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auszuwählen. Aus dieser engen Verbindung zwischen Prytanen und Kureten wird auch verständ-
lich, daß sich in nicht wenigen Listen unter den Kureten Väter, Söhne oder sonstige Verwandte
des Prytanen — bisweilen selbst ehemalige πρυτάνεις — finden174. Wir halten fest: Zwischen
Prytanen und Kureten bestand ein enges (und, wir wir gesehen haben, nicht selten auch verwandt-
schaftliches), auch nach Ablauf des gemeinsamen Prytanen- bzw. Kureten jahres weiterbestehendes
Nahverhältnis, das in Einzelfällen sogar über Generationen in Erinnerung blieb, wie B 43 zeigt,
wo ein Kuret vermerkt, daß sein Vater κούρης des Großvaters „seines“ Prytanen war.
Inwieweit die Beihung der Kureten innerhalb der einzelnen Jahreslisten zugleich auch eine
Rangstellung widerspiegelt, läßt sich nicht mit derselben Bestimmtheit wie für die Kultdiener
sagen. Jedenfalls nehmen Personen, die in irgendeiner verwandtschaftlichen Relation zum Pry-
tanen stehen bzw. solche, die anderweitige öffentliche oder sakrale Funktionen bekleiden oder
bekleidet haben175, in der Regel die ersten Plätze ein. Erst in den späten Inschriften des beginnen-
den 3. Jh.s findet sich die Funktion eines πρωτοκούρης176. Wir möchten meinen, daß dieser Titel,
der vielleicht (unausgesprochen) auch schon früher jeweils dem erstgenannten Kureten zukam,
erst später üblich wurde zur Bezeichnung des ältesten und ranghöchsten Kureten, der das Kol-
legium gelegentlich offiziell repräsentierte. Zu dem erstmalig in B 40 erscheinenden und ab B 43
als Kultdiener fungierenden έβδομοκούρης vgl. S. 88.
Bezüglich des Lebensalters der Kureten läßt sich lediglich sagen, daß die zahlreichen πατέρες,
πάπποι und θείοι der Prytanen — selbst wenn letztere bisweilen noch sehr jung waren —- ebenso
wie die βουλευταί, έκ γερουσίας und sonstigen Inhaber öffentlicher, ein gesetztes Alter erfordernder
Funktionen177 keine jungen Leute mehr gewesen sein können. Schon Strabon spricht ja von
νέοι und offenbar älteren Kureten jenseits der Grenze dieser Altersklasse.
Wie B 54 zeigt, hat das Kuretensynedrion — jedenfalls am Ende des 2. Jh.s — ein
kollegiales Spitzenamt in Gestalt zweier άρχοντες besessen178. Zu fragen bleibt schließlich, ob der
γραμματεύς in C 1 ein γραμματεύς του δήμου (vgl. C 2, wo diese Funktion gleich dreimal erscheint)
oder des Kuretenvereines ist. Wie unsicher dies alles sein mag, so können wir doch davon ausgehen,
daß auch das Kuretensynedrion eine reichhaltige, vereinstechnische Infrastruktur hatte.
Da jeder Prytane „seine“ Kureten auswählte, sind Beispiele für eine Iteration der Kureten-
funktion naturgemäß sehr selten179.
174 Vgl. B 9, B 13, B 33, B 35, B 36, B 41, B 45, B 51, B 53 und B 54; nicht immer ist der Verwandt-
schaftsgrad exakt angegeben (υιός, πατήρ, πάππος, θείος) wie ζ. Β. in Β 40, wo drei συγγενείς des Prytanen als
Kureten erscheinen oder in B 48, wo ein έκγονος des πρύτανις Kuret war; oft läßt sich die Verwandtschaft zwi-
schen Prytanen und Kureten nur auf Grund der Namen erschließen wie in B 6, wo die ersten vier Kureten
offenbar Söhne des Prytanen sind oder in B 8 und B 23, wo der erste Kuret jeweils ein Bruder bzw. ein anderer
Verwandter des πρύτανις ist; die drei Ούήδιοι in B 16 sind vielleicht Freigelassene des Prytanen Πό. Ούήδιος
Άντωνεΐνος (53p, vgl. 252K, 253K, 255K).
175 (In alphabetischer Reihenfolge): άγνεάρχης: B 10 = 1 (vgl. S. 86f.); άλοφόρος:B 10 = 1, vgl. S. 121, Anm.
325; αρχίατρός: B 38 — 1; άρχιτέκτων τής Θεοΰ: Β 51 — 1 (vgl. S. 165); βουλάρχης: Β 52 = 1; βουλευτής: Β3 = 1,
Β4 = 1, Β9 = 2, Β20 = 6, Β22 = 2, Β23 = 5, Β24 = 3, Β28 — 2, Β30 = 3, Β32 — 4, Β33 = 3, Β35 = 6,
Β 36 — 3, Β 38 = 2, Β 40 = 4, Β 42 = 2, Β 44 = 9, Β 48 = 2, Β 50 = 3, Β 51 = 2, Β 52 = 1; έβδομοκούρης:
Β 42, Β 42a = 1 (vgl. S. 88.); έκ γερουσίας: Β 22 = 4, Β 29 — 1, Β 32 = 1, Β 39 = 1, Β 40 = 1; έφήβαρχος:
Β 20 = 1; θεολόγος: Β 23 = 1, Β 54 = 1; ΐερεύς: Β 14 = 1 (vgl. S. 97); (ίερο) κήρυξ: Β2= 1, Β 4 = 1 (vgl.
S. 84 und Anm. 77); ίερονείκης: Β 45 = 1; μελλοπρύτανις: Β 51 — 1; νεοποιός: Β 44 = 9; παράδοξος: Β 32 — 1;
παραφύλαξ τής ειρήνης: Β 34 = 2; πρύτανις: Β 9 = 1, Β 33 = 1, Β 35 = 1; ύμνωδός: Β 2 = 1, Β 4 = 1, (vgl.
S. 84 und Anm. 77); in den späten Listen der Gruppe V finden sich als Kureten (?): αγωνοθέτης (eines imbe-
kannten Agons): N 10 = 1; βουλευτής: N 3 = 4; έκ γερουσίας: N 3 = 1; γραμματεύς: N 10 = 1, in den spätesten
Listen der Gruppe VI schließlich: γερουσιαστής: C 1 = 1; γραμματεύς δήμου: C 2 = 3; wenig wahrscheinlich
ist, daß der έστιοΰχος und die καλαθηφόρος in C 1 gleichzeitig auch Kureten waren, wie man zunächst meinen
könnte, vgl. S. 132, Anm. 353.
176 Vgl. C 2, D 6, F 11, N 6, N 7, N 8, N 10; vgl. auch S. 92, Anm. 139.
177 Vgl. S. 97, Anm. 175.
178 Vgl. Z. 5f. und S. 168 zu N 2d.
179 8K = 9K; 24K: (κούρης) το β’ = 25K [(κούρης) το γ’]; 289Κ = 290κ: κούρης το γ’.
auszuwählen. Aus dieser engen Verbindung zwischen Prytanen und Kureten wird auch verständ-
lich, daß sich in nicht wenigen Listen unter den Kureten Väter, Söhne oder sonstige Verwandte
des Prytanen — bisweilen selbst ehemalige πρυτάνεις — finden174. Wir halten fest: Zwischen
Prytanen und Kureten bestand ein enges (und, wir wir gesehen haben, nicht selten auch verwandt-
schaftliches), auch nach Ablauf des gemeinsamen Prytanen- bzw. Kureten jahres weiterbestehendes
Nahverhältnis, das in Einzelfällen sogar über Generationen in Erinnerung blieb, wie B 43 zeigt,
wo ein Kuret vermerkt, daß sein Vater κούρης des Großvaters „seines“ Prytanen war.
Inwieweit die Beihung der Kureten innerhalb der einzelnen Jahreslisten zugleich auch eine
Rangstellung widerspiegelt, läßt sich nicht mit derselben Bestimmtheit wie für die Kultdiener
sagen. Jedenfalls nehmen Personen, die in irgendeiner verwandtschaftlichen Relation zum Pry-
tanen stehen bzw. solche, die anderweitige öffentliche oder sakrale Funktionen bekleiden oder
bekleidet haben175, in der Regel die ersten Plätze ein. Erst in den späten Inschriften des beginnen-
den 3. Jh.s findet sich die Funktion eines πρωτοκούρης176. Wir möchten meinen, daß dieser Titel,
der vielleicht (unausgesprochen) auch schon früher jeweils dem erstgenannten Kureten zukam,
erst später üblich wurde zur Bezeichnung des ältesten und ranghöchsten Kureten, der das Kol-
legium gelegentlich offiziell repräsentierte. Zu dem erstmalig in B 40 erscheinenden und ab B 43
als Kultdiener fungierenden έβδομοκούρης vgl. S. 88.
Bezüglich des Lebensalters der Kureten läßt sich lediglich sagen, daß die zahlreichen πατέρες,
πάπποι und θείοι der Prytanen — selbst wenn letztere bisweilen noch sehr jung waren —- ebenso
wie die βουλευταί, έκ γερουσίας und sonstigen Inhaber öffentlicher, ein gesetztes Alter erfordernder
Funktionen177 keine jungen Leute mehr gewesen sein können. Schon Strabon spricht ja von
νέοι und offenbar älteren Kureten jenseits der Grenze dieser Altersklasse.
Wie B 54 zeigt, hat das Kuretensynedrion — jedenfalls am Ende des 2. Jh.s — ein
kollegiales Spitzenamt in Gestalt zweier άρχοντες besessen178. Zu fragen bleibt schließlich, ob der
γραμματεύς in C 1 ein γραμματεύς του δήμου (vgl. C 2, wo diese Funktion gleich dreimal erscheint)
oder des Kuretenvereines ist. Wie unsicher dies alles sein mag, so können wir doch davon ausgehen,
daß auch das Kuretensynedrion eine reichhaltige, vereinstechnische Infrastruktur hatte.
Da jeder Prytane „seine“ Kureten auswählte, sind Beispiele für eine Iteration der Kureten-
funktion naturgemäß sehr selten179.
174 Vgl. B 9, B 13, B 33, B 35, B 36, B 41, B 45, B 51, B 53 und B 54; nicht immer ist der Verwandt-
schaftsgrad exakt angegeben (υιός, πατήρ, πάππος, θείος) wie ζ. Β. in Β 40, wo drei συγγενείς des Prytanen als
Kureten erscheinen oder in B 48, wo ein έκγονος des πρύτανις Kuret war; oft läßt sich die Verwandtschaft zwi-
schen Prytanen und Kureten nur auf Grund der Namen erschließen wie in B 6, wo die ersten vier Kureten
offenbar Söhne des Prytanen sind oder in B 8 und B 23, wo der erste Kuret jeweils ein Bruder bzw. ein anderer
Verwandter des πρύτανις ist; die drei Ούήδιοι in B 16 sind vielleicht Freigelassene des Prytanen Πό. Ούήδιος
Άντωνεΐνος (53p, vgl. 252K, 253K, 255K).
175 (In alphabetischer Reihenfolge): άγνεάρχης: B 10 = 1 (vgl. S. 86f.); άλοφόρος:B 10 = 1, vgl. S. 121, Anm.
325; αρχίατρός: B 38 — 1; άρχιτέκτων τής Θεοΰ: Β 51 — 1 (vgl. S. 165); βουλάρχης: Β 52 = 1; βουλευτής: Β3 = 1,
Β4 = 1, Β9 = 2, Β20 = 6, Β22 = 2, Β23 = 5, Β24 = 3, Β28 — 2, Β30 = 3, Β32 — 4, Β33 = 3, Β35 = 6,
Β 36 — 3, Β 38 = 2, Β 40 = 4, Β 42 = 2, Β 44 = 9, Β 48 = 2, Β 50 = 3, Β 51 = 2, Β 52 = 1; έβδομοκούρης:
Β 42, Β 42a = 1 (vgl. S. 88.); έκ γερουσίας: Β 22 = 4, Β 29 — 1, Β 32 = 1, Β 39 = 1, Β 40 = 1; έφήβαρχος:
Β 20 = 1; θεολόγος: Β 23 = 1, Β 54 = 1; ΐερεύς: Β 14 = 1 (vgl. S. 97); (ίερο) κήρυξ: Β2= 1, Β 4 = 1 (vgl.
S. 84 und Anm. 77); ίερονείκης: Β 45 = 1; μελλοπρύτανις: Β 51 — 1; νεοποιός: Β 44 = 9; παράδοξος: Β 32 — 1;
παραφύλαξ τής ειρήνης: Β 34 = 2; πρύτανις: Β 9 = 1, Β 33 = 1, Β 35 = 1; ύμνωδός: Β 2 = 1, Β 4 = 1, (vgl.
S. 84 und Anm. 77); in den späten Listen der Gruppe V finden sich als Kureten (?): αγωνοθέτης (eines imbe-
kannten Agons): N 10 = 1; βουλευτής: N 3 = 4; έκ γερουσίας: N 3 = 1; γραμματεύς: N 10 = 1, in den spätesten
Listen der Gruppe VI schließlich: γερουσιαστής: C 1 = 1; γραμματεύς δήμου: C 2 = 3; wenig wahrscheinlich
ist, daß der έστιοΰχος und die καλαθηφόρος in C 1 gleichzeitig auch Kureten waren, wie man zunächst meinen
könnte, vgl. S. 132, Anm. 353.
176 Vgl. C 2, D 6, F 11, N 6, N 7, N 8, N 10; vgl. auch S. 92, Anm. 139.
177 Vgl. S. 97, Anm. 175.
178 Vgl. Z. 5f. und S. 168 zu N 2d.
179 8K = 9K; 24K: (κούρης) το β’ = 25K [(κούρης) το γ’]; 289Κ = 290κ: κούρης το γ’.