Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 77

ver Lhampagne-Kamerad

7

6. Das Mutterkorn (8seals eornutum).

Auf den reifen Roggenpflanzen erblickt man
manchmal ein schwarzviolettes. oft matt bereiftes,
10 bis 35 mm langes und 2.5 bis 6 mm dickes,
lelcht gekrümmtes, hartes, kornähnliches Eebilde
aus den Aehren herausstehen: Es ist das Mutter.
korn. Hervorgerufen wird es durch einen Pilz
(Llsviosxg purpurss), der den Fruchtknoten ge-
wisser Getretde-Arten befällt und diese Wucherung,
ein verhärtetes Pilz-Eewebe, erzeugt. Jn Deutsch»
land, Frankreich und Brlgien kommt diese Ee-
treidekrankheit (nicht zu verwechseln mit dem
Getreiderost) seltener vor. Dagegen lieferte uns
Rußland fast ausschlietzlich den Bedarf an
Mutterkorn.

Als wir uns in den heitzen Augusttagen 1915
dem Bug und Brest.Mowsk näherten, konnten
wir ost in den von den Kosaken vernichteten,
fast reifen Roggenfeldern, durch die sie an Baum-
stämme angeseilte Pferde kreuz und quer getrieben
hatten, an den zerknickten und niedergetretenen
aelben Aehren 1n grotzer Menge das schwarze
Mutterkorn erblicken. Dort ist also ein Sammeln
vor dem Dreschen sicher lohnend. Autzerdem
empfiehlt sich das Herauslesen aus dem Roggen
schon deshalb, weil das Mutterkorn gewisse
starkwirkende Stoffe besitzt, die zwar seine Auf.
nahme unter die Arzneistoffe bedingen, aber im
Mehl und 1m daraus hergestellten Brote für den
Menschen unangenehme Nebenwirkungen ver-
ursachen. Die Körner stnd bei mäßiger Wärme
zu trocknen und in gut schlietzenden Eefätzen
aufzubewahren. Verletzte und zerbrochene Körner
werden leicht ranzig und kommen deshalb für
den medizinischen Gebrauch nicht in Frage.

Der Trockenverlust ist sehr gering. Für 1 kx
einwandfreien Mutterkorns zahlt die Heeresver-
waltung 60 Pfg. vr. w.


valthasar,

das Sorgenklnd.

Schon beim Beginn seines irdischen Jammer-
daseins spielte ihm das Schicksal einen Streich,
indem es ihn seine Eltern dem überreich verzweigten
Stammbaum derer von Meier entnehmen lietz und
ihm damit auferlegte, diesen schönen Namen,
sogar mit gewöhnlichem ei, zeitlebens mit sich
rumzuschleppen.

War schon sein Zivilverhältnis als Latrinen-
wärter nicht dazu angetan, ihn zu Taten von
welterschütternder Bedeutung anzuregen, so fand
er auch beim Militär leider keine Gelegenheit zu
besonderen Glanzleistungen.

Schon Balthasar Meiers Papiere fanden bei'
der Kompagnie-Mutter sehr ungnädige Auf-
nahme. Beim Anblick dieser Urkunden sauste
seine gewaltige Faust donnernd auf den aus ge-
brechlichen Kistenbrettem notdürftig hergerich.
teten „Schreibtisch", der dadurch in grötzte Gefahr
kam, aus dem Leim zu gehen. Jn hohem Bogen
schotz ein beträchtlicher Teil des mühsam er.
rungenen, sorgsam gehüteien Tinteuvorrats aus
dem ihm als Behälter dienenden Schnaps»
gläschen, das wie zur Erinnerung an die längst
vergangene gute alte Zeit mit den lieblichen
Worten „Schltchtes Steinhäger" geschmückt war.
Diese Kraftentfaltung begleitete der zornbebende
Ausruf: „Schon wieder so ein verfluchter Meier,
der Teufel hole diese vermaledeite Brut." Eine
dichte Rauchwolke aus der Havanna.Jmport,
Marke „Fourier", brach sich Bahn durch den
mächtigen Schnauzer und resigniert sehte die
^Kompagnie-Mutter" eine römische XIII hinter
Balthasars Namen, ihn damit den bereits vor-
handenen 12 Namensvettern anreihend.

Leider war Meiers Erscheinung nicht dazu
angetan, diesen überaus schlechten Eindruck zu
verwischen, denn sein ganzes Aeutzere stand in
derartig rraffem Widerspruch zu den Grund>
bedingungen eines deulschen Soldaten, datz er
in jedem militärischen Auge ein heftig schmerzen-
der Dorn sein mutzte. Der im Sprichwort an-
gezogene „Nagel zum Sarge" fand in Meier
seine Berkörperung. Die gütigsten Ermahnungen,
die fürchterlichsten Drohungen, der ganze Reichtum
des Wörterbuckes militärischer Kosenamen unter
ausgiebigster Zuhilfenakme der Bewohner von
Hagenbecks Tierpark in den verblüffendsten
Kreuzungen, alles, alles prallte eindrucks. und
wirkungslos an Balthasar ab, selbst wenn dem
diese „wohlgemeinten Hinweise" unter äutzerster
Anspannung der Sttmmbänder der Herren Vor-
' mtt markerschütternder Donnerstimme
. "" i Anblick

ms Gesicht geschleudert wurden. Sein '
konnte die allseitig mit stiller Bestiedigung
empfundene jooiale Stimmung des Herrn
Kompagnie-Chefs zum Schrecken aller urplötzlich
in drohende Eewitterschwüle umwandeln.

Bei Besichtigungen und ähnlichen Ehrentagen
der Kompagnie übte er auf die zu Gast weilen-
den hohen Herren eine ganz merkwürdtge An-
ziehungskraft aus. Den raffiniertesten Künsten
des Herrn Kompagnie-Führers, Meier möglichst
unauffällig zu plazieren, gelang es nicht zu ver-
hindern, datz Balthasar mit einer huldvollen An-
sprache bedacht wurde, die dann stets für seine
Herren Vorgesetzten ein peinliches Nachsptel
hatte. Um solchen Zwischensällen ein- für alle-
mal ein Ende zu machen, batte Meier bei allen
ähnlichen Begebenheiten weitab vom Schutz volle
Deckung zu nehmen, bis die Luft wieder rein war.

Balthasar Meier war durch alles dies zur
Ueberzeugung gekommen, datz es den vereinten
Kräften der Herren Vorgesrtzten nie geltngen
ürklichen Strategen um-

werde, ihn zu einem wirl
zumodeln und vertrat deshalb den Standpunkt,
datz der stillfriedliche Aufenthalt bei Vater Philtpp
dem unruhigen aufreibenden Treiben auf dem
Ererzierplatz entschieden vorzuziehen sei, und quasi
als Stammgast dieser „Schutzhütte" hatte er
sehr ost Gelegenheit, in sttller Zurückgezogenheit
über die grotze Verschtedenheit der Menschen
Schicksale nachzudenken.

wahre Seschlchtchen.

Man spielte das beliebte „Eewandheitsspiel":
„Jakob, wo bist du?" — „Hat jemand zufällig
ein retnes Taschentuch bei sich?" — Musketier
Lerchenmüller: „Hier!" — Pause. — „Na gib's
her!" — „Einen Augenblick, ich will mich blotz
schnell einmal ausschnauben!" Waithari.

Man mutz es dem Joseph laffen: Arbeiten
kann er, und er hat auch Geschmack, wenn es
gilt, etwas herzurichten. Hämmern, sägen, schnitzen
ist seine LieblrngsbeschSstigung. Zuletzt hat er
uns mit einer Sonnenuhr überrascht. Das Ziffer.
blatt mehr 24-eckig — aber das sieht auch bel.
nahe wie rund aus — und das Ganze rukt auf
einem Ständer aus Naturholz montiert. Leider
verregneten eines Nachts die schön gemalten

Ziffern auf der Scheibe. Doch Joseph wutzte
Rctt. Am andern Tage glänzte unsere Sonnen-
uhr mit neuen Ziffern und, damit der Regen
sie njcht wieder abspülen konnte, hatte Joseph
ein — Schutzdach aus Teerpappe über die Uhr
gebaut! . - ^ g-r«h..

Mein FSHnrich und mein Vizewachtmeister
schrauben sich beide gerN. Beide sind aurDresden.
Neulich schnappe ich folgendes auf: „Wenn ich
nur Jhr .Weetz Knebbchen' höre, wird mir schon
ganz schlecht!" hetzt der Fähnrich. „Tun Sie


nur nicht so, als ob Sie nicht sächsisch sprächen,"
quittiert oer Vize. „Jck spreche nie sächsisch,"
erbittert sich der Fähnrich, „meine Multer sagt
das auch. Jch spreche nie sächsisch, ich spreche
immer preutzisch."

Gasschutzunterttcht. Gasschutzoffizier: „Warum
darf man die Maske nicht zum Trocknen in die
Sonne HSngen?" — Maier: „Weil der Stoff
leidet." — Easschutzoffizier: „Welcher Stoff?"
— Maier: „-Der-Sauerstoff."

Uffz. H. Wirf«.

vas vr.

Legt eine Henne wo ein Ei
Mit viel Gegacker und viel Geschrei,

Gleich stürzt voll Freud' der Mensch herbei
Und ruft hurra und singt Juchhei.

Bald kommt ein zwelter noch herbei.

Nicht lange dauert's, stnd es drei
Und mehr, und staunen an das Ei:

Der Fleischer aus der Metzgerei,

Der Koch aus der Konditorei,

Beamte auch aus der Kanzlei,

Und schlietzlich noch die Polizei. —

Da hebt dann an die Quaffelei,

Die Kttttelei und Schwätzerei,

Und alles, alles um ein Ei.

Und andern Tags, o Schwärmerei,

Steht eine lange Littanei
Jn jeder Zeitung, datz es sei
Geschek'n des Nachmittags um drei,

Datz eine Henne legt' ein Et.

Daraus ersieht man zweifelsftei,

Wie sowas heute seltener sei.

Ei. ei!
 
Annotationen