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gens lulia, wofür parallele Monatsnamen zur Verfügung stehen246. Die (vielleicht etwas später
eingerichtete) Chiliastys Τιβεριεϊς bezieht sich offenbar auf (Kaiser) Tiberius, der, zwar schon in
Νερωνιεϊς geehrt, bekanntlich als Tiberius Caesar Augustus zur Herrschaft gelangt ist; vielleicht
hoffte man so auf eine günstigere Ausgangsposition für die Erlangung einer Kaiserneokorie, um
die sich die Ephesier im Jahre 26 im Verein mit anderen asiatischen Städten vor Kaiser Tiberius
beworben haben247. Leider läßt sich die Phylenzugehörigkeit der Chiliastys Τιβεριεϊς nicht be-
stimmen; wir werden sie, ebenso wie die klaudische Chiliastys Κλαυδιεϊς, die zur Phyle der Καρη-
ναϊοι gehört, unter der Annahme, daß ebenso wie bei dieser ein älterer Chiliastyenname umbe-
nannt wurde, gleichfalls einer älteren Phyle (Τήιοι, Εύώνυμοι, Βεμβιναϊοι) zuweisen248. Was die
,,augusteischen“ Chiliastyen betrifft, so würde man erwarten, daß diese allesamt der Phyle Σεβαστή
angehören, was jedoch mit Ausnahme der Chiliastyen Νερωνιεϊς und Δρουσιεϊς nicht gesichert
und zunächst auch numerisch gar nicht möglich ist248, da zur Phyle Σεβαστή zwei zweifellos
„nichtaugusteische“ Chiliastyen, die der Λαράνδηοι und-]μηοι249, gehören und somit insgesamt
8 χιλιαστείς 6 möglichen Tausendschaften gegenüberstehen. Die Lösung dieser Schwierigkeit
könnte darin bestehen, daß man später zwei „augusteische“ Chiliastyen in Λαράνδηοι und-]μηοι
umbenannt hat. Bedenkt man die mit dem Beginn der Herrschaft des ersten Prinzeps einsetzende,
zweifellos auch mit einem starken Bevölkerungszuwachs verbundene Entwicklung der Stadt250,
so nimmt die Einrichtung einer neuen Phyle gerade in dieser Zeit nicht weiter Wunder; ihre Be-
nennung nach Augustus und ihrer Chiliastyen nach seiner Gens, Drusus und Tiberius sowie nach
den göttlichen Ahnen der julischen Familie ist im Rahmen der „weltweiten“ Ehrungen für den
Retter aus jahrzehntelanger Unsicherheit und Bürgerkriegsnot zu sehen251 und entsprang sowohl
der Opportunität als auch einem Gefühl ehrlicher Dankbarkeit gegenüber dem Herrscher, unter
dessen Schutz das „goldene Zeitalter“ wiederzukehren schien. Erst unter Hadrian252 hat man dann
wieder eine Phyle eingerichtet und nach dem Kaiser benannt und ein letztes Mal unter Antoninus
Pius, dem die Phyle Άντωνεινιανή zuzuweisen ist253; von beiden Phylen ist bisher nur jeweils eine
Chiliastys bekannt geworden, die der Φιλορώμαιοι bzw. Παιανιεϊς254.
Aufschlußreich für die Bevölkerungszahl von Ephesos ist, daß die Stadt bis zur Einrichtung
der Phyle Σεβαστή, also von der Mitte des 4. Jh.s v. Chr.255 bis in augusteische Zeit, 30 Tausend-
schaften, unter Augustus 36, in hadrianischer Zeit 42 und auf dem Höhepunkt ihrer Blüte in der
Zeit des Antoninus Pius 48 Tausendschaften freier Bürger gezählt hat, was für antike Begriffe,
wenn man den entsprechenden Familienanhang jedes Bürgers hinzuzählt und ferner noch Sklaven
und in Ephesos weilende Nichtbürger in Rechnung stellt, schon eine gewaltige Großstadt bedeutet.
246 Vgl. wiederum RE X 2 Sp. 1596 (Αφροδίσιος bzw. Άγχισαϊος im älteren kyprischen Kalender).
247 Vgl. Tacitus, ann. III 61 und S. 71.
248 Ausgangsvoraussetzung aller diesbezüglichen und der folgenden Überlegungen ist, daß die Höchst-
und zugleich Normzahl der Chiliastyen pro Phyle sechs betrug (bisher durch die Phylen Έφεσεϊς und Καρηναΐοι
'gesichert) und daß die älteren Phylen in augusteischer Zeit bereits alle „voll“ waren, d. h. daß jede Phyle auch
tatsächlich 6 Chiliastyen hatte.
249 Vgl. IBM III Nr. 578 und 590.
250 Vgl. S. 75.
251 Es ist hier weder möglich noch notwendig, die zahlreichen Ehrungen, die Augustus vor allem in der
griechischen Welt in überschwenglicher Form zuteil geworden sind, auch nur annähernd vorzuführen. Neben
Denkmälern, die ihn in ihren Inschriften preisen, nach ihm benannten Ären, Monatsnamen zu seiner und seines
Hauses höherer Ehre (für Asien vgl. Anm. 244) haben bekanntlich auch Dichter wie Vergil und Horaz, ersterer
mit seiner Aeneis und letzterer in einzelnen Oden, diesem offenbar allgemeinen Gefühl der Dankbarkeit Ausdruck
verliehen bzw. sich in den Dienst der Verherrlichung des Augustus gestellt.
252 Ob die Phyle Άδριανή vor oder nach der Verleihung der 2. Kaiserneokorie eingerichtet worden ist,
läßt sich nicht sagen; im ersten Fall war es eine Maßnahme des Opportunismus, im zweiten eine Geste des
Dankes; zu Kaiser Hadrian und Ephesos vgl. Knibbe, ÖJh 50, 1972—75, Sp. 76ff.
253 Dies ergibt sich aus der Inschrift Forschungen II Nr. 50 (d).
254 Vgl. Δελτίον 7, 1921—1922, S. 113 = SEG IV 535, vgl. auch Keil, FiE IV/3, S. 284.
255 Vgl. g ιθ7 und ο})θη Anm. 248.
gens lulia, wofür parallele Monatsnamen zur Verfügung stehen246. Die (vielleicht etwas später
eingerichtete) Chiliastys Τιβεριεϊς bezieht sich offenbar auf (Kaiser) Tiberius, der, zwar schon in
Νερωνιεϊς geehrt, bekanntlich als Tiberius Caesar Augustus zur Herrschaft gelangt ist; vielleicht
hoffte man so auf eine günstigere Ausgangsposition für die Erlangung einer Kaiserneokorie, um
die sich die Ephesier im Jahre 26 im Verein mit anderen asiatischen Städten vor Kaiser Tiberius
beworben haben247. Leider läßt sich die Phylenzugehörigkeit der Chiliastys Τιβεριεϊς nicht be-
stimmen; wir werden sie, ebenso wie die klaudische Chiliastys Κλαυδιεϊς, die zur Phyle der Καρη-
ναϊοι gehört, unter der Annahme, daß ebenso wie bei dieser ein älterer Chiliastyenname umbe-
nannt wurde, gleichfalls einer älteren Phyle (Τήιοι, Εύώνυμοι, Βεμβιναϊοι) zuweisen248. Was die
,,augusteischen“ Chiliastyen betrifft, so würde man erwarten, daß diese allesamt der Phyle Σεβαστή
angehören, was jedoch mit Ausnahme der Chiliastyen Νερωνιεϊς und Δρουσιεϊς nicht gesichert
und zunächst auch numerisch gar nicht möglich ist248, da zur Phyle Σεβαστή zwei zweifellos
„nichtaugusteische“ Chiliastyen, die der Λαράνδηοι und-]μηοι249, gehören und somit insgesamt
8 χιλιαστείς 6 möglichen Tausendschaften gegenüberstehen. Die Lösung dieser Schwierigkeit
könnte darin bestehen, daß man später zwei „augusteische“ Chiliastyen in Λαράνδηοι und-]μηοι
umbenannt hat. Bedenkt man die mit dem Beginn der Herrschaft des ersten Prinzeps einsetzende,
zweifellos auch mit einem starken Bevölkerungszuwachs verbundene Entwicklung der Stadt250,
so nimmt die Einrichtung einer neuen Phyle gerade in dieser Zeit nicht weiter Wunder; ihre Be-
nennung nach Augustus und ihrer Chiliastyen nach seiner Gens, Drusus und Tiberius sowie nach
den göttlichen Ahnen der julischen Familie ist im Rahmen der „weltweiten“ Ehrungen für den
Retter aus jahrzehntelanger Unsicherheit und Bürgerkriegsnot zu sehen251 und entsprang sowohl
der Opportunität als auch einem Gefühl ehrlicher Dankbarkeit gegenüber dem Herrscher, unter
dessen Schutz das „goldene Zeitalter“ wiederzukehren schien. Erst unter Hadrian252 hat man dann
wieder eine Phyle eingerichtet und nach dem Kaiser benannt und ein letztes Mal unter Antoninus
Pius, dem die Phyle Άντωνεινιανή zuzuweisen ist253; von beiden Phylen ist bisher nur jeweils eine
Chiliastys bekannt geworden, die der Φιλορώμαιοι bzw. Παιανιεϊς254.
Aufschlußreich für die Bevölkerungszahl von Ephesos ist, daß die Stadt bis zur Einrichtung
der Phyle Σεβαστή, also von der Mitte des 4. Jh.s v. Chr.255 bis in augusteische Zeit, 30 Tausend-
schaften, unter Augustus 36, in hadrianischer Zeit 42 und auf dem Höhepunkt ihrer Blüte in der
Zeit des Antoninus Pius 48 Tausendschaften freier Bürger gezählt hat, was für antike Begriffe,
wenn man den entsprechenden Familienanhang jedes Bürgers hinzuzählt und ferner noch Sklaven
und in Ephesos weilende Nichtbürger in Rechnung stellt, schon eine gewaltige Großstadt bedeutet.
246 Vgl. wiederum RE X 2 Sp. 1596 (Αφροδίσιος bzw. Άγχισαϊος im älteren kyprischen Kalender).
247 Vgl. Tacitus, ann. III 61 und S. 71.
248 Ausgangsvoraussetzung aller diesbezüglichen und der folgenden Überlegungen ist, daß die Höchst-
und zugleich Normzahl der Chiliastyen pro Phyle sechs betrug (bisher durch die Phylen Έφεσεϊς und Καρηναΐοι
'gesichert) und daß die älteren Phylen in augusteischer Zeit bereits alle „voll“ waren, d. h. daß jede Phyle auch
tatsächlich 6 Chiliastyen hatte.
249 Vgl. IBM III Nr. 578 und 590.
250 Vgl. S. 75.
251 Es ist hier weder möglich noch notwendig, die zahlreichen Ehrungen, die Augustus vor allem in der
griechischen Welt in überschwenglicher Form zuteil geworden sind, auch nur annähernd vorzuführen. Neben
Denkmälern, die ihn in ihren Inschriften preisen, nach ihm benannten Ären, Monatsnamen zu seiner und seines
Hauses höherer Ehre (für Asien vgl. Anm. 244) haben bekanntlich auch Dichter wie Vergil und Horaz, ersterer
mit seiner Aeneis und letzterer in einzelnen Oden, diesem offenbar allgemeinen Gefühl der Dankbarkeit Ausdruck
verliehen bzw. sich in den Dienst der Verherrlichung des Augustus gestellt.
252 Ob die Phyle Άδριανή vor oder nach der Verleihung der 2. Kaiserneokorie eingerichtet worden ist,
läßt sich nicht sagen; im ersten Fall war es eine Maßnahme des Opportunismus, im zweiten eine Geste des
Dankes; zu Kaiser Hadrian und Ephesos vgl. Knibbe, ÖJh 50, 1972—75, Sp. 76ff.
253 Dies ergibt sich aus der Inschrift Forschungen II Nr. 50 (d).
254 Vgl. Δελτίον 7, 1921—1922, S. 113 = SEG IV 535, vgl. auch Keil, FiE IV/3, S. 284.
255 Vgl. g ιθ7 und ο})θη Anm. 248.