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Marées-Gesellschaft [Hrsg.]
Ganymed: Blätter der Marées-Gesellschaft — 2.1920

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Gesammelte Worte über grosse Meister
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Dehmel, Richard: Rembrandt
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https://doi.org/10.11588/diglit.44996#0025
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REMBRANDT

Diese Entrückung ins Licht der Innenwelt ist nun das Ziel
aller Maler geworden, die in die Zukunft leuchten wollen: Ma-
rees, Munch, van Gogh, auch der späte Cezanne, haben den
Schacht wieder aufgedeckt, der zwei Jahrhunderte verschüttet
war, und heute ringt eine ganze Schar auf den geisterhaft flim-
mernden Stufen ihrer Himmels- und Höllenleiter. Wohin sie
steigen oder versinken werden, ist ihnen zum Glück wohl selbst
noch verborgen; grade die klarsten Hellseher finden am besten
und liebsten im Dunkeln den Weg. Über ihnen allen aber
schwebt Rembrandts Gebet:
Seele des Lebens,
Licht hüllt dich ein.
Kommt, Schatten, helft! Schlagt drein! schlagt drein!
reißt mir aus Schein und Widerschein
das Geheimnis!
Was starrst du stahlblank,
männlicher Panzerhut,
Augäpfel an
voll weiblicher Dämmerglut?
Was späht im Blitzstrahl hinter der Wolkenwand
über dem Volksaufstand
jenes Geisterantlitz?
Schrei nicht nach Klarheit, Mensch:
Verklärung soll sein!
Komm, Lichtschein, hilf! schlag in die Schatten drein!
Geheimnis, pack ich dich?
O heiliger Mummenschanz :
nicht hell, nicht dunkel; ganz
in Offenbarungsglanz
hüllst du auch mich,
Seele des Lebens.

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