Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Martina Schätzschock

11. Glas

11.1 Einleitung
Im Zuge der Grabungen im Bereich der Basilika und des Prytaneions1 auf dem römischen Staatsmarkt in den
Jahren 1960-1971 konnten u. a. auch zahlreiche Glasfunde geborgen werden, deren Datierung eine Zeitspanne
vom 1. Jh. v. bis zum ausgehenden 6. Jh. n. Chr. umfaßt. Einen erheblichen Anteil bilden die für den späten
Hellenismus und die frühe Kaiserzeit charakteristischen Schliffrillen- und Rippenschalen, teilweise aus kräftig
gefärbtem Glas; weiters fanden sich zahlreiche Fragmente von Schalen, Bechern und Flaschen, darunter ein
komplett erhaltenes Baisamarium der Form Isings 82b2, Zeugnisse römischer Alltagskultur vom 1. bis zum 3.
nachchristlichen Jahrhundert.
Aus spätantiker Zeit stammen zahlreiche Fragmente von Eampen sowie gestielten Kelchgläsern der Form
Isings 111, die ab dem 4. Jh. n. Chr. beliebt wurden und - gemeinsam mit den erhaltenen Lampen und Münzen2
- die Nutzung des Areals bis in das ausgehende 6. beziehungsweise beginnende 7. Jh. n. Chr. belegen.
Aufgrund der Tatsache, daß nahezu alle Aufzeichnungen zu Bergung und Fundortangaben der erhaltenen
Glasobjekte verloren gegangen sind3, erwies sich die Rekonstruktion der Fundumstände als einigermaßen
schwierig. Da die Inventarnummem auf den Glasfragmenten nach mehr als vier Jahrzehnten Depotlagerung
teilweise unleserlich geworden, teilweise so gut wie nicht mehr vorhanden waren, konnten von insgesamt über
300 erhaltenen Fragmenten lediglich knapp 70 Objekte - somit nicht einmal ein Viertel - sicher zugeordnet
werden. In der vorliegenden Arbeit wurden daher (im Unterschied zur Keramik-Publikation4) auf Wunsch
der Herausgeberinnen nicht nur die Gläser aus den Kontexten zu Vorgängerbauten, Bauzeit und Laufzeit der
Basilika berücksichtigt, sondern - im Hinblick auf die Vielfalt des Formenspektrums - sämtliche zuordenbare
Funde aus den Staatsmarkt-Grabungen im Bereich der Basilika und des Prytaneions.
Die Auswertung und Besprechung der Objekte erfolgt - sofern vorhanden - im jeweiligen kontextuellen
Zusammenhang; wo dieser nicht (mehr) gegeben ist, in chronologischer bzw. typologischer Abfolge5.
11.2 Hellenistische Zeit
Das einzige Glasobjekt, das mit Sicherheit aus hellenistischem Kontext stammt, ist der Miniaturkrug G 1. Er
kam im Bereich der hellenistischen Stoa, des Vorgängerbaues der Basilika, zutage und kann in einen Zeitraum
vom 3. bis zum beginnenden 1. Jh. v. Chr. datiert werden6. Der kleine Krug von knapp 1,9 cm Höhe besteht
aus dunkelblauem Glas und weist eine Verzierung aus gelben, grünen und hellblauen Glaskömchen auf. Seine
Herstellung erfolgte in sog. ,Stabkemtechnik‘, einer auch in der Perlenmanufaktur angewandten Technik: Ein

1 s. Lang-Auinger, Kap. 2.
2 s. Mitsopoulos-Leon, Kap. 8; Karwiese, Kap. 12; vgl. auch St. Karwiese, Die Münzfunde aus dem sog. Sockelbau der Basilica
von Ephesos, in: H. Emmerig (Hg.), Vindobona docet. 40 Jahre Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien
1965-2005 = NumZ 113-114 (Wien 2005) 181-202.
3 Laut Aussage der ehemaligen Bearbeiterin, E. Specht, sind sämtliche Karteikarten im Zuge einer Übersiedlung erst kürzlich in
Verlust geraten.
4 s. Mitsopoulos-Leon, Basilika, passim, und Mitsopoulos-Leon, Kap. 8.
5 Die Farbbestimmungen im Katalogteil beziehen sich auf H. Küppers, DuMont’s Farbenatlas 7(Köln 1995) = Farbtabelle; häufig
verwendete Formen im Text- und Katalogteil werden wie folgt abgekürzt: AR = Form nach Rütti, Augst; I = Form nach Isings,
Glass; T = Form nach Goethert-Polaschek, Trier; Bonn = Form nach Follmann-Schulz, Bonn.
6 s. Karwiese, Kap. 12.
 
Annotationen