Fliegende Blätter (77.1882 (Nr. 1927-1952))

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Preis des Bandes (26 Nummern) J(. 6.70. Bei direktem
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JC, 7.50, für die anderen Länder des Weltpostvereins JC 8.—
Einzelne Nummer 30 ^.

IjXXVII. Bd.

Touristen.

(Fortsetzung.)

^as obrritalienische Schwül mrl-paar.

Zwei Gesinnungsgenossen, ebenso fußkräftig,
ols begeistert für das Land >vo die Citronen
blühen. Dauer der Tour vier Wochen.

Francs per Tag und pro Kopf. Anzug
ähnlich dem des Pfingsttouristen. aber Reise-
gepäck: eine Tasche aus grauem, wasserdichten
Zeug, enthaltend ein Hemd, zwei Paar
Socken, drei Hemdkragen, Haarbürste. Kamm.

Zahnbürste. Der Plaid wird im Riemen
gerollt getragen. Auch die Rocktaschen sind
schivcr befrachtet mit Bädcker. Gebirgskartc,
einem Scitfabcu für die italienische Conver-
sation und einem Notizbuch, worin die täg-
lichen Ausgaben, die Preise, die Entfern-
ungen und die Erlebnisse notirt werden sollen.

Das Schwärmerpaar kennt die Brcnncr-
bahn auswendig; vbivohl Keiner von Beiden
dieselbe je gesehen hat. so haben sic sich
doch durch Studium und durch das, was sic von Andern
erlauscht, ein vollkommen klares Bild der Schönheiten jener
Bahn zurecht gemacht. Verschiedene Rücksichten bestimmen unsere
Schwärmer, die Eisenbahn nur bis zum Fuße der Alpen zu
benützen und das Gebirge ans möglichst unwegsamen Pfaden
zu Fuße zu überschreiten, eine Tour, lvelche um so beschwer-
licher ist. als Bädckcrs Angaben, sowie die Gebirgskartc bei
jedem Schritte controlirt und verifizirt werden müssen. Dabei
setzt es häusig. wie bei den Bergfexen. lebhafte Debatten ab.
welche meist die Nomenclatnr von Spitzen. Jochen, Kogeln.
Klammen n. s. w. zum Gegenstände haben und die den beiden
fußkräftigen Freunden entschieden das Leben verbittern würden,
wenn sie ihren Streit, anstatt auf einem Gcbirgspfadc. zwischen

ihren 4 Wänden anszntragcn hätten. Am
Südabhange des Gcbirgsstockes hinabsteigend,
wird unablässig mit der ganzen Bibliothek
gearbeitet, indem sich zu den Vcrifizirnngs-
arbeiten noch die Sprachstudien gesellen, denn
cs erscheint als eine unabweisbare Noth-
wcndigkeit. sich den Eingebornen verständlich
machen zu können, namentlich im Hinblick
ans den Ankauf von Südfrüchten; in Betreff
deren Zuträglichkeit für die Gesundheit müssen
hinwiederum die Angaben des Reisehand-
buches einer sorgfältigen Prüfung unterzogen
werden. Was die Wirthshäuser betrifft, in
ivclchen eingekehrt werden soll, so erfreut sich
das Schwärmerpaar einer gewissen llnab-
hängigkeit gegenüber dem Reisehandbuch, in-
dem die besten Häuser „mit deutscher Be-
dienung und vorzüglichem, billigen Tirolcr-
ivcin" durch die Tradition schon bekannt sind.

Wann das Schwärmerpaar zur eigentlichen Perception des
Genusses gelangt, ist für den Profanen schivcr ersichtlich, da
deren Wanderung ein fortwährendes angestrengtes Studiren und
Dispntiren ist. Solange man bergauf geht, streitet man da-
rüber. welchen Weg man bergab nehmen soll; geht man thal-
wärts. so drängt sich die Frage auf. ivie man am Rückwege
wieder über das Gebirge steigen soll, denn der Rückweg wird
ebenfalls zu Fuß bewerkstelligt; Reisehandbuch. Karte und
Tradition führen den Wißbegierigen eine quälende Auswahl
der verschiedensten Routen vor. Ehe aber ein Entschluß definitiv
gefaßt ivird. sind programmgemäß die Städte Mailand und
Venedig zu besichtigen, und zwar figuriren in dem Reiseplan
die sechs für den Stüdtcbesuch angesetzten Tage als Rasttage.