Unterhaltungen am Honoratiorentische
gierungsrath kommen un zu den sagt er: „Hären Se, Herr
Rath, wissen Se was! mir is es wärklich jetzt gar zu lang-
weilig hier, weil mer ooch im Geringsten gar kee Bläsirechcn
hat; ich muß deswegen änne klecne Erholungsreesc machen
un wollte Se blos bitten,daß Se derweile uff Alles hibsch
uffpassen un de Regierung besorgen. Hier ist der
Schlisse! von's Kawenett! rechts liegt's Briefpa-
pier un links .'s Sta atsbedschaft un' 's Sigcllack
un' 's Jbrige wissen Se ja falber so gut als wie
ich!" — „Haben Se keene Angst nich, Eier Eckslcnz, da-
vor will ich schone sorgen," sagt der Herr Negierungsrath
un der Herr Minister setzt sich mit seine ganze Familiche uff
de Bost un fährt zum Bläsire nu ä Bischen nach Wien.
„Na, das war gut, 's Geschäft ging nach wie vor fort,
denn 's fiel ooch gar nischt Wichtiges nich vor dort in'n Färsch-
tendhume un dieserhalb kann vier sich ooch denken, daß sich
der Herr Regierungsrath gottssträflich langweilen dhun dhat.
So ä Wochener dreie hielt er's aus, aber länger ooch nich,
denn nu dachte 'r: worum sollst denn nu grade Du Dich
hier feste setzen, während daß sich die Andern amisiren? Kann
denn nich ooch Unsereener ä Mal die Zeit als ä kleenes Ur-
loob benutzen un uff ä baar Wochen de Verwandtschaft be-
suchen? I nu ja freilich! — Un wie er's gesagt hatte, so
ward's gcdhan: der Herr Regierungsrath schickte zum Re-
gierungssckretär un ließ sich den Herkommen un dann
sagt er zu den: „Wissen Se was Herr Sekretär, ich möchte
gerne noch ä kleenes Bischen zu meine Verwandtschaft ver-
reesen; Sie sein wohl so gut un besorgen derweile
ä Bischen de Regierungsgeschäfle. Hier is der
Schlisse! von's Kawenett: rechts liegt's Briefpapier
un links 's Staatsbedschaft un' 's Sigellack, un'
's Jbrige wissen Se ja sälber so gut als wie ich!"
— „Ja ja, nee nee!" sagte der Herr Sekretär, das woll'n
mer schone Alles ordentlich besorgen" — un nu fährt der
Herr Regierungsrath ooch fort. Jetzt waren also von aus-
wärtsigten Regicrungsstaatsbeamten weiter Niemand nich mehr
in der färschtlichen Residenz, als wie der Herr Sekretär un
mei Vetter Schilling un die besorgten nu ooch wärklich Alles
ganz vorziglich, denn 's kam grade gar nischt Wicht'ges nich
vor. Aber wenn ooch! Regiert muß doch immerfort weren
un dazu waren eben nur noch die zwce Beeden da, un das
is am Ende selbst, wenn ooch gar nischt nich vorfällt doch
immer keene Klecnigkect nich. Sehre langwcilich mußte Sie's
aber doch sein, denn kaum waren ä Dager achte vergangen,
da worde der Herr Sekretär verdrießlich un mürrisch; denn
nu war Sic g'rade mittlerweile de scheenste Jagdzeit 'range-
kommen un mei Herr Sekretär war ä sehre sehre baßjonirter Jäger.
„Endlich hielt er's ooch nicht länger mehr aus'un eenes
scheenen Dages sagt er zu meinem Vetter Schilling: „Wissen
i Se was, Schilling," sagt' er, „ich halte das Regieren nich
! länger aus, denn das greift meine Gesundheet so sehre tief
an der Worzel an. Ich muß wenigstens so ä Dager achte
bis värzehn 'naus uff de Jagd, daß ich mich ä kleenes Bis-
chen wieder erholen dhue, sonst sterb ich hier bei lcwcndigem !
im „weißen Mohren" zu Klatschhansen. 151 !
Leibe. Morgen Früh will ich fort, Schilling, un Sic sein
wohl so gut un bassen derweile nff Alles rechthibsch
usf, damit daß de Regierung nich ohne Uffsicht
bleiben dhut. Hier is der Schlisscl von's Kawenett,
rechts liegt 's Briefpapier un links — aber wissen
Se was! ich gloobe 's is wohl am Allerbesten, wenn ich
lieber den Kawenetsschlissel bei mir behalten un
mitnehmen thue. Fällt in die auswärtsigten Angelcgcn-
heeten was Wicht'ges vor, da missen Se mer gleich ä Staats-
kurir 'naus nach Schnäppenhauscn schicken, das; ich gleich
wieder 'rein kommen dhue nn 's Nöthige besorgen kann!" —
„Soll schon Alles ordentlich gemacht weren, denn 's is ja
nich 's erschte Mal, daß es so kommt," sagt mei Vetter !
Schilling; „fahren Sie nur ganz ruhig usf Ihre Jagd, Herr
Sekretär, un vergessen Se nich, ooch fer mich änne Rehkeile
oder ä Härschrickcn zu schießen; Se kennen ja meinen Geschmack:
nur nich gar zu sehre alt pn miffigt!"
„Das verspricht nu ooch der Herr Sekretär un wutsch! —
macht er fort, 'naus nach Schnäppcnhausen uff de Jagd. Nu
hatte also mei Vetter Schilling de ganzen answärts-
gen Regicrungssachen ganz allene zu besorgen un
das war Sie in die dazumaligte bewegte Kricgszeit vor ä
eenz'gen Mann doch ganz gewiß kecn Sbaß nich. Aber mei
Vetter Schilling war da dazu gerade der richt'ge Mann; der
dhat Sie feste aushalten un forchte sich noch vor keene ver-
wickelten Geschäfte un vor keener Arbeit nich. Früh um Achte
oder halb Neine ging er in sei auswärt'gcs Ministerium un
setzte sich da hin un dhat nu warten, ob etwa wichl'ge An-
gelegenheeten einloosen sollten. Es kam Sie aber trotz der
bewegten Zeit ooch gar nischt nich ein, mei Vetter Schilling
mochte lauern so viel als er wollte. Aber er war ganz ge-
hörig nff seinen Bosten, weil er recht gut wußte, daß das
ganze Staatswohl von ihn dhätc abhängen. Dieserhalb hielt
er ooch allemal aus bis Mittags um Zwclfc, dann schloß er
sei Ministeriünl zu nn ging essen; dann kam er Nachmittage
um Dreie wieder un blieb ganz stille sitzen bis um Sieben,
wo er dann Hernachens ruhig hccmc gehen dhat un sich durch
ä ordentlichen Schlaf vor sei ncics Dagewerk stärkte. In
änne Kneipe oder zu ä Glas Biere ging mei Vetter Schilling
in dieser Zeit gar nich, denn er mußte doch ooch was usf
seine Würde als Vertreter von der Regierung halten
un deshalb dorfte er sich in keener Weise mit Niemanden nich
gcmecnc machen, denn 's ganze Staatswohl dhat uff meinen
Vetter Schillingen seinen Schultern ruhen und da mußte er
ooch sich dadcrnach benehmen. — Na, korz un gut, nach drei
Wochen kam der Herr answärtsge Sekretär wieder zurückc un
fragte meinen Vetter Schilling: ob Alles richtig in Ordnung
wäre.? „Ei ja wohl," sagte mei Vetter Schilling, „ich habe
den ganzen Staat derweile znsammengehalten!"
„Scheene", sagte der Sekretär, „so was verdient, ooch Aner-
kennung; hier habe ich Sie was mitgebracht!" Un was gab
er meinem Vetter Schilling? Nee, denken Sie sich nur, meine
Härrens! ä alten Hasen, den mer schon den ganzen Stamm-
boom anriechen dhat! Ja ja, nee nee! 's is wirklich lächerlich!"
(Fortsetzung folgt.)
gierungsrath kommen un zu den sagt er: „Hären Se, Herr
Rath, wissen Se was! mir is es wärklich jetzt gar zu lang-
weilig hier, weil mer ooch im Geringsten gar kee Bläsirechcn
hat; ich muß deswegen änne klecne Erholungsreesc machen
un wollte Se blos bitten,daß Se derweile uff Alles hibsch
uffpassen un de Regierung besorgen. Hier ist der
Schlisse! von's Kawenett! rechts liegt's Briefpa-
pier un links .'s Sta atsbedschaft un' 's Sigcllack
un' 's Jbrige wissen Se ja falber so gut als wie
ich!" — „Haben Se keene Angst nich, Eier Eckslcnz, da-
vor will ich schone sorgen," sagt der Herr Negierungsrath
un der Herr Minister setzt sich mit seine ganze Familiche uff
de Bost un fährt zum Bläsire nu ä Bischen nach Wien.
„Na, das war gut, 's Geschäft ging nach wie vor fort,
denn 's fiel ooch gar nischt Wichtiges nich vor dort in'n Färsch-
tendhume un dieserhalb kann vier sich ooch denken, daß sich
der Herr Regierungsrath gottssträflich langweilen dhun dhat.
So ä Wochener dreie hielt er's aus, aber länger ooch nich,
denn nu dachte 'r: worum sollst denn nu grade Du Dich
hier feste setzen, während daß sich die Andern amisiren? Kann
denn nich ooch Unsereener ä Mal die Zeit als ä kleenes Ur-
loob benutzen un uff ä baar Wochen de Verwandtschaft be-
suchen? I nu ja freilich! — Un wie er's gesagt hatte, so
ward's gcdhan: der Herr Regierungsrath schickte zum Re-
gierungssckretär un ließ sich den Herkommen un dann
sagt er zu den: „Wissen Se was Herr Sekretär, ich möchte
gerne noch ä kleenes Bischen zu meine Verwandtschaft ver-
reesen; Sie sein wohl so gut un besorgen derweile
ä Bischen de Regierungsgeschäfle. Hier is der
Schlisse! von's Kawenett: rechts liegt's Briefpapier
un links 's Staatsbedschaft un' 's Sigellack, un'
's Jbrige wissen Se ja sälber so gut als wie ich!"
— „Ja ja, nee nee!" sagte der Herr Sekretär, das woll'n
mer schone Alles ordentlich besorgen" — un nu fährt der
Herr Regierungsrath ooch fort. Jetzt waren also von aus-
wärtsigten Regicrungsstaatsbeamten weiter Niemand nich mehr
in der färschtlichen Residenz, als wie der Herr Sekretär un
mei Vetter Schilling un die besorgten nu ooch wärklich Alles
ganz vorziglich, denn 's kam grade gar nischt Wicht'ges nich
vor. Aber wenn ooch! Regiert muß doch immerfort weren
un dazu waren eben nur noch die zwce Beeden da, un das
is am Ende selbst, wenn ooch gar nischt nich vorfällt doch
immer keene Klecnigkect nich. Sehre langwcilich mußte Sie's
aber doch sein, denn kaum waren ä Dager achte vergangen,
da worde der Herr Sekretär verdrießlich un mürrisch; denn
nu war Sic g'rade mittlerweile de scheenste Jagdzeit 'range-
kommen un mei Herr Sekretär war ä sehre sehre baßjonirter Jäger.
„Endlich hielt er's ooch nicht länger mehr aus'un eenes
scheenen Dages sagt er zu meinem Vetter Schilling: „Wissen
i Se was, Schilling," sagt' er, „ich halte das Regieren nich
! länger aus, denn das greift meine Gesundheet so sehre tief
an der Worzel an. Ich muß wenigstens so ä Dager achte
bis värzehn 'naus uff de Jagd, daß ich mich ä kleenes Bis-
chen wieder erholen dhue, sonst sterb ich hier bei lcwcndigem !
im „weißen Mohren" zu Klatschhansen. 151 !
Leibe. Morgen Früh will ich fort, Schilling, un Sic sein
wohl so gut un bassen derweile nff Alles rechthibsch
usf, damit daß de Regierung nich ohne Uffsicht
bleiben dhut. Hier is der Schlisscl von's Kawenett,
rechts liegt 's Briefpapier un links — aber wissen
Se was! ich gloobe 's is wohl am Allerbesten, wenn ich
lieber den Kawenetsschlissel bei mir behalten un
mitnehmen thue. Fällt in die auswärtsigten Angelcgcn-
heeten was Wicht'ges vor, da missen Se mer gleich ä Staats-
kurir 'naus nach Schnäppenhauscn schicken, das; ich gleich
wieder 'rein kommen dhue nn 's Nöthige besorgen kann!" —
„Soll schon Alles ordentlich gemacht weren, denn 's is ja
nich 's erschte Mal, daß es so kommt," sagt mei Vetter !
Schilling; „fahren Sie nur ganz ruhig usf Ihre Jagd, Herr
Sekretär, un vergessen Se nich, ooch fer mich änne Rehkeile
oder ä Härschrickcn zu schießen; Se kennen ja meinen Geschmack:
nur nich gar zu sehre alt pn miffigt!"
„Das verspricht nu ooch der Herr Sekretär un wutsch! —
macht er fort, 'naus nach Schnäppcnhausen uff de Jagd. Nu
hatte also mei Vetter Schilling de ganzen answärts-
gen Regicrungssachen ganz allene zu besorgen un
das war Sie in die dazumaligte bewegte Kricgszeit vor ä
eenz'gen Mann doch ganz gewiß kecn Sbaß nich. Aber mei
Vetter Schilling war da dazu gerade der richt'ge Mann; der
dhat Sie feste aushalten un forchte sich noch vor keene ver-
wickelten Geschäfte un vor keener Arbeit nich. Früh um Achte
oder halb Neine ging er in sei auswärt'gcs Ministerium un
setzte sich da hin un dhat nu warten, ob etwa wichl'ge An-
gelegenheeten einloosen sollten. Es kam Sie aber trotz der
bewegten Zeit ooch gar nischt nich ein, mei Vetter Schilling
mochte lauern so viel als er wollte. Aber er war ganz ge-
hörig nff seinen Bosten, weil er recht gut wußte, daß das
ganze Staatswohl von ihn dhätc abhängen. Dieserhalb hielt
er ooch allemal aus bis Mittags um Zwclfc, dann schloß er
sei Ministeriünl zu nn ging essen; dann kam er Nachmittage
um Dreie wieder un blieb ganz stille sitzen bis um Sieben,
wo er dann Hernachens ruhig hccmc gehen dhat un sich durch
ä ordentlichen Schlaf vor sei ncics Dagewerk stärkte. In
änne Kneipe oder zu ä Glas Biere ging mei Vetter Schilling
in dieser Zeit gar nich, denn er mußte doch ooch was usf
seine Würde als Vertreter von der Regierung halten
un deshalb dorfte er sich in keener Weise mit Niemanden nich
gcmecnc machen, denn 's ganze Staatswohl dhat uff meinen
Vetter Schillingen seinen Schultern ruhen und da mußte er
ooch sich dadcrnach benehmen. — Na, korz un gut, nach drei
Wochen kam der Herr answärtsge Sekretär wieder zurückc un
fragte meinen Vetter Schilling: ob Alles richtig in Ordnung
wäre.? „Ei ja wohl," sagte mei Vetter Schilling, „ich habe
den ganzen Staat derweile znsammengehalten!"
„Scheene", sagte der Sekretär, „so was verdient, ooch Aner-
kennung; hier habe ich Sie was mitgebracht!" Un was gab
er meinem Vetter Schilling? Nee, denken Sie sich nur, meine
Härrens! ä alten Hasen, den mer schon den ganzen Stamm-
boom anriechen dhat! Ja ja, nee nee! 's is wirklich lächerlich!"
(Fortsetzung folgt.)