fertig wird," meinte der Banquier gleichgiltig, „der Herr
Amtmann hat eigens klingendes Courant verlangt und außer-
dem, wenn ich ihm auch wirklich Kassen-Anweisungen und
1 Bantscheine geben wollte, so tonnte ich's nicht einmal, da ich
gerade keine habe."

Wohl oder übel mußte David seine Siebensachen aus
dem Korbe wieder anspacken, um den schweren Beutel zu un-
terst zu legen. Dann machte er sich gleich ans den Heimweg,
um noch vor Abend zu Hause zu sein. „Et wärt schon gähn,"
dachte er, „wenn't ok en Böttchen na hinnen wuchtet." Es
ging auch wirklich so ziemlich, bis er etwa fünfhundert Schritte
von der Stadt entfernt war. Aber da fing der flämische
Beutel an, so sakrisch nach hinten zu ziehen, daß Meister-
David nicht wußte, wie er sich halten sollte. Bald zog ihn
der schwere Bündel im Korbe ganz rücküber, daß er fast
rücklings überfiel, bald machte er, um sich's zu erleichtern,
einen solchen Katzenbuckel, daß er fast mit der Nase die Erde
berührte. Aber so oder so, es war auf keinerlei Weise auf
die Dauer auszuhalten. „Härr' ik doch man meinen Schube-
karren bi mit," seufzte er, „dann wörret man 'n Spaß."
Und als cs nicht ferner ging, ohne daß er Gefahr lief, sich
das Rückgrat zu verbiegen, setzte er den Korb ab und packte
seine Siebensachen aus und nahm den Beutel, um ihn mit
der Hand zu tragen. Er faßte ihn am Kopfende und trug
ihn hcrabhängend mit der rechten Hand.

So ging's freilich besser, aber leider nur eine Weile.
Denn der schwere Beutel schien mit der Zeit sein Gewicht zu
verdoppeln und zog ihm den rechten Arm fast aus dem Ge-
lenke, und wenn er mit dem Körper etwas nachgab, ja dann
stieß der dumme Sack an den Boden, und dann war's vollends
aus. Als sein rechter Arin durch den Beutel um einige Zoll
länger geworden, erfaßte er ihn mit der linken Hand, und da
ging's endlich besser. Aber leider auch nur wieder für kurze
Zeit. Bald fing der Beutel wieder an, unausstehlich zu ziehen
und auch sein linker Arm dehnte und streckte sich, als ob er

Der sonderbare Wunsch. 1 ST

von Kautschuk gemacht wäre. Wohl oder übel, er mußte sich
dazu bequemen, den Beutel wieder eine Zeit lang am rechten
Arme und bald darauf wieder am linken zu tragen. Dann
warf er ihn in Verzweiflung gar über die rechte Schulter und
als diese fast zerquetscht war, über die linke. Zuletzt kreuzte
er beide Arme vor der Brust und legte den Beutel darauf.
Und so trug er ihn, bis er in beiden Armen zu gleicher Zeit
den Krampf bekam und den Beutel zur Erde fallen lassen
mußte. „Na, da lieg du dumme Bndel im Dreck!" rief er
ärgerlich, „dat schiet dik schon recht, wat bust du san swär!
Un wenn mit Einer glieks düsend Lujedore von Gold schenken
dätc un ik solle sei in vier güde Groschenstücken oppen Puckel
dragen, nä! nich rühr au. Wat ichtens in der Welt mög-
lich is tan trage, dat trag ik; aber siefhundcrt Thaler mit sich
rumschleppen, dat is'n Ding der Unmöglichkeit." (Schluß f.)

Der sonderbare Wunsch.

Frau (liest): „Es gibt so grausame Sklavenhändler in Süd-
amerika, daß sie, selbst die heiligsten Bande nicht achtend, den
Mann vom Weibe trennen und Beide in weit von einander
entfernte Gegenden verkaufen. So meldet diese Zeitung." —
Mann: „Welch glückliches Land! Warum bi» ich nicht Sklave
in Südamerika bei einem der grausamsten Menschenhändler!"

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der sonderbare Wunsch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Sklavenhandel
Zeitungslektüre
Ehefrau <Motiv>
Gespräch <Motiv>
Geringschätzung
Ehe
Karikatur
Ehemann <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Haareraufen <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 858, S. 187

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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