Fliegende Blätter (61.1874 (Nr. 1511-1536))

„Ich bitte Sie dringend, liebe Gräfin, Ihre Netze nicht
länger nach meinem Sohne auszuwerfen, — das ist einmal kein
Mann für Sie!" - „Ich begreife nicht, was Sie da von Netze
auswerfen sprechen. Glauben Sie denn, lieber Baron, daß ich
e§ schon nothwendig habe, nach Ihrem Sohne zu angeln. Ich
bekomme noch zehn Männer für einen!" — „Zehne viel-
leicht, aber einen kaum."

„Sagen Sie mir, meine Dame, was macht in diesem Augen-
blick meine in Prag zurückgebliebene Gattin?" — „Sie befindet
sich in ihrem Boudoir und sieht sehnsuchtsvoll zum Fenster hinaus,
als erwarte sie Jemand!" — <Fremder für sich:) „Sollte ich dieser
Jemand sein? Nein, da ich kaum fort bin, kann sie mich nicht
schon zurückerwarten!" — „Eben öffnet sich die Thüre ihres
Zimmers, cs tritt Jemand ein, sie eilt ihm entgegen, umarmt ihn,
liebkost ihn!" — „Wär's möglich!" — „Jetzt berührt er mit
seinem Kopf ihre Wange und blickt ihr zärtlich in die Augen!"
— „Ich könnte sic erwürgen, — die Treulose!" — „Und jetzt
—" — „Nur weiter, ich bin auf Alles gefaßt!" — „Und jetzt

Die kleine Jda befindet sich mit ihrer Großmutter allein
Zimmer. Muthwillig springt sie hin und her, fällt nieder,
weint aber nicht, obwohl sie sich wehe gethan. Jda's Mutter,
die den Lärm, aber das Kind nicht weinen gehört, und sich
daher in ihrer Beschäftigung nicht stören ließ, tritt nach einer

Viertelstunde in's Zimmer. Da fängt die Kleine an bitterlich
zu weinen und zu klagen. „Aber Jda," sagt die Mutter,
„weßhalb weinst Du denn auf einmal so?" — „Was hätt's
geholfen, wenn ich vorhin geweint hätt'," antwortet die Kleine,
„die Großmama ist ja taub, — die hätt' mich doch nicht gehört!"

Gut bedient.

Die Somnambule.

Kindcrpolitik.