150
Der guate Morgen.
Und da hätt's no Spitakel a'gebn bei oau Haar;
Und na wegen so cbbs! — Es is scho wahr:
Mi kann cam gar nimmer gnna aufschaugn und sorgen!
Bub'n — sagts'ma nur nie zu koan Deandl: „Guat Morgen!"
Unterhaltungen am Honoratiorentische im
».weißen Mohren" zu Klatschhausen.
Bader Lästermann: „Was sagen Sie denn jetzt zu
den politischen Angelegenheiten, meine Herren? Es scheint mir
doch nach allen Seiten hin etwas trübe auszusehen; der
Seifenschaum ist schon geschlagen, die Messer gewetzt, das
Barbieren kann jeden Augenblick losgehcn!"
Gerichtsschreiber Schnattcr: „Bleiben Sie mir
doch mit Ihrer ve — ve — ve — verdammten Di —
Di — Di — Diploma — tie vom Halse, damit ma —
ma — macht man jetzt gar nichts mehr au — an — aus."
Lästermann: „Na, die Hauptsache ist doch, daß immer
die ganze Staatsmaschinc gut im Stande gehalten und or-
dentlich cingcseift ist und daß so zu sagen immer Einer in
den Andern eingreift. Wenn das aber nicht der Fall ist,
so stockt Alles und die ganze Welt geht zu Grunde."
Knopfmacher Lorenz: „Ja ja, nee nee; da haben
Sc ooch recht, Herr Lästermann, un ich kann Sie aus meiner
eegenen Verwandtschaft so ä märkwärd'gcs Beispiel anführen
von ä Vetter von mir, der ä Angestellter in ä kleenen mit-
teldcitschcn Färschtenthume sein dhut. Das is Sie ännc sehre
sonderbare un verwicklichtc Geschichte. Sähn Se also meine
Harrens, das is also inei Vetter, von den ich Sie erzehlen
will, der dhut Schindler Heeßen; aber das geheert sie eegcnt-
lich noch gar nich ä Mal hierher, denn mei Vetter Schindler
kommt erst nfs de Letzt in der ganzen Geschichte vor, wenn
er ooch gleichwohl de Hanptbcrschon drinn sbielt, wie Se
schon nach nn nach erfahren weren. — S'war Sie also im
Jahre achtzehnhunderlfinfunfusz'g, wo grade ganz unten rechts
uff der Landkarte von Eiroba in der sogenannten Krimmerei,
wo die großen schwarzen Schafbelze Herkommen, der fürchter-
liche Krieg war. Erscht kambelten sich blos allcene de Türken
mit de Russen un dann kamen de Engländer nn de Franzo-
sen un dhaten den Türken hälfen un keilten de Russen un
dann zogen se aus reener Freindschaftlichkeet den Tärkenkaiser
's Fäll ibcr de Ohren.' Na, das geht Unsereenen am Ende
weiter nischt nich an, wenn sich's der Türke gefallen läßt;
allcene aber s war Sie doch ännc sehre sehre schlächtc Ge-
schichte fer uns übrigen Eirobärer, denn wir saßen Sie ja
Alle immer wie nfs ä brennenden Bulferfasse und wußten
nich, ob vier hcitc oder morgen sollten in de Luft gcsbrengt
weren. Ja ja, nee nee! S'war Sie kec Sbaß »ich, denn
wenn sich der Krieg damals so nach un nach hätte nach uns
! zu gezogen, da hätten mir doch Alle wieder den Schießbrigel
missen nfs'n Buckel nähmen un als Landstorm tun Feind
'neinrücken. Allcene aber s'war doch wohl am Besten, daß
mer uns haben dazumals in de Neidedralideet verhalten,
denn was gingen n.:s denn eegcntlich de Türken an? Gar
Unterhaltungen am Honoratioren tische re.
nischt »ich! Un de Russen? Noch mehr gar nischt nich! Uff
der Hut mußten aber doch de Dibelmatcn recht sin un so
war Sic's ooch in den kleenen Färschtendhume, wo mei Vetter
Schindler Staatsbeamter is. Das viele Uffbassen nfs de
Dibelmaterie worde zuletzt aber doch ooch langweilig vor Alle
un der Herr Färscht von meinen Vetter Schindler dachte
also an eenen scheenen Dage: Jh, was sollst Du Dich dennc !
hier so abstrabcziren, Du willst Dir doch ooch ä Mal änne j
kleene Erholung machen! — Ja ja, nee nee: meine Härrens,
da drinne hatte Sie der Herr Färscht ooch ganz recht, denn
ä Färscht is ani Ende doch ziemlich eben so gut ä Mensch
als wie Unsereens un tvill ooch ä Mal sei Bläsirichen haben.
Is nich wahr? Na sähn Se! — Also der Herr Färscht läßt
gleich seinen auswärtigen Angelegenheetsminister. kommen un
zu den sagt er: „Hären Se ä Mal, Eckslenz, wissen Se
was, ich halte jetzt die Plackerei und Schnhriegelci mit den
Regieren nich länger aus; ich wcre mer ä Mal änne kleene
Erholungsreese machen un ä. baar Monate ä Bischen nach
Jdalichcn fahren. Sie sein wohl so gut nn bassen d er-
weise hibsch usf Alles, un regieren in der Zeit vor
mich. Aber machen Se nur ooch Ihre Sache recht gut,
daß ich am Ende keene Schande nich dervon haben dhne.
Hier sein de Schlisset von's Kawcnett; rechts liegt's :
Briefpapier un links 's Staatsbedschaft un''s Sigel- 1
lack; na un' 's Jbrige, das wissen Sie ja sälber so
gut als wie ich!" — Da machte nn der answärtsge Mi-
nister ä tiefen Bickting nn sagte: „Dorchleicht'ge Majestät,
machen Se sich keene nnnöih'ge Sorge nich un reesen Sc
wohin Se wollen, ich will die Sache schon ganz allcene or-
dentlich besorgen, daß Se gewiß mit mir zufrieden sein sollen."
— Da war nn der Färscht ganz vcrgnigt un setzte sich Nach-
mittags uff de Extrabost und fuhr därektemank nach Jdalichcn.
Wie er in seine Kutsche stieg, winkte er den Herr Minister
noch ä Mal 'ran und sagte „Awerboh! Ich hätte balde
noch was vergessen: Dodcsurtheele dürfen Se keene nich
unterschreiben!" — „Gott bewahre," sagte der Herr Minister, '
„das weeß ich recht gut, denn de Menschheet is jetzt so gar
zu sehre knapp un der alte Galgen is noch auzwcc! — „Un
wenn Sc ä Mal ä bischen Zeit haben, da schreiben Sc ooch
an Rothschilden, denn mer möchten doch wieder so ännc kleene
Anleihe machen," sagte der Färscht. — „Ja wohl, dorchleicht'ge
Majestät, 's Geld is jetzt überhaupt recht sehre rare," sagte !
der Minister und da fuhr der Herr Färscht fort nach Jda- >
lichen."
„Also nu bassen Se uff, meine Härrens, wie's weiter j
kommen dhut! — Der dorchlcicht'gste Herr Färscht war ab-
gercest un in der kleenen Residenz worde 's nn nach un
nach immer langweiliger; am allermeesten aber anigirte sich
der Herr Minister vor's Auswärtsigte. „'S is doch schänd-
lich," sprach er bei sich selbst, „daß mer hier so feste sitzen
muß, wo doch gar nischt nich los is; aber ich sehe gar nich
ein: warum! Zn was habe ich denn meinen Regierungs- j
Rath? Der kann ja meine Stelle ooch ä Mal vertreten!"
— Also gut: der Herr Minister läßt gleich den Herr Re-
Der guate Morgen.
Und da hätt's no Spitakel a'gebn bei oau Haar;
Und na wegen so cbbs! — Es is scho wahr:
Mi kann cam gar nimmer gnna aufschaugn und sorgen!
Bub'n — sagts'ma nur nie zu koan Deandl: „Guat Morgen!"
Unterhaltungen am Honoratiorentische im
».weißen Mohren" zu Klatschhausen.
Bader Lästermann: „Was sagen Sie denn jetzt zu
den politischen Angelegenheiten, meine Herren? Es scheint mir
doch nach allen Seiten hin etwas trübe auszusehen; der
Seifenschaum ist schon geschlagen, die Messer gewetzt, das
Barbieren kann jeden Augenblick losgehcn!"
Gerichtsschreiber Schnattcr: „Bleiben Sie mir
doch mit Ihrer ve — ve — ve — verdammten Di —
Di — Di — Diploma — tie vom Halse, damit ma —
ma — macht man jetzt gar nichts mehr au — an — aus."
Lästermann: „Na, die Hauptsache ist doch, daß immer
die ganze Staatsmaschinc gut im Stande gehalten und or-
dentlich cingcseift ist und daß so zu sagen immer Einer in
den Andern eingreift. Wenn das aber nicht der Fall ist,
so stockt Alles und die ganze Welt geht zu Grunde."
Knopfmacher Lorenz: „Ja ja, nee nee; da haben
Sc ooch recht, Herr Lästermann, un ich kann Sie aus meiner
eegenen Verwandtschaft so ä märkwärd'gcs Beispiel anführen
von ä Vetter von mir, der ä Angestellter in ä kleenen mit-
teldcitschcn Färschtenthume sein dhut. Das is Sie ännc sehre
sonderbare un verwicklichtc Geschichte. Sähn Se also meine
Harrens, das is also inei Vetter, von den ich Sie erzehlen
will, der dhut Schindler Heeßen; aber das geheert sie eegcnt-
lich noch gar nich ä Mal hierher, denn mei Vetter Schindler
kommt erst nfs de Letzt in der ganzen Geschichte vor, wenn
er ooch gleichwohl de Hanptbcrschon drinn sbielt, wie Se
schon nach nn nach erfahren weren. — S'war Sie also im
Jahre achtzehnhunderlfinfunfusz'g, wo grade ganz unten rechts
uff der Landkarte von Eiroba in der sogenannten Krimmerei,
wo die großen schwarzen Schafbelze Herkommen, der fürchter-
liche Krieg war. Erscht kambelten sich blos allcene de Türken
mit de Russen un dann kamen de Engländer nn de Franzo-
sen un dhaten den Türken hälfen un keilten de Russen un
dann zogen se aus reener Freindschaftlichkeet den Tärkenkaiser
's Fäll ibcr de Ohren.' Na, das geht Unsereenen am Ende
weiter nischt nich an, wenn sich's der Türke gefallen läßt;
allcene aber s war Sie doch ännc sehre sehre schlächtc Ge-
schichte fer uns übrigen Eirobärer, denn wir saßen Sie ja
Alle immer wie nfs ä brennenden Bulferfasse und wußten
nich, ob vier hcitc oder morgen sollten in de Luft gcsbrengt
weren. Ja ja, nee nee! S'war Sie kec Sbaß »ich, denn
wenn sich der Krieg damals so nach un nach hätte nach uns
! zu gezogen, da hätten mir doch Alle wieder den Schießbrigel
missen nfs'n Buckel nähmen un als Landstorm tun Feind
'neinrücken. Allcene aber s'war doch wohl am Besten, daß
mer uns haben dazumals in de Neidedralideet verhalten,
denn was gingen n.:s denn eegcntlich de Türken an? Gar
Unterhaltungen am Honoratioren tische re.
nischt »ich! Un de Russen? Noch mehr gar nischt nich! Uff
der Hut mußten aber doch de Dibelmatcn recht sin un so
war Sic's ooch in den kleenen Färschtendhume, wo mei Vetter
Schindler Staatsbeamter is. Das viele Uffbassen nfs de
Dibelmaterie worde zuletzt aber doch ooch langweilig vor Alle
un der Herr Färscht von meinen Vetter Schindler dachte
also an eenen scheenen Dage: Jh, was sollst Du Dich dennc !
hier so abstrabcziren, Du willst Dir doch ooch ä Mal änne j
kleene Erholung machen! — Ja ja, nee nee: meine Härrens,
da drinne hatte Sie der Herr Färscht ooch ganz recht, denn
ä Färscht is ani Ende doch ziemlich eben so gut ä Mensch
als wie Unsereens un tvill ooch ä Mal sei Bläsirichen haben.
Is nich wahr? Na sähn Se! — Also der Herr Färscht läßt
gleich seinen auswärtigen Angelegenheetsminister. kommen un
zu den sagt er: „Hären Se ä Mal, Eckslenz, wissen Se
was, ich halte jetzt die Plackerei und Schnhriegelci mit den
Regieren nich länger aus; ich wcre mer ä Mal änne kleene
Erholungsreese machen un ä. baar Monate ä Bischen nach
Jdalichcn fahren. Sie sein wohl so gut nn bassen d er-
weise hibsch usf Alles, un regieren in der Zeit vor
mich. Aber machen Se nur ooch Ihre Sache recht gut,
daß ich am Ende keene Schande nich dervon haben dhne.
Hier sein de Schlisset von's Kawcnett; rechts liegt's :
Briefpapier un links 's Staatsbedschaft un''s Sigel- 1
lack; na un' 's Jbrige, das wissen Sie ja sälber so
gut als wie ich!" — Da machte nn der answärtsge Mi-
nister ä tiefen Bickting nn sagte: „Dorchleicht'ge Majestät,
machen Se sich keene nnnöih'ge Sorge nich un reesen Sc
wohin Se wollen, ich will die Sache schon ganz allcene or-
dentlich besorgen, daß Se gewiß mit mir zufrieden sein sollen."
— Da war nn der Färscht ganz vcrgnigt un setzte sich Nach-
mittags uff de Extrabost und fuhr därektemank nach Jdalichcn.
Wie er in seine Kutsche stieg, winkte er den Herr Minister
noch ä Mal 'ran und sagte „Awerboh! Ich hätte balde
noch was vergessen: Dodcsurtheele dürfen Se keene nich
unterschreiben!" — „Gott bewahre," sagte der Herr Minister, '
„das weeß ich recht gut, denn de Menschheet is jetzt so gar
zu sehre knapp un der alte Galgen is noch auzwcc! — „Un
wenn Sc ä Mal ä bischen Zeit haben, da schreiben Sc ooch
an Rothschilden, denn mer möchten doch wieder so ännc kleene
Anleihe machen," sagte der Färscht. — „Ja wohl, dorchleicht'ge
Majestät, 's Geld is jetzt überhaupt recht sehre rare," sagte !
der Minister und da fuhr der Herr Färscht fort nach Jda- >
lichen."
„Also nu bassen Se uff, meine Härrens, wie's weiter j
kommen dhut! — Der dorchlcicht'gste Herr Färscht war ab-
gercest un in der kleenen Residenz worde 's nn nach un
nach immer langweiliger; am allermeesten aber anigirte sich
der Herr Minister vor's Auswärtsigte. „'S is doch schänd-
lich," sprach er bei sich selbst, „daß mer hier so feste sitzen
muß, wo doch gar nischt nich los is; aber ich sehe gar nich
ein: warum! Zn was habe ich denn meinen Regierungs- j
Rath? Der kann ja meine Stelle ooch ä Mal vertreten!"
— Also gut: der Herr Minister läßt gleich den Herr Re-