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Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Forschungen in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 1:, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.43825#0174
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baues, manches gewiß auch der
Verwitterung zur Last zu legen —
aber doch durchaus frisch und in¬
dividuell und weit entfernt von
der schematischen Trockenheit und
Regelmäßigkeit römischer Arbeit.
Dagegen zeigt sich römischer
Einschlag technisch in der Ver¬
wendung von Gußwerk im ganzen
inneren Kern, stilistisch vielleicht
in den Capitälen der dorischen
Ordnung, die mit ihrem rosettengeschmückten Halse an tuscanische Formen gemahnen,
und, worauf Studnitzka1) hinweist, in dem Fehlen der Stufenkrepis.
Nichtsdestoweniger bleibt der Gesamtcharakter des Monumentes ein einheitlicher
und widerrät entschieden, allzutief mit der Datierung herabzugehen. Nirgends findet sich
die nüchterne Correctheit römischer Bauten, durchgängig tritt uns eine selbständige künst-
lerische Eigenart entgegen, die in freiem Schalten mit überlieferten Formen nach Unge-
wohntem, Packendem strebt. Kaum ein einziges Bauglied fügt sich ganz den Regeln der
classischen Baukunst. Unerhört ist für diese in der dorischen Ordnung, um von der Gestalt
des Capitäls und unbedeutenderen Abweichungen am Triglyphenfries zu schweigen, die
capriciöse Unterschneidung der Wassernase und der Wechsel von Löwenköpfen und Füll-
hörnern an der Sima. Noch ungebundener waltet die Phantasie im ionischen Geschosse.
Die Säulenbasis weicht völlig von den geläufigen Typen des kleinasiatischen wie des
attischen Ionismus ab; singulär ist die Außenprofilierung des Architravs, ungewöhnlich das
Auftreten von Akanthosblättern und consolenartigen Ornamenten an Geison und Sima.
Ganz originell ist endlich der Gedanke, die
Voluten des Capitäls mit einem Ranken¬
gewinde zu verkleiden.
Trotzdem vermißt man im ganzen
den großen Zug wahrhaft schöpferischer Ge¬
staltungskraft; die Erfindungsgabe betätigt
sich vorwiegend in kleinen, manchmal —
wie in der lahmen, das der Metalltechnik ent¬
nommene Motiv der Säulenbasis im Gegen¬
sinn wiederholenden Profilierung des ioni-
Ü Tropaeum Traiani, Abhandlungen d. k. sächsischen
Gesellschaft der Wissenschaften XXII (1904) 19. Fig. 100 Capital der ionischen Ordnung, Seitenansicht.
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Fig. 99 Capital der ionischen Ordnung, Vorderansicht.


Forschungen in Ephesos I.
 
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