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Kleine Dorfgeschichten.

M i l g e t h e i l k von Adalbert Müller.

!

I. Die lange Äguer.

-3», verwichnen Herbst find unser Müller und der Brau-
meister vom Schloß mitfamm’ auf der Kirchweih' zu Schlam-
mering gewesen und hab'n fich dort a bisl über die Zeit ver-
sessen, was Einem bei solchen G'leg'nheiten leicht passtr'n kann.
Es ist schon stark aus Eilfe zu gangen, wie fie sich endlich
aus» Heimweg gemacht hab'n und in die enge Hohlgaffen
kommen find, durch die der Gangsteig von Schlammering her
in unsere Markung sühn. Man kann nit ausweichen, denn
recht« ist der Bach, und links sind haushohe Felsen. über die
keine Katz' 'nüberkommt, geschweig'n erst a antrunk'ner Mensch;
und 'nen Dusel haben's g'habt alle Zwei, sonst hätten's nit
aus der Acht lassen, daß's in der Revier nach'm Gebetläuten
nit recht richtig ist, weil da die lang' Agnes umgeht, wie die
Leut' sag'n. Die ist in ihrem Leben a wüst'S, bilterböss
Weibsbild g'wesen und hat nach Gott und der Welt nir
g'sragt. Und weil fie einmal an einem hohen Festtag die
Wäsche g'schwemmt hat, hat fie dieses Frevels halber a heili-
ger Mann verwunschen und verbannt, daß fie seither alle Nacht
am Bach waschen muß, bis der Hahn kräht. Und wenn um
die Zeit ihr Einer in die Näh' kommt, der a unrecht'S Gut
in seinem Kasten hat, über den ist ihr G'walt geb'n. und fie
taucht ihn unter's Wasser und zwackt ihm den Kops mit ihrem
Striegel, daß Haut und Haar' abgeh'n.

Der Müller und der Bräumeister denken an nir Hebels
und diskrirn im Geh'n schön g'müthlich mit einander von
dem guten Bier, das fie heut trunken hab'n, und von den
saftigen Bräteln und den fetten Kirchweihnudeln, die fie gessen
hab'n. Aus einmal fangt's hinter den Felberstauden am Bach
zu klopfen an, wie wenn man mit dem Waschbläuel aus nassen
Zeug schlagt.

„Heilige Mutter Anna!" schreit der Müller aus: „das ist
die lang' Agnes. G'vatter! itzt geht's unS an den Hals."

„Da dank' ich schön!" sagt der Bräumeister und richt't
fich zum Durchbrennen: „Ich will den weinigen salvir'n,

weil's noch Zeit ist."

„Halt a bisl!" protestitt der Müller und saßt den Andern
am Rockzipfel, „so gehts nit. Umkehr'», davonlausen — das
darfst du ja nit, sonst hast du den Augenblick das G'spenst
aufm Rucken, und das hetzt dir die Seel' aus 'm Leib."

„Herr im Himmel!" lamentirt der Bräumeister und schlagt
ellenlange Kreuz' über fich. „Da fitzen wir schön in der Tin-
ten. Was sür a böser Stern hat mich da herg'sührt! Sag,
G'vatter! wie kommen wir wieder los?"

„Merk' aus," versetzt der Müller, „und lhu', was ich dir
sag'! Wenn etwa unverseh'ner Weis fich was in deinen Sack
verirrt hat, das nit 'neing'hört — so a klein's NesaS mein'
ich, du verstehst mich schon — so mußt du daS itzt laut und
offen bekennen, dann kann dir der höllische Feind nir mehr
anhab'n. A bisl was hast schon aufm G'wiffen, gelt?"

„No!" sagt der Bräumeister, „a Heiliger bin ich g'rad
nit. Und du G'vatter Müller? — Ich mein', wir dürfen uns
die Händ' geb'n."

„Ah, ah!" ächzt der Müller, „wir find Alle sehlige Men-
schen, der Ein' wie der Ander', ich kauf Kein'» nit theuer.
So woll'n wir halt beichten, und du sangst an, G'vatter, denn
du bist der Aelter'."

„Das ist— a Harle Nuß!" stottert der Bräumeister, „aber

weil's nit anders sein kann-in Gott's Nam' also! —

Ich — ich — Hab' — mei — nem Herrn Grasen — beim

Hopsen - und Gerstenkausen — so etlich'smal-a paar

Kreuzer schwarz g'macht."

Pitsch patsch, klopst's am Bach unten fort.

„Element!" sagt der Bräumeister, „wenn du mit Kreuzern
nit z'srieden bist, so find'S meinetweg'n Gulden g'wesen."

Pitsch patsch, pitsch patsch.

„G'vatter!" zwispelt der Müller dem Bräumeister in'S Ohr,
„du bist noch nit ganz sauber, weil's alleweil klopfen thut.
Wie ist's mit 'm Wafferschütten?"

„Will'S das auch noch wissen, die alte Her'!" brummt
der Bräumeister: „No, a paar Maß! gieß' ich aus den

Eimer."

Pitsch patsch, pitsch patsch.

„Kreuz-Donnerwetter!" platzt der Bräumeister 'raus, „weil
du's gar nit nachgibst, so sag' ich halt zehn Maaß."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Kleine Dorfgeschichten. I. Die lange Agnes"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Wald <Motiv>
Furcht <Motiv>
Nacht <Motiv>
Brücke <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 6.1847, Nr. 143, S. 182
 
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