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50 Mittheilnngcn aus dem Tageb

j nenne ich meine Frau. Hochherzig wie sie war, sah sie bei
- ihrem Reichthum über meine Arniuth hinweg — wir ver-
, mahlten uns. — Ich war so glücklich, daß ich nie recht an
den Fortbestand dieses Glückes geglaubt habe. Ein bedeuten-
des Rittergut war mir durch diese Heirath zugefallen, und
weil ich Nichts von der Landwirthschaft verstand, nahm ich
mir einen tüchtigen Verwalter an die Leite, dem ich sagte:
ich will bei Ihnen Etwas lernen, betrachten Lie mich als
Ihren Schüler. Tiefer Mann hatte es gut bei mir, und er
verdiente es.

Mein Gut, eines der größten und schönsten in der Um-
gegend, zeichnete sich besonders durch die Regelmäßigkeit seiner
j Anlage ans, bis ans ein großes Wirthschaftsgebände, welches
| später angebaut, durch seine ungeschickte Lage dem ganzen schö-
nen Verhältnisse, in dem die übrigen Gebäude zu einander
i standen, auffallend Eintrag thal. Das ärgerte mich, so oft
' ich das Hans sah, und ich hätte cs längst niederreißen lassen,

! wären die Kosten nicht zu bedeutend gewesen, ein neues auf-
zubauen. —- Eben äußerte ich eines Tages gegen meinen
! Verwalter mein Mißfallen über jenes Wirthschaftsgebände,
als ich diesen sehr niedergeschlagen fand. Auf mein Befragen
kam er endlich init der Antwort heraus: er sei um hundert
: Tkialer verlegen. Ich gab sie ihm, und fügte hinzu: er solle
I die Summe als ein Geschenk betrachten, wenn er wie bisher
fortsahre mir ein treuer Diener zu sein. Ter Mann war
außer sich vor Tankbarkeitsbezeugungeu. Ich kam immer
wieder auf das fatale Wirthschaftsgebände zurück, und in-
dem ich ihm die letzten Cassenscheine hinzählte, äußerte ich,
ihn zufällig ansehend: dliemand könnte mir einen
größeren Gefallen thun, alswenn er den alten
Kasten eininal an st eckte, besonders da er ver-
sichert sei. —

Kaum eine Woche darauf brannte das Haus ab. Ich
hatte meine eigenen Gedanken darüber, schwieg jedoch. Noch
auffallender war es mir aber, daß seit dieser Zeit mein Ver-
; Walter, sonst der solideste Manu, zu trinken anfing, was sich
in kurzer Zeit so oft und hinrereinander wiederholte, daß ich
mich genöthigt sah, ihm Anfangs init Entlassung aus meinem
Dienste zu drohen, dann aber ihn wirklich fortschicken mußte,
als meine Ermahnungen fruchtlos blieben.

lieber diesen Vorfall war wohl ein Jahr vergangen, als

ich ein Schreiben von einem Oberanrtmaun von I.

aus T.erhalte, in welchem er mich um die Ehre

meines Besuchs bittet, wenn ich gelegentlich nach der Stadt
käme. Ich war über diese Einladung etwas frappirl, da ich zu-
fällig mit diesem Herrn in nichts weniger als freundschaftlichem
Vernehmen stand. Sehr zuvorkommend empfing er inich, als
ich einige Zeit darauf in der Residenz war, init dem Hinzu-
fiigen: Er habe mir etwas ganz Absonderliches mitzutheilen.
Vor einigen Tagen, fing er an, wurde ein Vagabund zu mir
gebracht, der sich als ein früherer Verwalter von Ihnen auswies,
und sagte, daß Sie, Herr Baron, an seinem Unglücke Schuld
l seien. — Sie sollen nämlich, als sie ihm einmal großmüthig
hundert Thaler geschenkt, ihn bedeutungsvoll ansehend, geäus-

uche eines Zuchthauspredigers.

sert haben: es thäte Ihnen Jemand einen großen Gefallen,
wenn er Ihnen das und das Haus austeckte. —

Nun sagen Sie mir, Verehrtester, unter vier Angen, ist
das wahr, können Sie sich besinnen, Desgleichen gesagt zu
haben? — Ich hätte nun bequem läugnen können, da ich
mich aber nichts Ueblem bewußt war, entgegnetc ich sehr be-
stimmt: daß ich allerdings diese Worte hingeworfcu habe, je-
doch ohne alle Nebenabsicht, wie sich von selbst verstünde. —
Würden Sie, fuhr immer wärmer werdend, der Obcramtmann
fort, das, was Sie mir eben privatim mitgetheilt, nöthigen-
falls vor Gericht beeidigen können? Ich mäßigte meinen Un-
willen, den ich über die Unverschämtheit dieses Mannes em-
pfand, mich auf seinem Zimmer gleichsam zu inquiriren, und
sagte ihm, daß ich das recht gern thun würde, wenn ich Je-
mand dadurch nützen könne. Es ist ein eigener Fall, nahm
der Amtmann wieder den Faden des Gesprächs auf, jener
Mensch nämlich, ihr gewesener Verwalter, der bereits Arre-
stant ist, und Vagabundircns wegen bei uns eingebracht worden,
sagt aus: (nachdem er Sie, Herr Baron, die Ursache seines
jetzigen Elends nennt) als Sie ihm bewußte hundert Thaler
gegeben, habe er sich auf Ihre hinzugefügten Worte, die Sie
bereits auch nicht abläugnen, aus Dankbarkeit verpflichtet
gefühlt, Ihrem Wunsche nachzukommen, und jenes Wirthschafts-
gebäude abzubrennen. Darauf habe er über sein Verbrechen
Gewissensbisse gefühlt, sich dem Trünke ergeben und sei des-
halb von Ihnen entlassen worden. Das ist die Aussage des
Arrestanten. Bis jetzt hat die Sache weiter Nichts auf sich, jedoch
von Seiten Ihres Gegners , sollte es zu einer Untersuchung
konimen, läßt sich die Sache verschiedentlich drehen und wenden.

Wenn ich Ihnen daher, in möglich vorkomnicndem Falle
meine Dienste anbieten dürfte, würde ich mich ihrer mit Freu-
den unterziehen. — Entrüstet über diese Aufdringlichkeit und
dies ganze sonderbare Benehmen des Herrn, stieß ich den
Stuhl zurück, auf dem ich gesessen und sagte, nicht ohne Hef-
tigkeit : ich danke für seine Offerte, und wünsche zwischen
mir und ihm dergleichen Privatwege nicht mehr, — wolle
er Etwas von mir, würde ich künftig nur vor Zeugen mit
ihm sprechen. —

Ich ließ indessen das Vorgefallene gänzlich auf sich be-
ruhen, zog ferner Niemand in dieser Angelegenheit zu Rathe,
indem ich an eine mögliche Klage gegen mich, worauf der
Amtmann anspielte, als zu unsinnig und aus der Luft ge-
griffen, nicht glaubte. Jedoch sechs Wochen darauf wurde
ich vor Gericht geladen, und beeidigte auf Verlangen jene
Worte, die ich damals gegen meinen Verwalter fallen ge-
laffen, nachdem mir die Anklage dieses Menschen wider mich,
mit dem ich confrontirt wurde, verlesen worden war, in der
es hieß: ich habe ihn durch Bestechung in That,
Wort und Gebehrde zu jenem Verbrechen ange-
reizt und verführt. —

Ter Oberamtmann, zu meinem Erstaunen, Defensor meines
Klägers, trat während der Untersuchung mit allen ihm zu Ge-
bote stehenden Waffen gegen mich auf. — Was ein Ange-
klagter, im Bewußtsein seiner Unschuld, um Ehre und Freiheit
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