5 Das Lösen komplexer Probleme: Paradigmen und Befunde
auf lineare Strukturgleichungen bedeutet Identifikation des Systems: Finde heraus,
wie die exogenen Variablen auf die endogenen wirken und wie die endogenen
Variablen sich untereinander beeinflussen. Hierfür ist eine entsprechende Identifika-
tionsstrategie zu entwerfen, da bei komplexeren Systemen eine einzelne Intervention
und das Muster der daraus resultierenden Änderungen nicht aussagekräftig sind.
Erst aufeinander abgestimmte Muster von Eingriffen (z. B. Strategie der isolierenden
Bedingungsvariation) erlauben kausale Interpretationen der Datenvektoren.
Bei linearen Strukturgleichungssystemen kann das Identifikationsproblem in
mehrere Teilziele zerlegt werden: Festzustellen sind a) die Existenz einer Relation
zwischen zwei Variablen, b) deren Richtung (positives oder negatives Vorzeichen),
sowie c) deren genaue Spezifikation in Form des Gewichtungsfaktors, mit dem die
erste Variable auf die zweite oder auch auf weitere Variablen einwirkt. Mit diesen
Annahmen verbunden sind Vorstellungen darüber, wie die genannten Merkmale
repräsentiert sein könnten (vgl. Funke, 1992, Kap. 3) und wie entsprechend diesen
Repräsentationsannahmen eine theoriegeleitete Wissensdiagnostik aussehen
könnte (z. B. nach Funke, 1985, als Kausaldiagramm-Diagnostik zur Erfassung
expliziten Systemwissens). Die formulierten Repräsentationsannahmen sehen qua-
litativ verschiedene Stufen des erworbenen Wissens vor, zu denen Relations-, Vor-
zeichen- und Wirkstärken-Wissen gehören. Diese Wissensarten beziehen sich auf
verschiedene Differenzierungsgrade des erworbenen Systemwissens, die im Rah-
men der Wissensdiagnostik unterschieden werden können. Hinsichtlich der dafür
verwendeten Kausaldiagramm-Diagnostik, die von Kluwe (1988, S. 371) wegen
ihres hohen Aufforderungsgehalts kritisiert wurde, liegen inzwischen sowohl über-
zeugende Reliabilitätsstudien vor (Müller, 1993) als auch Studien, in denen dieser
Wissenserwerb erfolgreich multinomial modelliert wurde (Beckmann, 1994).
Kontrolle eines Systems (Wissensanwendung). Wissensanwendung stellt das
vorhandene bzw. erworbene Wissen in einen instrumenteilen Zusammenhang:
Das Wissen soll genutzt werden, um einen bestimmten Systemzustand zunächst
herzustellen und dann gegebenenfalls längerfristig aufrechtzuerhalten. Dieser zu-
letzt genannte Aspekt spielt vor allem bei solchen Systemen eine wichtige Rolle, bei
denen durch die Eigendynamik des Systems ein stabiler Zustand nur durch stän-
diges Eingreifen sichergestellt werden kann.
Bezogen auf lineare Strukturgleichungssysteme bedeutet Kontrolle des Systems,
den oder die Eingriffsvektoren zu spezifizieren, die einen gegebenen Ausgangszu-
stand in den gewünschten Zielzustand überführen, und sodann den oder die Ein-
griffsvektoren zu bestimmen, die den Zielzustand aufrechterhalten. Die Messung
der Steuerungsqualität erfolgt hier durch die Bestimmung des Abstands zwischen
dem gewünschten und dem erreichten Zustand.
Zum Verhältnis von Wissenserwerb und Wissensanwendung. Natürlich stellt
sich rasch die Frage, in welchem Verhältnis Wissenserwerb und Wissensanwendung
stehen. Die naive Annahme, vorangehender Wissenserwerb sei notwendige und
hinreichende Bedingung für erfolgreiche Wissensanwendung, ist zumindest durch
einige Studien in Frage gestellt worden. Wie bereits weiter oben dargestellt, fanden
etwa Berry und Broadbent (1984, 1987b, 1988) wiederholt Dissoziationen zwi-
schen der durch Steuerungsleistungen manifestierten Wissensanwendung und dem
durch die Versuchspersonen verbalisierbaren Wissen. Diese Befunde werden zwi-
schenzeitlich jedoch anders interpretiert (vgl. Buchner, Funke & Berry, 1995;
Haider, 1992, 1993), nämlich als Effekte unterschiedlich tiefer System-
explorationen. Weiterhin machen eine Reihe neuerer Arbeiten (Beckmann, 1994;
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auf lineare Strukturgleichungen bedeutet Identifikation des Systems: Finde heraus,
wie die exogenen Variablen auf die endogenen wirken und wie die endogenen
Variablen sich untereinander beeinflussen. Hierfür ist eine entsprechende Identifika-
tionsstrategie zu entwerfen, da bei komplexeren Systemen eine einzelne Intervention
und das Muster der daraus resultierenden Änderungen nicht aussagekräftig sind.
Erst aufeinander abgestimmte Muster von Eingriffen (z. B. Strategie der isolierenden
Bedingungsvariation) erlauben kausale Interpretationen der Datenvektoren.
Bei linearen Strukturgleichungssystemen kann das Identifikationsproblem in
mehrere Teilziele zerlegt werden: Festzustellen sind a) die Existenz einer Relation
zwischen zwei Variablen, b) deren Richtung (positives oder negatives Vorzeichen),
sowie c) deren genaue Spezifikation in Form des Gewichtungsfaktors, mit dem die
erste Variable auf die zweite oder auch auf weitere Variablen einwirkt. Mit diesen
Annahmen verbunden sind Vorstellungen darüber, wie die genannten Merkmale
repräsentiert sein könnten (vgl. Funke, 1992, Kap. 3) und wie entsprechend diesen
Repräsentationsannahmen eine theoriegeleitete Wissensdiagnostik aussehen
könnte (z. B. nach Funke, 1985, als Kausaldiagramm-Diagnostik zur Erfassung
expliziten Systemwissens). Die formulierten Repräsentationsannahmen sehen qua-
litativ verschiedene Stufen des erworbenen Wissens vor, zu denen Relations-, Vor-
zeichen- und Wirkstärken-Wissen gehören. Diese Wissensarten beziehen sich auf
verschiedene Differenzierungsgrade des erworbenen Systemwissens, die im Rah-
men der Wissensdiagnostik unterschieden werden können. Hinsichtlich der dafür
verwendeten Kausaldiagramm-Diagnostik, die von Kluwe (1988, S. 371) wegen
ihres hohen Aufforderungsgehalts kritisiert wurde, liegen inzwischen sowohl über-
zeugende Reliabilitätsstudien vor (Müller, 1993) als auch Studien, in denen dieser
Wissenserwerb erfolgreich multinomial modelliert wurde (Beckmann, 1994).
Kontrolle eines Systems (Wissensanwendung). Wissensanwendung stellt das
vorhandene bzw. erworbene Wissen in einen instrumenteilen Zusammenhang:
Das Wissen soll genutzt werden, um einen bestimmten Systemzustand zunächst
herzustellen und dann gegebenenfalls längerfristig aufrechtzuerhalten. Dieser zu-
letzt genannte Aspekt spielt vor allem bei solchen Systemen eine wichtige Rolle, bei
denen durch die Eigendynamik des Systems ein stabiler Zustand nur durch stän-
diges Eingreifen sichergestellt werden kann.
Bezogen auf lineare Strukturgleichungssysteme bedeutet Kontrolle des Systems,
den oder die Eingriffsvektoren zu spezifizieren, die einen gegebenen Ausgangszu-
stand in den gewünschten Zielzustand überführen, und sodann den oder die Ein-
griffsvektoren zu bestimmen, die den Zielzustand aufrechterhalten. Die Messung
der Steuerungsqualität erfolgt hier durch die Bestimmung des Abstands zwischen
dem gewünschten und dem erreichten Zustand.
Zum Verhältnis von Wissenserwerb und Wissensanwendung. Natürlich stellt
sich rasch die Frage, in welchem Verhältnis Wissenserwerb und Wissensanwendung
stehen. Die naive Annahme, vorangehender Wissenserwerb sei notwendige und
hinreichende Bedingung für erfolgreiche Wissensanwendung, ist zumindest durch
einige Studien in Frage gestellt worden. Wie bereits weiter oben dargestellt, fanden
etwa Berry und Broadbent (1984, 1987b, 1988) wiederholt Dissoziationen zwi-
schen der durch Steuerungsleistungen manifestierten Wissensanwendung und dem
durch die Versuchspersonen verbalisierbaren Wissen. Diese Befunde werden zwi-
schenzeitlich jedoch anders interpretiert (vgl. Buchner, Funke & Berry, 1995;
Haider, 1992, 1993), nämlich als Effekte unterschiedlich tiefer System-
explorationen. Weiterhin machen eine Reihe neuerer Arbeiten (Beckmann, 1994;
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