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Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Forschungen in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 1:, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.43825#0105
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99

asiatischen Redekunst, dem schönen Smyrna, wo Polemon unübertroffene Triumphe feierte,
war Ephesos ohnehin in stetem Wettbewerb, es wurde daher alles aufgeboten, um dem
modernen Literatentume, das allerwärts höchsten Anklang fand, selbst allerhöchster Gunst
sich erfreute, eine volle Wirksamkeit zu eröffnen. Man war nicht wenig eitel darauf, an
Lollianos und Damianos einheimische Größen des Faches zu besitzen, bewunderte aber
Fremde wie den Gallier Favorinus, den Tyrier Hadrian noch mehr und begeisterte sich
für den von Milet herübergezogenen Herakleides so weit, daß er es bis zu einem Ehren-
grabe auf dem Marktplatze brachte. War auch der positive Gewinn, den die Sophisten
einbrachten, in Wirklichkeit gering, außer wenn sie, an den römischen Hof abgesandt,
nicht bloß für sich mit kaiserlichen Geschenken und Auszeichnungen zurückkamen, so
wirkte doch ihre distinguierte Lebenshaltung, der Reiz ihres Virtuosenhaften Auftretens,
das Spiel ihrer auf Kenner berechneten und Schüler wie Kenner berauschenden Sprach-
künste als ein suggestiv sich steigernder Genuß auf die Gebildeten. Für das Volk aber,
das ihren Leistungen so fremd gegenüberstand, wie sie uns heute alles in allem doch
als die öde Blüte eines literarischen Sumpfgewächses erscheinen, waren in Hülle und
Fülle ausgiebigere Würzen des Lebens vorhanden. Das bürgerliche Jahr mag in Ephesos
nicht viel weniger Feiertage gehabt haben als in Rom, wo man deren unter Marc Aurel
135, später sogar 175 zählte; war doch ein voller Monat allein der Artemis heilig. Wie
mannigfaltige Culte waren aber neben ihr im Laufe der Zeit groß geworden und was
gaben sie nicht alles zu genießen in ihren Weihen, Gebeten und musikalischen Dar-
bietungen, im ergötzlichen Gepränge stattlich sich entwickelnder Processionen, in den un-
endlichen Opfern, die mit vergnüglichen, in Zelten oder Festsälen (S. 97, 5) abgehaltenen
Opferschmäusen endeten. Wieviel Spenden kamen zur Verteilung, wieviel Wohlfahrts-
einrichtungen, Pflegestätten, Bäder, Laufbrunnen und Anstandsorte standen in der reinlich
gehaltenen, gut canalisierten, nachts an belebter Stelle beleuchteten Stadt der Benutzung
offen. Dazu die Lust der Ringschulen, wo jung und alt um die Wette sich der Kritik
stellte, die Concerte des Odeion, das mächtig aufgebaute Stadion mit seinen Wettläufen,
Stierhetzen und Gladiatorenkämpfen, die Aufregungen der Rennbahn, die Pracht des
Theaters, wenn es die Gemeinde versammelte oder der ganzen Bevölkerung Spiel und
Tanz zu beklatschen gab, das gesamte allgemeine Treiben überhaupt in den Promenaden,
Wandelhallen und offenen Plätzen, wo sich Akrobaten sehen ließen, Zauberer, Traum-
deuter und Wahrsager in die polyglotte Menge mischten, Placate und Heroldsrufe, Neuig-
keiten der Gerichtshöfe, die bunten Sitten der Fremden, kostbare Waren in den Kauf-

x) Vgl. oben S. 55 die Inschrift der Arkadiane und den
Brief des Bischofs Kyrillos über die ephesische Synode des
Jahres 431 (Mansi, conciliorum collectio IV 1242): έξελθ-όντες
δέ ήμας έκ τής έκκλησίας προεπεμψαν μετά λαμπάδων έως του κατα-
γωγίου· λοιπόν γάρ ήν έσπέρα· καί γέγονε πολλή ·θ·υμηδία, καί

λυχναψία έν τή πόλει· ώστε και γυναίκας θ-υμιατήρια κατεχοΰσας
προηγεισθ·αι ημών. Gleichartiges scheint bisher nur für Antio-
chia bekannt zu sein, wofür Liebenam, Städteverwaltung
153 Ammianus Marcellinus XIV 1, 9 und Libanios I 363 R.
citiert.
 
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