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Bildet doch der Dienst der Musen,
Und die edelsten Gefühle
Werden wach int jungen Busen
Bei'm Pianofortcspiel.
Und so sah man Wilhelminc
Immer fleißig wie die Biene
Täglich an dem Flügel sitzen
Und zwar anfangs ohne Fritzen.
Und die Tante, stillgebückt
Auf die Arbeit, wie's sich schickt.
An dem Fenster sitzt und strickt.
Schön wohl ist cs und zu loben.
Wenn ein junges Mädchen einsam
Ihre Kunst sucht zn erproben.
Doch noch schöner, wenn gemeinsam
Sie mit einem jungen Manu
Zwanzigfingrig spielen kann;
Wenn die stets bewegten Hände
Sich berühren ohne Ende
Auf diskretem Instrumente;
Wenn man selig kann verspüren.
Des Flügels Rache.
Und die Tante, still gebückt
Auf die Arbeit, wie's sich schickt, .
An dem Fenster sitzt und strickt.
Was geschah nun? — Eines Tages
Um die Dämm'rungsstundc mag cs
Ungefähr gewesen sein —
Stellt sich das Bedürfniß ein.
In dem Spiele zu pausiren.
Und, statt fort zu musiciren,
Blättern Beide in den Noten,
Was auch an und für sich ja
Liebenden nicht ist verboten.
Doch hört weiter, was geschah:
Liebesglühend stehen Beide
Flüsternd an des Flügels Seite,
Dessen Decke aufgcstützt
Vor der Tante Blick sie schützt;
Denn, wenn lahm und taub sogar
Auch die gute Tante war.
Sah sie immer noch genug.
Da sie eine Brille trug.
Und um Minchens Taille schlingt
Fritz den kühnen Arm und bringt
Seinen Mund dem ihren nah.
Wie die Haare sich berühren
Und die Nähe rother Wangen
Wecket zärtliches Verlangen.
Und so sah man Vetter Fritzen
Bald bei Wilhelmine sitzen;
Wenig war er zwar geübt.
War ein Landmann brav und schlicht.
Doch was thut ein Jüngling nicht.
Der zum erstenmale liebt?
Täglich nun mit Duldermiene .
Sitzt er neben der Cousine,
Schlägt die Tasten ohne Ende
Mit der Wucht der dicken Hände,
Und er fühlt für alles Wehe
Sich belohnt durch ihre Nähe.
Und sic tauschen Kuß um Kuß
Nun in sträflichem Genuß,
Weil es nicht die Tante sah.
Ist das Recht auch. Wilhelmine,
Daß mit heuchlerischer Miene,
Statt daß du mit Spiel dich übst.
Du der Liebe dich ergibst?
Statt daß du mit frommem Sinne
Das „Gebet der Jungfrau" spielst.
Freust du dich am Spiel der Minne,
Die zum erstenmal du fühlst;
Statt mit Schuman und Chopin,
Bildet doch der Dienst der Musen,
Und die edelsten Gefühle
Werden wach int jungen Busen
Bei'm Pianofortcspiel.
Und so sah man Wilhelminc
Immer fleißig wie die Biene
Täglich an dem Flügel sitzen
Und zwar anfangs ohne Fritzen.
Und die Tante, stillgebückt
Auf die Arbeit, wie's sich schickt.
An dem Fenster sitzt und strickt.
Schön wohl ist cs und zu loben.
Wenn ein junges Mädchen einsam
Ihre Kunst sucht zn erproben.
Doch noch schöner, wenn gemeinsam
Sie mit einem jungen Manu
Zwanzigfingrig spielen kann;
Wenn die stets bewegten Hände
Sich berühren ohne Ende
Auf diskretem Instrumente;
Wenn man selig kann verspüren.
Des Flügels Rache.
Und die Tante, still gebückt
Auf die Arbeit, wie's sich schickt, .
An dem Fenster sitzt und strickt.
Was geschah nun? — Eines Tages
Um die Dämm'rungsstundc mag cs
Ungefähr gewesen sein —
Stellt sich das Bedürfniß ein.
In dem Spiele zu pausiren.
Und, statt fort zu musiciren,
Blättern Beide in den Noten,
Was auch an und für sich ja
Liebenden nicht ist verboten.
Doch hört weiter, was geschah:
Liebesglühend stehen Beide
Flüsternd an des Flügels Seite,
Dessen Decke aufgcstützt
Vor der Tante Blick sie schützt;
Denn, wenn lahm und taub sogar
Auch die gute Tante war.
Sah sie immer noch genug.
Da sie eine Brille trug.
Und um Minchens Taille schlingt
Fritz den kühnen Arm und bringt
Seinen Mund dem ihren nah.
Wie die Haare sich berühren
Und die Nähe rother Wangen
Wecket zärtliches Verlangen.
Und so sah man Vetter Fritzen
Bald bei Wilhelmine sitzen;
Wenig war er zwar geübt.
War ein Landmann brav und schlicht.
Doch was thut ein Jüngling nicht.
Der zum erstenmale liebt?
Täglich nun mit Duldermiene .
Sitzt er neben der Cousine,
Schlägt die Tasten ohne Ende
Mit der Wucht der dicken Hände,
Und er fühlt für alles Wehe
Sich belohnt durch ihre Nähe.
Und sic tauschen Kuß um Kuß
Nun in sträflichem Genuß,
Weil es nicht die Tante sah.
Ist das Recht auch. Wilhelmine,
Daß mit heuchlerischer Miene,
Statt daß du mit Spiel dich übst.
Du der Liebe dich ergibst?
Statt daß du mit frommem Sinne
Das „Gebet der Jungfrau" spielst.
Freust du dich am Spiel der Minne,
Die zum erstenmal du fühlst;
Statt mit Schuman und Chopin,
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Des Flügels Rache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1882 - 1882
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 77.1882, Nr. 1944, S. 138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg