Metadaten

Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Forschungen in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 1:, 1906

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43825#0017
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I I

1. Die heutige Landschaft.
An der Hand der Karte orientiert am besten eine Umschau, die der 87™ hohe Gipfel
des Ajasolukhügels gewährt. Wie von einem Mittelpunkte aus entwickelt sich hier das in
Vogelschau gesehene Blachgefilde nach allen Seiten. Einer prächtigen Bildfläche vergleichbar
erscheint es eingespannt in die Umrahmung leicht begrünter Höhenzüge, hinter denen schön
geformte Mittelgebirge aufsteigen, und ein Stück Meer, das aus der Ferne herüberglänzt,
erhöht die Anmut der farbenreichen Runde. Ihr Relief zeichnet dem Verkehr vier Haupt-
wege vor, die den Himmelsrichtungen entsprechen. Im Norden mündet ein Defile, das der
Kaystrosfluß und ihn überbrückend die englische Eisenbahn durchsetzt; dort öffnet sich das
continentale Tor der Landschaft, durch das im Altertum die Königsstraße der Perser1) nach
Sardes und Susa, abzweigend eine alte Straße nach Smyrna lief. Gegen Osten blickt man
in eine breite, tief eingeschnittene Talfurche, die vom Messogisgebirge herabkommt und
seitwärts hinaufleitet in das hohe, dicht bewohnte Versteck des Dorfes Kirkindsche, wohin
sich die Griechenbevölkerung von Ephesos einst vor den Seldschuken zurückzog. Nach
Süden weitet sich die Ebene aus zu einer langhin sich verengenden Seitenbucht, in der
das Terrain gleichmäßig sanft und allmählich ansteigt, um sich schließlich in eine bewaldete
Felsschlucht zu verlieren; in der Tiefe dieser Felsschlucht zog eine antike Bergstraße,2) wie
an ihren Wänden der heutige Schienenweg, hinüber nach Magnesia und Tralles in die
Maianderebene. Gegen Westen aber liegt der ganze tafelförmig kahle Talboden jeder Ver-
bindung offen bis an die acht Kilometer entfernte Küste (Fig. 2). In gerader Linie durchschneidet
ihn die Chaussee nach Scalanova, in vielfachen Windungen der Kaystros, der an vier Stellen
durchritten werden kann und nahe der eisernen Bahnbrücke im Norden eine gewölbte
steinerne Brücke besitzt. Mit dem so gewonnenen Überblicke wird zugleich der abgestufte
Wert der geschilderten Verkehrswege sinnfällig. Von rein localem Nutzen war das Tal von
Kirkindsche, das sich mit einer kurzen Sackgasse vergleichen läßt. Provinziale Bedeutung
hatten die Straßen nach Smyrna und in die Maianderebene, da sie nationale Nachbar-
gebiete verbanden. Dem Welthandel dagegen erschloß sich das maritime Tor der Land-
schaft. Dem hier an der Scheide zweier Weltteile liegenden Küstenorte sicherte einst der
westöstliche Tallauf, den die Königsstraße nach Susa benutzte, eine Vermittlerrolle zwischen
Abend- und Morgenland.
Für die speciellen topographischen Fragen ist es unentbehrlich, genauer die heutigen
Landeszustände kennen zu lernen, nicht bloß deshalb, weil sie mit dem antiken Wohl-
stände, hauptsächlich der Kaiserzeit, in lehrreichem Contrast stehen. Das Weichbild der
alten Stadt, die als Sitz der römischen Provinzialverwaltung die Capitale Kleinasiens war,
Ö Ramsay, Historical geography of Asia minor 27 ff. de philologie XXIII 293 ff. U. von Wilamowitz-Moellendorff,
2) Ramsay a. a. O. 33 ff., 164 ff. B. Haussoullier, Revue Göttinger gelehrte Anzeigen 1900 S. 576.
 
Annotationen