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Ort dieser Sondersiedlung ist durch das Athenaheiligtum bestimmt,1) dessen Lage zwar
noch nicht ergraben, indes durch hinreichende Daten der Überlieferung näher zu fixieren
ist: es befand sich in der Tiefe der südlichen Seitenbucht, wie denn auch das Grab des
Begründers Androklos2) dort in der Nähe lag, an dem Wege, der vom Artemision her
gegen Süden zog. Der Name dieser gewiß dorfartig offen zu denkenden Ansiedlung war
Smyrna,3) in älterer Form (sofern dies richtig vermutet worden ist) Samorna,4) und wie
in vielen Gründungssagen kleinasiatischer, namentlich aiolischer Orte wurde er auch mit
einer Amazone, Smyrna5), verknüpft oder einer vereinzelten Legende zufolge dadurch
erklärt, daß Ionier von hier das anfänglich aiolische Smyrna occupiert und dem ionischen
Bunde zugeführt hätten. Mit der Sondersiedlung des Androklos war jedesfalls die erste
Stadterweiterung gegeben. Sie wird topographisch insofern verständlich, als sich die Stadt
vorerst überhaupt nur in den beiden nach Ost und Süd laufenden Talgründen ausbreiten
konnte und natürlich zunächst das größere, günstigere Südtal bevorzugen mußte; denn
nach anderen Richtungen war die See im Wege und das Sumpfland der Flußmündung.
Die Stelle war offenbar glücklich gewählt. Hier lag die Ortschaft gegen die See, von der
hauptsächlich Gefahr zu befürchten war, vollkommen gedeckt und Schutz hatte sie an der
Stadtfeste, die den Taleingang beherrschte. Umgekehrt konnte sie dieser den Dienst eines
Hinterhaltes leisten, wenn ein Feind gegen sie vorrückte.
Über den Verlauf der Besiedlung in den folgenden Jahrhunderten versagt leider die
Überlieferung. Aus gelegentlichen Zügen erfährt man, daß sich die von König Androklos
begründete Colonie auf den geographisch nächstliegenden Bahnen ausbreitete, einerseits dem
Meere entlang südwärts bis Marathesion oder Neapolis — gegen Norden stieß sie an das
Küstengebiet von Kolophon — anderseits in die zurückliegenden Ebenen des Flußtales
ostwärts, wo u. a. die Orte Tyrrha, das heutige Tireh, Larissa und Metropolis als zugehörig
erwähnt werden, auch daß sie vorübergehend über Samos gebot und über die Bergscheide
hinweg nach Magnesia im Maiandertale Übergriff; aber für keine Zeit sind auch nur an-
nähernd Grenzen fixierbar. Daß der rasch aufblühende Handelsplatz und das international
Ü Die unten zu besprechenden entscheidenden Angaben
über die Lage des Athenaion geben Strabon XIV 634, der
ausdrücklich sagt, daß es anßerhalb der Lysimachischen Stadt
έξω της νυν πόλεως sich befand, und die Gründungslegende
des Kreophylos bei Athenaios VIII 361 c.
2) Pausanias VII 2, 9 Έφέσιοι δέ άνελόμενοι του Άνδρόκλου
τδν νεκρόν έθ-αψαν τής σφετέρας ένθ·α δείκνυται καί ές εμέ έτι τό
μνήμα κατά την όδόν την έκ του ίεροΰ παρά τό Όλυμπιειον
καί έπί πύλας τάς Μαγνήτιδας· έπίθ-ημα δέ τφ μνήματι άνήρ
έστιν ώπλισμένος.
3) Strabon XIV 633 f., wo die Beweise durch Citate aus
Kallinos und Hipponax gegeben sind (s. unten).
4) Stephanos Byz. Σάμορνα καί Σάμορνος ή "Εφεσος εκαλείτο,
τό έθ-νικόν τής Σαμόρνης Σαμορνάίος, τής δέ Σάμορνος Σαμόρνιος und
S. ν. "Εφεσος . . . έκαλεΐτο δέ Σμύρνα άπό Σμύρνης τής Άμαζόνος.
έκαλεΐτο δέ καί Σάμορνα καί Τρηχεΐα καί Όρτυγία καί Πτελέα κτλ.
Hesychios Άρτεμι Σαμορνίη· ή "Εφεσος Σάμορνα καλείται, οίον ουν
Έφεσία. Vgl. die Vermutungen von Μ. Schmidt zu Hesychios
s. ν. Αίμονΐα und s. ν. Σαμονία, u. A. „gliscente vero tempore
Σάμορνα corrupto sono Σμύρνα vocari coepit“. Aus falscher
Etymologie des fremden Namens scheinen die Nachrichten
geflossen, daß Androklos vor der Gründung von Ephesos
über zwanzig Jahre in Samos gewesen sei (Kreophylos bei
Athenaios VIII 361 c), oder daß eine Chiliastys Samischer
Sclaven Ephesos gründeten (Malakos έν τοΐς Σιφνιών ώροις bei
Athenaios VI 267 a, b = Fragm. h. gr. IV 442).
5) Erwin Rohde, Rhein. Museum XXXVI 388 ff.
Ort dieser Sondersiedlung ist durch das Athenaheiligtum bestimmt,1) dessen Lage zwar
noch nicht ergraben, indes durch hinreichende Daten der Überlieferung näher zu fixieren
ist: es befand sich in der Tiefe der südlichen Seitenbucht, wie denn auch das Grab des
Begründers Androklos2) dort in der Nähe lag, an dem Wege, der vom Artemision her
gegen Süden zog. Der Name dieser gewiß dorfartig offen zu denkenden Ansiedlung war
Smyrna,3) in älterer Form (sofern dies richtig vermutet worden ist) Samorna,4) und wie
in vielen Gründungssagen kleinasiatischer, namentlich aiolischer Orte wurde er auch mit
einer Amazone, Smyrna5), verknüpft oder einer vereinzelten Legende zufolge dadurch
erklärt, daß Ionier von hier das anfänglich aiolische Smyrna occupiert und dem ionischen
Bunde zugeführt hätten. Mit der Sondersiedlung des Androklos war jedesfalls die erste
Stadterweiterung gegeben. Sie wird topographisch insofern verständlich, als sich die Stadt
vorerst überhaupt nur in den beiden nach Ost und Süd laufenden Talgründen ausbreiten
konnte und natürlich zunächst das größere, günstigere Südtal bevorzugen mußte; denn
nach anderen Richtungen war die See im Wege und das Sumpfland der Flußmündung.
Die Stelle war offenbar glücklich gewählt. Hier lag die Ortschaft gegen die See, von der
hauptsächlich Gefahr zu befürchten war, vollkommen gedeckt und Schutz hatte sie an der
Stadtfeste, die den Taleingang beherrschte. Umgekehrt konnte sie dieser den Dienst eines
Hinterhaltes leisten, wenn ein Feind gegen sie vorrückte.
Über den Verlauf der Besiedlung in den folgenden Jahrhunderten versagt leider die
Überlieferung. Aus gelegentlichen Zügen erfährt man, daß sich die von König Androklos
begründete Colonie auf den geographisch nächstliegenden Bahnen ausbreitete, einerseits dem
Meere entlang südwärts bis Marathesion oder Neapolis — gegen Norden stieß sie an das
Küstengebiet von Kolophon — anderseits in die zurückliegenden Ebenen des Flußtales
ostwärts, wo u. a. die Orte Tyrrha, das heutige Tireh, Larissa und Metropolis als zugehörig
erwähnt werden, auch daß sie vorübergehend über Samos gebot und über die Bergscheide
hinweg nach Magnesia im Maiandertale Übergriff; aber für keine Zeit sind auch nur an-
nähernd Grenzen fixierbar. Daß der rasch aufblühende Handelsplatz und das international
Ü Die unten zu besprechenden entscheidenden Angaben
über die Lage des Athenaion geben Strabon XIV 634, der
ausdrücklich sagt, daß es anßerhalb der Lysimachischen Stadt
έξω της νυν πόλεως sich befand, und die Gründungslegende
des Kreophylos bei Athenaios VIII 361 c.
2) Pausanias VII 2, 9 Έφέσιοι δέ άνελόμενοι του Άνδρόκλου
τδν νεκρόν έθ-αψαν τής σφετέρας ένθ·α δείκνυται καί ές εμέ έτι τό
μνήμα κατά την όδόν την έκ του ίεροΰ παρά τό Όλυμπιειον
καί έπί πύλας τάς Μαγνήτιδας· έπίθ-ημα δέ τφ μνήματι άνήρ
έστιν ώπλισμένος.
3) Strabon XIV 633 f., wo die Beweise durch Citate aus
Kallinos und Hipponax gegeben sind (s. unten).
4) Stephanos Byz. Σάμορνα καί Σάμορνος ή "Εφεσος εκαλείτο,
τό έθ-νικόν τής Σαμόρνης Σαμορνάίος, τής δέ Σάμορνος Σαμόρνιος und
S. ν. "Εφεσος . . . έκαλεΐτο δέ Σμύρνα άπό Σμύρνης τής Άμαζόνος.
έκαλεΐτο δέ καί Σάμορνα καί Τρηχεΐα καί Όρτυγία καί Πτελέα κτλ.
Hesychios Άρτεμι Σαμορνίη· ή "Εφεσος Σάμορνα καλείται, οίον ουν
Έφεσία. Vgl. die Vermutungen von Μ. Schmidt zu Hesychios
s. ν. Αίμονΐα und s. ν. Σαμονία, u. A. „gliscente vero tempore
Σάμορνα corrupto sono Σμύρνα vocari coepit“. Aus falscher
Etymologie des fremden Namens scheinen die Nachrichten
geflossen, daß Androklos vor der Gründung von Ephesos
über zwanzig Jahre in Samos gewesen sei (Kreophylos bei
Athenaios VIII 361 c), oder daß eine Chiliastys Samischer
Sclaven Ephesos gründeten (Malakos έν τοΐς Σιφνιών ώροις bei
Athenaios VI 267 a, b = Fragm. h. gr. IV 442).
5) Erwin Rohde, Rhein. Museum XXXVI 388 ff.