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III. DIE KURETEN ALS APXEION DES ARTEMISIONS
Stand für die Deutung der ortygischen Panegyris im Kult der Artemis und für die Funktion
der Kureten der im Detail zwar wenig ausführliche, die Situation aber dennoch hinreichend er-
hellende Bericht Strabons zur Verfügung, so sind wir bezüglich aller die Organisationsform
betreffenden Fragen zunächst auf zwei Inschriften angewiesen, in denen die Kureten am Rande
profaner Sachverhalte erwähnt werden. Die erste Inschrift29 ist eines jener aus dem Artemision
stammenden Bürgerrechtsdekrete30, aus dem wir erfahren, daß im Jahre 302 v. Ohr.31 κουρήτες
und νεωποΐαι dem Rat von Ephesos über die Würdigkeit der Verleihung des ephesischen Bürger-
rechtes an einen in den Wirren der frühen Diadochenzeit um die Stadt und das Artemision
verdient gewordenen Akarnanier berichtet haben32. Der zweite Text33 bezieht sich auf die Ver-
pachtung eines Libanotopolion34; offenbar als Zeugen der Richtigkeit werden dabei die Namen
mehrerer35 Kureten und νεωποΐαι genannt. Mit dieser Rolle der Kureten als Beauftragte der
Tempeladministration36 stimmt überein, daß noch Strabon von einem κουρητών άρχειον spricht,
womit er wahrscheinlich den noch für seine Zeit, also etwa für das Ende des 1. Jh.s v. Chr., gültigen
offiziellen Namen der Kuretenkörperschaft tradiert37.
Mit diesen wenigen Feststellungen ist der Rahmen dessen, was sich über die Kureten in helleni-
stischer Zeit sagen läßt, bereits erreicht, und alle Fragen, deren Beantwortung für das kaiserzeitliche
Kuretenkollegium auf Grund der unvergleichlich besseren Quellenlage wenigstens zum Teil möglich
ist, müssen offenbleiben. Trotzdem dürfen wir festhalten, daß die Kureten in hellenistischer Zeit
nicht nur kultische, sondern auch politische Funktionen hatten. Beide standen offenbar gleichbe-
rechtigt nebeneinander, wie wir dies nicht selten in altertümlichen Ordnungen finden. Man darf hier
vielleicht mit aller Vorsicht einen Rückschluß auf die vorhellenistische Zeit wagen. Der Sitz der
Kuretenkörperschaft war in hellenistischer Zeit offensichtlich das Artemision, er lag also außerhalb
der neuen, von Lysimachos gegründeten Stadt. Dagegen war das Ephesos der klassischen Zeit
(die sog. „griechische Stadt“)38 am Artemision gelegen. Man wird daher vermuten dürfen, daß
die halb kultische, halb politische Funktion der hellenistischen Kureten auf jene ältere Zeit zurück-
geht, in der das Artemision noch der Mittelpunkt von Ephesos war. Daß sich bisher nirgendwo
der geringste Hinweis auf eine Kuretenliste aus hellenistischer oder womöglich noch älterer Zeit
gefunden hat, muß nicht unbedingt bedeuten, daß man keine KuretenVerzeichnisse geführt hat;
man hat vielleicht nur unterlassen, sie auf Stein öffentlich zu verzeichnen.
29 A 2.
30 Zu den ephesischen Bürgerrechtsdekreten vgl. IBM III, S. 89, Nr. 448—476; Heberdey, Forschungen II
Nr. 1—16; Keil, ÖJh 13, 1916, S. 231 ff.; Inschriften von Ephesos IV 1389, 1408f.
31 Vgl. L. Robert, Hellenica III, 1946, S. 79ff., und S. 14 Anm. a.
32 Vgl. A 2 Z. If.: ,,. . . περί ών οϊ νεωποϊαι καί οί κουρήτες κατασταθέντες διελέχθ-ησαν τή βουλή . . .“
33 Α 1.
34 Vgl. D 1 Ζ. 3ff.: ,,Τόν πρύτανιν αϊθειν πΰρ επί των βωμών πάντων καί έπιθυμιάν τον λιβανωτόν καί τα
ιερατικά αρώματα.“
35 Leider ist die Namensliste durch spätere Abarbeitung des linken Randes nicht vollständig, so daß sich
die Zahl der Kureten nicht mit Sicherheit bestimmen läßt.
36 Vgl. Picard S. 280: ,,Ils (die Kureten) furent alors les intermediaires choisis entre la γερουσία et la
βουλή pour les affaires concernant ä la fois le Service du temple et l’administration municipale“.
37 Vgl. Picard S. 279, Anm. 6.
38 Der Terminus „griechische Stadt“ für das vorlysimachische, rund um das Artemision gelegene Ephesos
hat sich unterdessen in der Fachliteratur so eingebürgert, daß darauf trotz seiner sachlichen Unzulänglichkeit
nicht verzichtet werden kann.
 
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