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58 Geschichte zweier D

mit Glanz durchgefallen und betrank sich denselben Tag aus
Tesperation: denn was sollten seine Bekannten dazu sagen,
dachte er.

So schmollten sie eine geraume Zeit miteinander und lang-
weilten sich wieder; denn sie saßeu allein in ihren respectiven
Gesellschaftslokalen, auf deren Thürcn mit großen Buchstaben
zu lesen stand: „Geschlossene Gesellschaft." Da ihre Gesell-
schaftslokale nämlich zugleich eines Jeden einzige respectioe
Wohnungen waren, so durfte Einer den Andern nicht besuchen;
der Bayer hatte Niemanden, um Scchsnndzwanzig, und der
Anhaltiner fand Keinen, um Schafskopf mit ihm zu spielen.
Rur am Strande, wenn sie sich beim Fischfang trafen, sahen

sie einander. Aber Mittags speiste der Bayer in der Bavaria
und der Anhaltiner in der Ascania, und wenn sie des Abends
von einander schieden, sagte der Bayer: „Ich gef)’ in die
Resursche!" und der Anhaltiner: „Ich geh' ins Easino!"

Tiefes geregelte, durchaus nicht polizeiwidrige Leben
führten sie einige Zeit und dachten in einsainer Stunde da-
rüber nach, wie sie cs anstellen wollten, ihre respective Ge-
sellschaft zu vergrößern. — Affen waren nicht auf der In-
sel, sonst hätten sie dergleichen als Ehren- oder wirkliche
; Mitglieder ausgenommen. —

Ta faßte endlich der Vorsteher der Ascania. da die
Langeweile immer tödtlicher wurde, einen kühnen Entschluß,
bezwang seine» Stolz, ging zum Vorsteher der Bavaria und
ließ sich zum Mitgliede Vorschlägen. —

Ter Bayer hörte ihn geduldig an, dachte aber bei sich:
„Wie Tu mir, so ich Dir," und nachdem der Candidat acht
Tage aus der grünen Tafel ausgehangen und der Moment
des Wahlactus kam, ballotirte er den Anhaltiner einstimmig
aus und meldete ihm mit großem Bedauern, er sei bei der
Wahl durchgefallen.

Dieses verdroß natürlich den Anhaltiner sehr, er sang
laut den alten Dessauer, und trank sich einen Rausch, wie
früher der Bayer gethan.

Das Verhältniß war wieder dns alte und dauerte auch eine

utschen im Auslande.

geraume Zeit. Da fuhr dem Bayer endlich ein gescheidter, ein
vermittelnder, also ein deutscher Gedanke durch das Hirn. Er
sagte eines Abends zu dem Anhaltiner: „Wir haben die Sta-
tuten unserer Gesellschaft geändert. Tie Zahl der Mitglieder
darf hundert nicht überschreiten; ein Drittel der Stimmen
scheidet ans, Fremde, besonders Ausländer, dürfen während der
Zeit ihres Aufenthaltes die Gesellschaften besuchen, ohne Bei-
träge zu bezahlen und an die Grundgesetze gebunden zu sein. —
Wenn Sie mir also die Ehre erweisen wollen — heut' Abend ?"

„Mit Vergnügen!" versetzte der Anhaltiner und besuchte
noch an demselben Abend die Bavaria. Beim Eintritt in
das Lokal aber fiel sein Auge auf eine grüne Tafel und er
verfärbte sich. Darauf stand nämlich:

„Bei der letzten Wahl
ist ausgenommen worden Niemand.

Turchgefallen . . . Hr. Tobias Schneidler aus

Zerbst. —"

Tief verletzt wollte er schon die Ressource verlassen, aber
der Bayer, der den schlimmen Eindruck der Tafel gewahrte,
faßte sich schnell, hing sein Schnupftuch über dieselbe und
bat seinen Gast, Platz zu nehmen.

So saßen sie gemüthlich. aßen, tranken, rauchten und spiel-
ten Sechsundzwanzig. — Als es beinahe Mitternacht wurde,
steigerte sich der Frohsinn in der Art, daß der Anhaltiner in
edler Selbstverläugnung der Bavaria ein Lebehoch brachte, was
der Bayer im Namen der Gesellschaft auch dankbar erwiderte.

Nun wäre es an dem Anhaltiner gewesen, gleichfalls einen
Schritt vorwärts zu thun; aber er temporisirte, er wollte
seiner Gesellschaft, die nach seiner Berechnung die ältere war,
Nichts vergeben, und änderte daher erst in vier Wochen die
Statuten dahin, daß Ausländer und Fremde die Gesellschaft
besuchen dürfen, ohne Mitglieder werden zu müssen. — Zu
dieser Maßregel hatte ihn nebstdem auch die Sparsamkeit be-
wogen; denn so lange er als Fremder die Bavaria besuchte,
inußte ihn der Bayer mit Porter und Grog, Tabak und Rauch-
fleisch bcwirthen, und er ersparte ein Erkleckliches an seinen
Borräthcn. Tenn so lange diese aus der geborgenen Schiffs-
ladung ausreichten, arbeiteten Beide nicht, denn sie dachten, j
wenn wir arbeiten wollten, konnten tvir zu Hause bleiben. —

Endlich wurde der Bayer doch in die Ascania einstimmig
und mit Glanz aufgenommen, und beide Gesellschaften bestan-
den lange und ehrenvoll neben einander. Jährlich ani Stif-
tungstage gab die Ascania der Bavaria und umgekehrt ein
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Geschichte zweier Deutschen im Auslande"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Trauer <Motiv>
Grab <Motiv>
Angler <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Deutsche <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 8.1848, Nr. 176, S. 58
 
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