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In INDIEN möchte man bei den aus Fellen gehauenen
ganz freiftehenden Heiligtümern, z. B. den Kylas zu Ellora,
glauben, da& zwei Gedanken vorgeherrlcht haben: der eine
hervorgerufen durch den Eindruck der fiegreich überwundenen
technilchen Schwierigkeiten, der andere durch die Annahme,
dalj die freiftehenden Heiligtümer wie natürliche Monolithe
wirken, folglich wie von der Schöpfung felbft gebrachte wohl-
gefällige Opfer erfcheinen können.
Bei den Grottentempeln Indiens, die im Innern des Ge-
birges ausgehauen find, dürften ähnliche Gedanken maßgebend
gewefen fein. Bei denen, die der Geftalf einer gewölbten Bafilika
ähneln, wie die Heiligtümer zu Karli, und des Wiswakarma zu
Ellora, rufen die ftrengen Formen der achteckigen Pfeiler und
der Gewölberippen einen ernlt feierlichen Eindruck hervor.
Im Gegenfafc zu den zum Himmel emporfchnellenden
Linien der gotifchen Kathedralen, weifen die indifchen Pagoden
oder Heiligtümer wie der Boro Budder auf Java und der
Kmer-Tempel von Cambodge möglich!! viele aufeinander
ruhende Stockwerke oder richtiger abgefiufte Zonen auf, jede
mit zahllofen Reliefs oder Figuren, zum Teil in Nifchen und
Tabernakeln untergebrachi. Nur nach der Architektur zu
urteilen, Tollte man glauben, man habe hiemit zeigen wollen,
wie viele Regionen die Menfchen von ihrer Gottheit trennen.
Es fcheint wie etwas furchtbar Bedrückendes auf der Seele
der Menfchen zu laften. Ich wage kaum von der religiöfen
Stimmung zu reden, die durch die Einzelformen hervorgerufen
werden kann. Bei den aus Pfeilern herauswachfenden Säulen
mit kandelaberartigen Schäften und Riefenpilzen gleichenden
Kapitellen in den Grotten zu Ellora mag man vielleicht an
die Urkraft der die Natur beherrfchenden Gottheit denken.

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