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XII. DER BEITRAG DER KURETENINSCHRIFTEN ZUR BAUGESCHICHTE DES
PRYTANEIONS

Wie sich aus der Inschrift B 24 ergibt365, war das (in augusteischer Zeit366 als Neubau er-
richtete) Prytaneion rund hundert Jahre später ,,έξ είκανών άμεληθ-έν χρόνων“, also offenbar sehr
vernachlässigt und reparaturbedürftig. Jedenfalls nach 104367 hat der Prytane Διονυσόδωρος
Διονυσίου den Bau aus eigenen Mitteln restauriert368 und darüber hinaus die baulichen Voraus-
setzungen zur Aufnahme des in seinem Amtsjahr installierten μαντείας τής πόλεως Απόλλων ge-
schaffen, die in der Errichtung einer -9-αλαμίς, was immer man darunter zu verstehen hat, be-
standen369. Die bauliche Betreuung des Prytaneions lag in den Händen eines άρχιτέκτων τής
θ-εοΰ έν τω πρυτανείω370, sie war also Sache des für die bauliche Instandhaltung des Artemisions
verantwortlichen Architekten; dies überrascht nicht, wenn man bedenkt, wie stark Artemis
neben Hestia auch im Prytaneion präsent war371. Nicht einfach zu beantworten ist die Frage,
woher die Mittel für die notwendigen Instandsetzungen bzw. für die Instandhaltung kamen.
Wie B 24 zeigt, hat man fallweise offenbar wohlhabende Prytanen zur Kasse gebeten, die willens
und imstande waren, die sicherlich nicht geringen Summen aufzubringen. Darüberhinaus scheint
die in der Inschrift Dl372 mitgeteilte Bestimmung, daß die Prytanen für alle ,,Fehler“ bei der
Beobachtung und Durchführung der zahlreichen und komplizierten Opfervorschriften 10 στα-
τήρες Δαρεικοί373 zur Instandhaltung des Prytaneions und (des darin befindlichen) Demeterheilig-
tumes374 zu entrichten hatten, einen für die Zwecke der baulichen Erneuerung des Prytaneions
bestimmten Fonds gespeist zu haben, auf den man jederzeit zurückgreifen konnte.
Keinen Aufschluß über das Ende des Prytaneions als Bau liefert die Feststellung, daß man
bei einer späteren Reparatur der Rückwand der dorischen Vorhalle auf die Anordnung der hier
auf Orthostaten und Deckbindern verzeichnet gewesenen Kuretenlisten keine Rücksicht mehr
genommen hat375. Die endgültige Zerstörung als Heiligtum ist wohl erst das Werk von fanatischen

365 Vgl. Z. 5ff.
366 Vgl. S. 75.
367 Vgl. S. 93.
368 Vgl. B 24 Z. 6: τον όφειλόμενον άπέδωκε αΰτω κόσμον.
369 Vgl. S. 29; das Wort bezeichnet als Nebenform zu θάλαμος offenbar einen separierten Nebenraum
für eine Gottheit innerhalb eines größeren Heiligtumes. In Frage kommt einer der Nebenräume des Hestia-
saales (vgl. Alzinger, Augusteische Architektur I, S. 51 f., und II, Abb. 42), in denen auch die anderen im Laufe
der Zeit hinzugekommenen Prytaneiongottheiten (vgl. S. 102ff.), vor allem Δημήτηρ Καρποφόρος (vgl. D 1
Z. 28f.), ihre separierten Heiligtümer hatten.
370 Vgl. C 2 Z. 6f.; in D 5 Z. 6f. hieß derselbe Mann offenbar nur άρχιτέκτων της 9-εοΰ; ein άρχιτέκτων τής
θ-εοϋ auch Β 51 Ζ. 5; vielleicht war der άρχιτέκτων τής ·θ·εοϋ έν τω πρυτανείω nur der Beauftragte des Tempel-
architekten für das Prytaneion.
371 Vgl. S. 102.
372 Vgl. Z. 25ff.: εί δέ τι ένλιπές ύπό τοϋ πρυτανεύοντος των προειρημένων κα-9·’έν έκαστον γείνηται, όφείλειν
τον πρύτανιν εις προκόσμημα τής έν τφ πρυτανείφ έστώσης Δήμητρας Καρποφόρου, ής έστι ό νεώς, καί εις έπισκευήν
τοϋ πρυτανείου στατήρας Δαρικούς ι’ . . .
37 3 Die altertümliche Geldart weist auf ein hohes Alter der Vorschrift; 10 στατήρες Δαρικοί waren eine
beträchtliche Summe.
374 Vgl. S. 103.
375 Vgl. Beilage II, S. 189.
 
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