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Panos Valavanis

3. Panathenäische Preisamphoren aus Ephesos
3.1 Einleitung
Die hier vorgestellten Fragmente Panathenäischer Preisamphoren wurden mir von der ehemaligen Leiterin der
Zweigstelle des Österreichischen Archäologischen Instituts in Athen, Frau Veronika Mitsopoulos-Leon, zur
Publikation übertragen; ihr sind auch die im Katalog angeführten Hinweise auf die wenigen Grabungsbefunde
zu verdanken1. Die Fragmente stammen aus den Ausgrabungen des ÖAI in Ephesos, die in der Zeit von 1961
bis 1963 unter der Leitung von Wilhelm Alzinger im Bereich des Staatsmarktes durchgeführt wurden und an
denen auch Frau Mitsopoulos-Leon teilgenommen hat2. Leider hatte ich keine Möglichkeit, die Fragmente im
Original zu sehen. Deshalb beruhen ihre Beschreibung sowie die weiteren genannten Daten auf den Angaben
in den Grabungsberichten sowie auch auf den hier veröffentlichten Photographien.

3.2 Die Amphoren

KK 1 (Taf. 1)
InvNr. 9292, Ki 27/1970
FO: Sond. 2 /63 ff., -4,7 m unter OK
Kontext: hellenistisch - späthellenistische Schicht
Material: feiner, harter, gelbbräunlicher Ton3
Maße: max. erh. ca. 7,5 x 6,5 cm
Dat.: 380-370 v. Chr.
Es handelt sich um ein Fragment von der Rückseite einer Panathenäischen Preisamphore mit der Darstellung
einer Nike in nahezu Dreiviertelansicht nach rechts; erhalten ist der Körper von der rechten Schulter und dem
Arm bis zu den Oberschenkeln sowie ein Teil der Flügel. Mit einer starken Drehung ihres Oberkörpers und mit
ihrer ausgestreckten rechten Hand bindet sie wahrscheinlich eine Tänie oder bekränzt einen Sieger, von dem
ein ganz kleiner Teil des Körpers am rechten Rand des Fragments erhalten ist. Den Palmzweig, dessen oberer
Teil vor dem Körper der Nike schräg abgebildet ist, wird wohl der Sieger gehalten haben. Hier ist somit eine
Szene dargestellt, bei der ein Sieger bekränzt wird4. Aufgesetzte weiße Farbe befindet sich auf dem rechten
Arm der Nike und auf Blüten oder Früchten der Palmblätter.
Die Tatsache, daß eben diese Nikegestalt wiedergegeben ist, führt zusammen mit der außergewöhnlichen
Wiedergabe ihres Körpers (Drehung, Volumen der Gewänder mit vielfältigen eingeritzten Falten, usw.) zu
einer Datierung des Gefäßes sehr wahrscheinlich in das 4. Jh. v. Chr., in dem die Darstellung der Nike als
Kampfrichterin relativ weit verbreitet ist5.
1 Ich bedanke mich bei Frau V. Mitsopoulos-Leon für die Überlassung des Materials und ihre freundliche Hilfe aufrichtig. Die
Untersuchung verdankt viel den Diskussionen, die ich zu dem Thema mit D. Tsouklidou sowie mit E. Trinkl führte, die die Pu-
blikation anderer Fragmente Panathenäischer Amphoren aus Ephesos übernommen hat, s. Kap. 4 in diesem Band. Schließlich las
M. Tiverios die erste Fassung des Manuskripts; ihm verdanke ich viele wesentliche Bemerkungen. Die Übersetzung übernahm
freundlicherweise D. Breitfeld-von Eickstedt.
2 Zu den Grabungsbefunden und die übrige Keramik aus denselben Schichten s. Mitsopoulos-Leon, Basilika, 14-15.
3 Das Fragment wird im Grabungsbericht zusammen mit den Fragmenten KK 5 (s. hier unten) erwähnt.
4 Über Preisverleihungsszenen auf Panathenäischen Preisamphoren des 4. Jhs. v. Chr. s. P. Valavanis, La proclamation des vain-
queurs aux Panathenees. Apropos d’amphores panathenaiques de Praisos, BCH 114, 1990, 325-359; Kephalidou, Sieger, 52-68.
5 Zu diesem Thema s. P. Valavanis, navaOqvai’Koi ap^opEic; emo rqv Eperpta. EvpßoXri orrjv czttiki) OYYSioypa(|)ia tov 4ov at 7T. X.
(AOqva 1991) 146-152 und allgemein zum Vorkommen der Nikegestalt in Bildern mit sportlichen Szenen s. Kephalidou, Sieger,
 
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