Fliegende Blätter (88.1888 (Nr. 2214-2239))

Verfrühter Wunsch.
Karlchen (seufzend): „Wenn nur
Weihnachten erst bald vorbei wäre!" —
F-ritz: „Warum denn?" — Karlchen:
„Dann brauchten wir nicht mehr brav
zu sein!" _.
Tro st.
Wer nicht heirathet, wird nie so glück-
lich, als er wünscht, aber auch nie so
unglücklich, als er fürchtet.
Ein feiner Denker.
Die Firma Müller hat zwei Commis,
die jeden Tag ihren Chef mit einem
„Guten Morgen Herr Müller" begrüßen.
Der Eine läßt aber stets zwischen „Guten
Morgen Herr" und „Müller" eine
längere Pause. Eines Tages fragt
ihn nun sein Principal, warum er dies
eigentlich thue. „Damit Sie sehen, Herr-
Müller," entgegnet derselbe wichtig,
„daß ich mir stets vorher überlege,
was ich sage!"


Auch eine Kritik.
A: „Was halten Sie denn von den
Jamben Otto Reimlers?" — B: „Es
sind die jämberlichsten, die ich je
gelesen habe!" _
Die Kleinen wie Sic Großen.
Die kleine Bertha wünschte sich einen
Puppenwagen und fügte ihrem Abend-
gebete auch die Bitte um einen solchen
an. Zufällig kommt den nächsten Mor-
gen ein Paquet von der Tante aus der
Stadt, welches u. a. auch den Puppen-
wagen für Bertha enthält. Am Abend
sagt die Mutter Bertha's: „Nun, mein
Kind, wirst Du heute beim Abendgebet
auch dem lieben Gott danken für Deinen
Puppenwagen?" — „Nein, Mama,"
erwidert Bertha, „heute bete ich um
einen neuen Hut!"

Marsyas' Rache.
Den Marsyas Apollo einst
Lebendig hat geschunden,
Dieweil der Dichterling nicht könnt'
Vom Dichtcrwahn gesunden.
Doch Marsyas hat Rache jetzt,
Gar schreckliche, gefunden:
Von Dichterlingen ohne Zahl
Wird jetzt — Apoll' geschunden.

„Sultl, gib dem Buberl schön das Pratzcrl!"


Lebensweisheit.
Zu was soll man den Leuten einen
Rath geben? Ein Kluger braucht ihn
nicht, und ein Dummer befolgt ihn nicht.

Conscqnc n t.
„Lieber Freund, möchtest Du mir nicht fünf Mark borgen?" — „Aber hör'
'mal, das ist doch stark; jetzt warst Du vier Wochen mein Gast, wo Du wcdcr
für Essen, Trinken, noch sonst etwas zu zahlen hattest und jetzt willst Du zum

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