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Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Forschungen in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 1:, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.43825#0029
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3. Die Besiedlung bis auf König Kroisos.

Erst aus dem so erlangten Naturbilde wird die antike Talbesiedlung in ihren Anfängen
wie in ihren Fortschritten begreifbar. Vor allem springt jetzt der Grund in die Augen,
warum die Reste von Ephesos sämtlich am Rande einer Talseite liegen.
Die älteste Niederlassung mußte da erfolgen, wo die See dem Continent am weitesten
entgegenkam und für den durchlaufenden Handel der bequemste Umschlageplatz gegeben
war: an der Winkelspitze der Meeresbucht. Für die Wahl des Ortes stand dabei der Hügel
Kuru Tepe außer Frage. Wenn nicht überhaupt noch Insel, war er jedesfalls in Sumpfzonen
unnahbar, räumlich viel zu groß und nicht minder ungeeignet durch seine beiden gleichwertigen
Höhen, wie die schwer zu befestigenden, flachen Abhänge; mit Ausnahme einiger Fels-
gräber am nordöstlichen Ende trägt er denn auch nicht die geringste wirkliche Besiedlungs-
spur.1) Sein jenseitiger, bei gleicher Höhe um die Hälfte kleinerer Nachbar dagegen, der Hügel
von Ajasoluk, erscheint wie geschaffen für eine Feste der Frühzeit. Keine andere Stelle
des gesamten Talgebietes überhaupt besitzt Vorzüge, wie sie in seltener Vereinigung hier zur
Begründung eines festen Sitzes einluden. Wie eingangs geschildert, ist der Hügel die Natur-
warte der Landschaft. Nicht von einem Punkte nur, wie auf Kuru Tepe, sondern in der
ganzen Längserstreckung seiner Höhe ließen sich die Anfahrten im Golfe überwachen.
Allseitig frei aus der Ebene aufsteigend, ähnelt er in der Gesamtgestalt, im Norden selbst etwas
im Baue der Kalkfelsen, dem Burghügel von Athen, der ja gleichfalls die Urstadt der Land-
schaft trug; auch die Höhe ist die gleiche, nur in der Längenausdehnung übertrifft er ihn
etwas an Größe. Sein flach gewölbter, scharf umrandeter Rücken bot vollen Raum für
eine kleine Stadt, sein von da aus ersteigbares Felshaupt eine wahre Akropolis, die noch
jetzt ein byzantinisches Kastell krönt (Fig. 3). Dazu kommt der klare Bezug, den das un-
mittelbar nahe Artemision ausspricht, ein Bezug, ohne den die Lage des Artemision schlecht-
hin unverständlich wäre. Als zugewanderte Fremde hatte die große Naturgöttin, welche
die Griechen ihrer Artemis glichen, ihren Sitz vor den Toren der bestehenden Nieder-
lassung, nicht in ihr, erhalten. Hier befand sich, wie schon Plinius voraussetzen läßt, der
,heilige Hafeni von Ephesos, den Strabon nicht mehr kennt.2) Das gegen Westen offene
Heiligtum war also das ,Hafenheiligtum‘ der Stadt,3) dessen Asylrecht sich aus der
Gründungsepoche herschrieb, als es die Fremdlinge mit den Waren des Emporiums schützte.
In jeder Hinsicht erhellt und erwahrt dies Nachbarverhältnis von Artemision und Stadt die
Überlieferungen der älteren Geschichte.

’) G. Weber, Guide du voyageur a Ephese 58 bemerkt,
was Hauptmann Schindler, der den Hügel wiederholt beging,
nicht wahrnahm: „Sur le sommet le plus elevd de la colline, on
distingue encore la trace d’un monument circulaire de plus de
20 metres de diametre, un tumulus selon toutes les probabilites.

II n’en reste plus que la ligne de pierres extdrieure de la base,
tout le reste est enlevd.“ Oder ein römisches Tropaion? Ein
ehernes vom Jahre 410 v. Chr. im έλος, Adamklissi 134, 3.
2) Kreophylos bei Athenaios Vlll 361 c.
3) Vgl. E. Curtius, Ephesos 6 und 36, 1.
 
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